Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.Welch' eine traurige Scene für den beobach- An Euch ergeht vorzüglich diese Aufforderung, Der allgemeine Name, mit welchem man Unsre L
Welch' eine traurige Scene fuͤr den beobach- An Euch ergeht vorzuͤglich dieſe Aufforderung, Der allgemeine Name, mit welchem man Unſre L
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0185" n="161"/> <p>Welch' eine traurige Scene fuͤr den beobach-<lb/> tenden Menſchenfreund, wenn er in der Krone der<lb/> irdiſchen Schoͤpfung die koͤſtlichſte Perle vom giftigen<lb/> Wurme zernagt ſieht; aber auch dieſe traurige Sce-<lb/> ne, welche ſtarke Aufforderung fuͤr ihn, ſo viel er kann<lb/> zur Bewahrung dieſes edelſten Kleinods zu wirken!</p><lb/> <p>An Euch ergeht vorzuͤglich dieſe Aufforderung,<lb/><hi rendition="#b">Erforſcher der menſchlichen Seele</hi> und <hi rendition="#b">Ken-<lb/> ner des menſchlichen Koͤrpers</hi>; denn Eure ver-<lb/> einigten Bemuͤhungen ſind allein im Stande, die-<lb/> ſes Uebel zu mindern, welches den Menſchen um<lb/> ſeine Menſchheit bringt.</p><lb/> <p>Der allgemeine Name, mit welchem man<lb/> diejenigen Zuſtaͤnde bezeichnet, wo die Kraͤfte der<lb/> menſchlichen Seele aus ihrer Ordnung gebracht<lb/> ſind, das Gleichgewicht unter denſelben aufgeho-<lb/> ben und ihre Wirkſamkeit nach den Geſetzen der<lb/> Natur geſtoͤrt iſt: iſt <hi rendition="#b">Verruͤcktheit</hi>. Die Ein-<lb/> bildungskraft iſt es, welche dieſe Unordnungen in<lb/> der Seele hervorbringt, und ſich, wenn die uͤbri-<lb/> gen Kraͤfte durch irgend eine Urſach eingeſchlaͤfert<lb/> oder geſchwaͤcht werden, oder ſie ſelbſt auf irgend<lb/> eine Weiſe zu maͤchtig wird, zur Regiererin des<lb/> menſchlichen Denkens, Empfindens und Han-<lb/> delns aufwirft. Es laͤßt ſich daher Verruͤcktheit<lb/> auch durch denjenigen Zuſtand der Seele erklaͤren,<lb/> wo die Jmagination zum Nachtheil der uͤbrigen<lb/> Seelenvermoͤgen, ausſchweifend wirkt.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">L</fw> <fw place="bottom" type="catch">Unſre</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [161/0185]
Welch' eine traurige Scene fuͤr den beobach-
tenden Menſchenfreund, wenn er in der Krone der
irdiſchen Schoͤpfung die koͤſtlichſte Perle vom giftigen
Wurme zernagt ſieht; aber auch dieſe traurige Sce-
ne, welche ſtarke Aufforderung fuͤr ihn, ſo viel er kann
zur Bewahrung dieſes edelſten Kleinods zu wirken!
An Euch ergeht vorzuͤglich dieſe Aufforderung,
Erforſcher der menſchlichen Seele und Ken-
ner des menſchlichen Koͤrpers; denn Eure ver-
einigten Bemuͤhungen ſind allein im Stande, die-
ſes Uebel zu mindern, welches den Menſchen um
ſeine Menſchheit bringt.
Der allgemeine Name, mit welchem man
diejenigen Zuſtaͤnde bezeichnet, wo die Kraͤfte der
menſchlichen Seele aus ihrer Ordnung gebracht
ſind, das Gleichgewicht unter denſelben aufgeho-
ben und ihre Wirkſamkeit nach den Geſetzen der
Natur geſtoͤrt iſt: iſt Verruͤcktheit. Die Ein-
bildungskraft iſt es, welche dieſe Unordnungen in
der Seele hervorbringt, und ſich, wenn die uͤbri-
gen Kraͤfte durch irgend eine Urſach eingeſchlaͤfert
oder geſchwaͤcht werden, oder ſie ſelbſt auf irgend
eine Weiſe zu maͤchtig wird, zur Regiererin des
menſchlichen Denkens, Empfindens und Han-
delns aufwirft. Es laͤßt ſich daher Verruͤcktheit
auch durch denjenigen Zuſtand der Seele erklaͤren,
wo die Jmagination zum Nachtheil der uͤbrigen
Seelenvermoͤgen, ausſchweifend wirkt.
Unſre
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