reich, ihn so rasend, wie das empörte Meer: laut singend, mit üppigem Taubenkropf, mit Schierling, Nesseln, wilden Blumen und allem dem Unkraut bekränzt, das in unsern Kornfeldern wächst."*) Mancherley läßt sein Unsinn ihn reden; am meisten von seinen Töchtern, die ihn verstießen -- und der Bosheit des Weiberge- schlechts überhaupt.
Die gütige Natur sendet ihm endlich in einem sehr langen und ruhigen Schlaf ein Heilungsmit- tel -- und die bekümmerte Tochter geht mit zärt- licher Sorgfalt der heilenden Natur zur Hand. Er ist im tiefsten Schlaf der Kleider seiner Rase- rey beraubt, und mit frischen Kleidern angethan worden, um ihm beym Erwachen wenigstens die- se anschauliche Erinnerung an sein Elend zu ent- ziehn. Er wird geweckt, Kordelia tritt zu ihm, "was macht mein königlicher Vater?" -- Noch kann er nicht ganz zu sich selbst kommen -- Be- wußtseyn und Verwirrung sind in seinen Reden unter einander gemischt. Dunkle Erinnerung an seinen vorigen Zustand -- halbe Erkennung seiner Kordelia -- Reue -- Beschämung -- Verwun- derung über die mit ihm vorgegangene Verände- rung fließen in seiner Seele durcheinander.
"Jhr handelt nicht recht an mir, spricht er beym Erwachen, daß ihr mich wieder aus dem
Grabe
*) 4. Aufz. 4. Auftr.
reich, ihn ſo raſend, wie das empoͤrte Meer: laut ſingend, mit uͤppigem Taubenkropf, mit Schierling, Neſſeln, wilden Blumen und allem dem Unkraut bekraͤnzt, das in unſern Kornfeldern waͤchſt.„*) Mancherley laͤßt ſein Unſinn ihn reden; am meiſten von ſeinen Toͤchtern, die ihn verſtießen — und der Bosheit des Weiberge- ſchlechts uͤberhaupt.
Die guͤtige Natur ſendet ihm endlich in einem ſehr langen und ruhigen Schlaf ein Heilungsmit- tel — und die bekuͤmmerte Tochter geht mit zaͤrt- licher Sorgfalt der heilenden Natur zur Hand. Er iſt im tiefſten Schlaf der Kleider ſeiner Raſe- rey beraubt, und mit friſchen Kleidern angethan worden, um ihm beym Erwachen wenigſtens die- ſe anſchauliche Erinnerung an ſein Elend zu ent- ziehn. Er wird geweckt, Kordelia tritt zu ihm, „was macht mein koͤniglicher Vater?„ — Noch kann er nicht ganz zu ſich ſelbſt kommen — Be- wußtſeyn und Verwirrung ſind in ſeinen Reden unter einander gemiſcht. Dunkle Erinnerung an ſeinen vorigen Zuſtand — halbe Erkennung ſeiner Kordelia — Reue — Beſchaͤmung — Verwun- derung uͤber die mit ihm vorgegangene Veraͤnde- rung fließen in ſeiner Seele durcheinander.
„Jhr handelt nicht recht an mir, ſpricht er beym Erwachen, daß ihr mich wieder aus dem
Grabe
*) 4. Aufz. 4. Auftr.
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reich, ihn ſo raſend, wie das empoͤrte Meer:
laut ſingend, mit uͤppigem Taubenkropf, mit
Schierling, Neſſeln, wilden Blumen und allem
dem Unkraut bekraͤnzt, das in unſern Kornfeldern
waͤchſt.„ *) Mancherley laͤßt ſein Unſinn ihn
reden; am meiſten von ſeinen Toͤchtern, die ihn
verſtießen — und der Bosheit des Weiberge-
ſchlechts uͤberhaupt.
Die guͤtige Natur ſendet ihm endlich in einem
ſehr langen und ruhigen Schlaf ein Heilungsmit-
tel — und die bekuͤmmerte Tochter geht mit zaͤrt-
licher Sorgfalt der heilenden Natur zur Hand.
Er iſt im tiefſten Schlaf der Kleider ſeiner Raſe-
rey beraubt, und mit friſchen Kleidern angethan
worden, um ihm beym Erwachen wenigſtens die-
ſe anſchauliche Erinnerung an ſein Elend zu ent-
ziehn. Er wird geweckt, Kordelia tritt zu ihm,
„was macht mein koͤniglicher Vater?„ — Noch
kann er nicht ganz zu ſich ſelbſt kommen — Be-
wußtſeyn und Verwirrung ſind in ſeinen Reden
unter einander gemiſcht. Dunkle Erinnerung an
ſeinen vorigen Zuſtand — halbe Erkennung ſeiner
Kordelia — Reue — Beſchaͤmung — Verwun-
derung uͤber die mit ihm vorgegangene Veraͤnde-
rung fließen in ſeiner Seele durcheinander.
„Jhr handelt nicht recht an mir, ſpricht er
beym Erwachen, daß ihr mich wieder aus dem
Grabe
*) 4. Aufz. 4. Auftr.
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/230>, abgerufen am 25.11.2024.
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