Selbsts und ihrer äußern Verhältnisse in gleichem Grade, in gleicher Allgemeinheit. Diejenigen, welchen es ganz fehlt, nenne ich unsinnig, die, welche es nur zum Theil entbehren, blödsinnig.
Auch die verschiedene Beschaffenheit der Em- pfindungen, welche die Wahnsinnigen zu haben wähnen, kann einen Eintheilungsgrund abgeben. Wenn diese Empfindungen meist angenehme oder gleichgültige sind, so können die, welche sich ein- bilden, sie zu haben, bequem mit dem Namen der Narren belegt werden: sind sie aber unangenehme, so können sie entweder melancholische oder scheue, wenn die Empfindungen zur Gattung der nieder- schlagenden oder schreckenden gehören; oder aber tolle genannt werden, wenn nemlich die un- angenehmen Empfindungen zu den aufbringen- den zu zählen sind.
Was den Wahnwitz betrift, so äußert sich derselbe entweder durchgängig und stark, oder nur zu Zeiten und schwach und mehr in der Stille. Die, bey welchen das erste sich findet, sind unklug, bey denen das zweyte der Fall ist, wirrig.
Zeigt sich der Wahnwitz vornemlich in einem stillen, für sich Reden (Patern), so heißen die Wahnwitzigen, irreredend; zeigt er sich in Hand- lungen, welche mit einer verdrehten Wirksamkeit des Denkvermögens unmittelbar zusammenhängen, unreimisch.
Um
Selbſts und ihrer aͤußern Verhaͤltniſſe in gleichem Grade, in gleicher Allgemeinheit. Diejenigen, welchen es ganz fehlt, nenne ich unſinnig, die, welche es nur zum Theil entbehren, bloͤdſinnig.
Auch die verſchiedene Beſchaffenheit der Em- pfindungen, welche die Wahnſinnigen zu haben waͤhnen, kann einen Eintheilungsgrund abgeben. Wenn dieſe Empfindungen meiſt angenehme oder gleichguͤltige ſind, ſo koͤnnen die, welche ſich ein- bilden, ſie zu haben, bequem mit dem Namen der Narren belegt werden: ſind ſie aber unangenehme, ſo koͤnnen ſie entweder melancholiſche oder ſcheue, wenn die Empfindungen zur Gattung der nieder- ſchlagenden oder ſchreckenden gehoͤren; oder aber tolle genannt werden, wenn nemlich die un- angenehmen Empfindungen zu den aufbringen- den zu zaͤhlen ſind.
Was den Wahnwitz betrift, ſo aͤußert ſich derſelbe entweder durchgaͤngig und ſtark, oder nur zu Zeiten und ſchwach und mehr in der Stille. Die, bey welchen das erſte ſich findet, ſind unklug, bey denen das zweyte der Fall iſt, wirrig.
Zeigt ſich der Wahnwitz vornemlich in einem ſtillen, fuͤr ſich Reden (Patern), ſo heißen die Wahnwitzigen, irreredend; zeigt er ſich in Hand- lungen, welche mit einer verdrehten Wirkſamkeit des Denkvermoͤgens unmittelbar zuſammenhaͤngen, unreimiſch.
Um
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Selbſts und ihrer aͤußern Verhaͤltniſſe in gleichem
Grade, in gleicher Allgemeinheit. Diejenigen,
welchen es ganz fehlt, nenne ich unſinnig, die,
welche es nur zum Theil entbehren, bloͤdſinnig.
Auch die verſchiedene Beſchaffenheit der Em-
pfindungen, welche die Wahnſinnigen zu haben
waͤhnen, kann einen Eintheilungsgrund abgeben.
Wenn dieſe Empfindungen meiſt angenehme oder
gleichguͤltige ſind, ſo koͤnnen die, welche ſich ein-
bilden, ſie zu haben, bequem mit dem Namen der
Narren belegt werden: ſind ſie aber unangenehme,
ſo koͤnnen ſie entweder melancholiſche oder ſcheue,
wenn die Empfindungen zur Gattung der nieder-
ſchlagenden oder ſchreckenden gehoͤren; oder
aber tolle genannt werden, wenn nemlich die un-
angenehmen Empfindungen zu den aufbringen-
den zu zaͤhlen ſind.
Was den Wahnwitz betrift, ſo aͤußert ſich
derſelbe entweder durchgaͤngig und ſtark, oder nur
zu Zeiten und ſchwach und mehr in der Stille. Die,
bey welchen das erſte ſich findet, ſind unklug,
bey denen das zweyte der Fall iſt, wirrig.
Zeigt ſich der Wahnwitz vornemlich in einem
ſtillen, fuͤr ſich Reden (Patern), ſo heißen die
Wahnwitzigen, irreredend; zeigt er ſich in Hand-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/188>, abgerufen am 16.02.2025.
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