welche ein Monument -- in dem Herzen jedes Menschenfreundes -- verdienen.
Der gegenwärtige Aufseher dieser ganzen An- stalt ist der Hauptmann von Dören, ein Mann, dem seine Redlichkeit, Menschenliebe und weise Verwaltung seines Amtes allgemeine Liebe und Hochachtung erworben haben. Er be- handelt die seiner Aufsicht übergebnen Gefangnen und Verrückten, wie ein Vater, und sorgt für Disciplin, und, so viel es möglich ist, für die moralische Verbesserung derselben, wie ein weiser Erzieher. Er geht täglich in die Zimmer, und unterhält sich mit den Bewohnern derselben über ihren Zustand, ihr Befinden, ihre Denkungsart u. s. w. und erwirbt sich durch diese Aufmerksam- keit auf die Angelegenheiten eines jeden, aller Zu- trauen, Liebe und Ehrfurcht. Er bemüht sich sehr, seine Untergebnen zu beschäftigen; aber läßt sie nicht durch den Stock und andre thierische Zwangsmittel dazu treiben; sondern wählt wirk- samere und menschliche Mittel. Nur ein Bey- spiel statt vieler:
Unter den Verrückten befindet sich auch ein Fräulein ***. Diese wollte durchaus nicht ar- beiten, theils weil sie es nicht verstand, theils weil sie das Vorurtheil hatte, es schicke sich für sie nicht. Herr von Dören versuchte allerley Mittel, um sie dazu zu bewegen, aber vergebens.
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welche ein Monument — in dem Herzen jedes Menſchenfreundes — verdienen.
Der gegenwaͤrtige Aufſeher dieſer ganzen An- ſtalt iſt der Hauptmann von Doͤren, ein Mann, dem ſeine Redlichkeit, Menſchenliebe und weiſe Verwaltung ſeines Amtes allgemeine Liebe und Hochachtung erworben haben. Er be- handelt die ſeiner Aufſicht uͤbergebnen Gefangnen und Verruͤckten, wie ein Vater, und ſorgt fuͤr Diſciplin, und, ſo viel es moͤglich iſt, fuͤr die moraliſche Verbeſſerung derſelben, wie ein weiſer Erzieher. Er geht taͤglich in die Zimmer, und unterhaͤlt ſich mit den Bewohnern derſelben uͤber ihren Zuſtand, ihr Befinden, ihre Denkungsart u. ſ. w. und erwirbt ſich durch dieſe Aufmerkſam- keit auf die Angelegenheiten eines jeden, aller Zu- trauen, Liebe und Ehrfurcht. Er bemuͤht ſich ſehr, ſeine Untergebnen zu beſchaͤftigen; aber laͤßt ſie nicht durch den Stock und andre thieriſche Zwangsmittel dazu treiben; ſondern waͤhlt wirk- ſamere und menſchliche Mittel. Nur ein Bey- ſpiel ſtatt vieler:
Unter den Verruͤckten befindet ſich auch ein Fraͤulein ***. Dieſe wollte durchaus nicht ar- beiten, theils weil ſie es nicht verſtand, theils weil ſie das Vorurtheil hatte, es ſchicke ſich fuͤr ſie nicht. Herr von Doͤren verſuchte allerley Mittel, um ſie dazu zu bewegen, aber vergebens.
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welche ein Monument — in dem Herzen jedes
Menſchenfreundes — verdienen.
Der gegenwaͤrtige Aufſeher dieſer ganzen An-
ſtalt iſt der Hauptmann von Doͤren, ein
Mann, dem ſeine Redlichkeit, Menſchenliebe
und weiſe Verwaltung ſeines Amtes allgemeine
Liebe und Hochachtung erworben haben. Er be-
handelt die ſeiner Aufſicht uͤbergebnen Gefangnen
und Verruͤckten, wie ein Vater, und ſorgt fuͤr
Diſciplin, und, ſo viel es moͤglich iſt, fuͤr die
moraliſche Verbeſſerung derſelben, wie ein weiſer
Erzieher. Er geht taͤglich in die Zimmer, und
unterhaͤlt ſich mit den Bewohnern derſelben uͤber
ihren Zuſtand, ihr Befinden, ihre Denkungsart
u. ſ. w. und erwirbt ſich durch dieſe Aufmerkſam-
keit auf die Angelegenheiten eines jeden, aller Zu-
trauen, Liebe und Ehrfurcht. Er bemuͤht ſich
ſehr, ſeine Untergebnen zu beſchaͤftigen; aber laͤßt
ſie nicht durch den Stock und andre thieriſche
Zwangsmittel dazu treiben; ſondern waͤhlt wirk-
ſamere und menſchliche Mittel. Nur ein Bey-
ſpiel ſtatt vieler:
Unter den Verruͤckten befindet ſich auch ein
Fraͤulein ***. Dieſe wollte durchaus nicht ar-
beiten, theils weil ſie es nicht verſtand, theils
weil ſie das Vorurtheil hatte, es ſchicke ſich fuͤr
ſie nicht. Herr von Doͤren verſuchte allerley
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/253>, abgerufen am 16.02.2025.
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