Frau ein Hemd ab, gebehrdete sich, als ob er dasselbe anzöge, stieg darauf aus dem Bette, setzte sich hin, und machte solche Gebehrden, als wenn er Strümpfe und Schuh anzöge, sang aber da- bey mit heller und vernehmlicher Stimme das Morgenlied: Jch dank dir, lieber Herr! Als er einen Vers davon ausgesungen hatte, fiel ihm ein, daß er sich noch nicht gewaschen hätte. Er stund also vom Stuhl auf, ging in einen Win- kel der Stube, und that, als wenn er sich wüsche und kämmte. Dabey gab er seiner Frau Befehl, zum Nachbarn zu gehn, und denselben zu bitten, daß er sein Pferd zurecht machen möchte, worauf er von Sulze nach Weimar reiten wollte. Nach diesem sagte er, er wäre nun allein, ging darauf in eine andere Ecke der Stube, und verrichtete kniend sein Gebet. Als er hievon aufgestanden war, fing er das zuvor angestimmte Morgenlied bey dem zweyten Vers und in dem nemlichen Ton wieder an, und sang es unverrückt bis zum Ende desselben. Hierauf redete er mit seiner Frau Un- terschiedenes, vertröstete dieselbe, den andern Abend wiederzukommen, machte allerhand Ab- schiedszeichen, und that, als ob er in des Nach- barn Haus ginge, denselben grüßte, das Pferd aus dem Stalle holte, sich darauf setzte, und zum Thor hinausritte. Nun blieb er ungefehr eine Stunde lang auf einer Stelle stehn, und machte
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Frau ein Hemd ab, gebehrdete ſich, als ob er daſſelbe anzoͤge, ſtieg darauf aus dem Bette, ſetzte ſich hin, und machte ſolche Gebehrden, als wenn er Struͤmpfe und Schuh anzoͤge, ſang aber da- bey mit heller und vernehmlicher Stimme das Morgenlied: Jch dank dir, lieber Herr! Als er einen Vers davon ausgeſungen hatte, fiel ihm ein, daß er ſich noch nicht gewaſchen haͤtte. Er ſtund alſo vom Stuhl auf, ging in einen Win- kel der Stube, und that, als wenn er ſich wuͤſche und kaͤmmte. Dabey gab er ſeiner Frau Befehl, zum Nachbarn zu gehn, und denſelben zu bitten, daß er ſein Pferd zurecht machen moͤchte, worauf er von Sulze nach Weimar reiten wollte. Nach dieſem ſagte er, er waͤre nun allein, ging darauf in eine andere Ecke der Stube, und verrichtete kniend ſein Gebet. Als er hievon aufgeſtanden war, fing er das zuvor angeſtimmte Morgenlied bey dem zweyten Vers und in dem nemlichen Ton wieder an, und ſang es unverruͤckt bis zum Ende deſſelben. Hierauf redete er mit ſeiner Frau Un- terſchiedenes, vertroͤſtete dieſelbe, den andern Abend wiederzukommen, machte allerhand Ab- ſchiedszeichen, und that, als ob er in des Nach- barn Haus ginge, denſelben gruͤßte, das Pferd aus dem Stalle holte, ſich darauf ſetzte, und zum Thor hinausritte. Nun blieb er ungefehr eine Stunde lang auf einer Stelle ſtehn, und machte
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Frau ein Hemd ab, gebehrdete ſich, als ob er
daſſelbe anzoͤge, ſtieg darauf aus dem Bette, ſetzte
ſich hin, und machte ſolche Gebehrden, als wenn
er Struͤmpfe und Schuh anzoͤge, ſang aber da-
bey mit heller und vernehmlicher Stimme das
Morgenlied: Jch dank dir, lieber Herr! Als er
einen Vers davon ausgeſungen hatte, fiel ihm
ein, daß er ſich noch nicht gewaſchen haͤtte. Er
ſtund alſo vom Stuhl auf, ging in einen Win-
kel der Stube, und that, als wenn er ſich wuͤſche
und kaͤmmte. Dabey gab er ſeiner Frau Befehl,
zum Nachbarn zu gehn, und denſelben zu bitten,
daß er ſein Pferd zurecht machen moͤchte, worauf
er von Sulze nach Weimar reiten wollte. Nach
dieſem ſagte er, er waͤre nun allein, ging darauf
in eine andere Ecke der Stube, und verrichtete
kniend ſein Gebet. Als er hievon aufgeſtanden
war, fing er das zuvor angeſtimmte Morgenlied
bey dem zweyten Vers und in dem nemlichen Ton
wieder an, und ſang es unverruͤckt bis zum Ende
deſſelben. Hierauf redete er mit ſeiner Frau Un-
terſchiedenes, vertroͤſtete dieſelbe, den andern
Abend wiederzukommen, machte allerhand Ab-
ſchiedszeichen, und that, als ob er in des Nach-
barn Haus ginge, denſelben gruͤßte, das Pferd
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/139>, abgerufen am 22.11.2024.
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