Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.Unsre Sprache hat mehrere Wörter, durch Zuerst unterscheide ich diejenige Art der Ver- de *) Jch bitte indeß den kritischen Leser, diese Zusammen-
ordnung nicht als eine vollständige logische Division des Begriffs Verrücktheit anzusehn. Es soll weiter nichts seyn, als ein Versuch, diesen vom Sprachge- brauch verwirrt gebrauchten Wörtern die Bedeutung zu geben, welche nach der Etymologie oder Gewohn- heit die natürlichste zu seyn scheint. Unſre Sprache hat mehrere Woͤrter, durch Zuerſt unterſcheide ich diejenige Art der Ver- de *) Jch bitte indeß den kritiſchen Leſer, dieſe Zuſammen-
ordnung nicht als eine vollſtaͤndige logiſche Diviſion des Begriffs Verruͤcktheit anzuſehn. Es ſoll weiter nichts ſeyn, als ein Verſuch, dieſen vom Sprachge- brauch verwirrt gebrauchten Woͤrtern die Bedeutung zu geben, welche nach der Etymologie oder Gewohn- heit die natuͤrlichſte zu ſeyn ſcheint. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0186" n="162"/> <p>Unſre Sprache hat mehrere Woͤrter, durch<lb/> welche beſondere Arten dieſes Zuſtandes bezeichnet<lb/> werden ſollen. Man braucht ſie indeß faſt alle<lb/> ſynonym. Jch will, ehe ich zur beſondern<lb/> Beſchreibung der verſchiedenen Arten der Verruͤckt-<lb/> heit fortgehe, es zuerſt verſuchen, dieſe verſchie-<lb/> denen Woͤrter, als Bezeichnungen verſchiedner<lb/> Arten dieſes ungluͤcklichen Zuſtandes zuſammen zu<lb/> ordnen <note place="foot" n="*)">Jch bitte indeß den kritiſchen Leſer, dieſe Zuſammen-<lb/> ordnung nicht als eine vollſtaͤndige logiſche Diviſion<lb/> des Begriffs Verruͤcktheit anzuſehn. Es ſoll weiter<lb/> nichts ſeyn, als ein <hi rendition="#fr">Verſuch</hi>, dieſen vom Sprachge-<lb/> brauch verwirrt gebrauchten Woͤrtern die Bedeutung<lb/> zu geben, welche nach der Etymologie oder Gewohn-<lb/> heit die natuͤrlichſte zu ſeyn ſcheint.</note>.</p><lb/> <p>Zuerſt unterſcheide ich diejenige Art der Ver-<lb/> ruͤcktheit, welche ihren nachtheiligen Einfluß vor-<lb/> zuͤglich auf das <hi rendition="#b">Erkenntnißvermoͤgen</hi> aͤußert,<lb/> und ſich in falſchen Empfindungen, verwirrten<lb/> Urtheilen, ungereimten Meynungen u. ſ. w. zeigt,<lb/> von derjenigen, welche unordentliche Erſcheinun-<lb/> gen in dem <hi rendition="#b">Begehrungsvermoͤgen</hi> hervorbringt,<lb/> und aus unbaͤndigen Neigungen, brennenden Lei-<lb/> denſchaften, ausſchweifenden Handlungen erkannt<lb/> wird. Die erſte moͤchte ich die theoretiſche oder<lb/><hi rendition="#b">Verruͤcktheit im engern Sinne</hi>, die zweyte<lb/> die praktiſche oder <hi rendition="#b">Schwaͤrmerey</hi> nennen. Bey-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">de</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0186]
Unſre Sprache hat mehrere Woͤrter, durch
welche beſondere Arten dieſes Zuſtandes bezeichnet
werden ſollen. Man braucht ſie indeß faſt alle
ſynonym. Jch will, ehe ich zur beſondern
Beſchreibung der verſchiedenen Arten der Verruͤckt-
heit fortgehe, es zuerſt verſuchen, dieſe verſchie-
denen Woͤrter, als Bezeichnungen verſchiedner
Arten dieſes ungluͤcklichen Zuſtandes zuſammen zu
ordnen *).
Zuerſt unterſcheide ich diejenige Art der Ver-
ruͤcktheit, welche ihren nachtheiligen Einfluß vor-
zuͤglich auf das Erkenntnißvermoͤgen aͤußert,
und ſich in falſchen Empfindungen, verwirrten
Urtheilen, ungereimten Meynungen u. ſ. w. zeigt,
von derjenigen, welche unordentliche Erſcheinun-
gen in dem Begehrungsvermoͤgen hervorbringt,
und aus unbaͤndigen Neigungen, brennenden Lei-
denſchaften, ausſchweifenden Handlungen erkannt
wird. Die erſte moͤchte ich die theoretiſche oder
Verruͤcktheit im engern Sinne, die zweyte
die praktiſche oder Schwaͤrmerey nennen. Bey-
de
*) Jch bitte indeß den kritiſchen Leſer, dieſe Zuſammen-
ordnung nicht als eine vollſtaͤndige logiſche Diviſion
des Begriffs Verruͤcktheit anzuſehn. Es ſoll weiter
nichts ſeyn, als ein Verſuch, dieſen vom Sprachge-
brauch verwirrt gebrauchten Woͤrtern die Bedeutung
zu geben, welche nach der Etymologie oder Gewohn-
heit die natuͤrlichſte zu ſeyn ſcheint.
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