woselbst meine Freunde noch bis zum andern Tag blieben. Als sie wegfuhren, setzte ich mich mit in den Wagen, und mein Freund ritt ein mir sehr wohl bekanntes Pferd. Nachdem ich eine Strecke gefahren war, mußte ich umkehren, nahm Abschied, und setzte mich auf das Pferd, welches meinen Freund getragen hatte, um wie- der nach Hause zu reiten.
So weit war ich in meinem Traume, als man mich weckte. Jch brauchte, wider meine Ge- wohnheit, lange Zeit, um mich ermuntern zu können, stand indeß auf und fühlte mich noch ganz besonders heiter. Jch überdachte meinen Traum, aber vergaß ihn bald, weil meine Ge- schäfte mich riefen, und ich an die Möglichkeit der Erfüllung desselben nicht glauben konnte. Nach Mittag -- war's aus einem dunkeln An- triebe des Traums, oder einer andern gewöhnli- chen Ursach, setzte ich mich zu Pferde, um zu ei- nem benachbarten Freunde zu reiten. Kaum war ich angekommen, so gab mir dieser einen Brief von denselben Personen, die mich im Traume beschäftigt hatten. Schon dies machte mich stutzen. Noch mehr aber stutzte ich, als ich den Brief las, in welchem ich ersucht wurde, nach L. zu kommen, um sie daselbst zu sprechen. Jch reiste hin, wurde mit ihnen zu einem mir unbekannten Manne, aber ihrem Freunde, auf
sein
woſelbſt meine Freunde noch bis zum andern Tag blieben. Als ſie wegfuhren, ſetzte ich mich mit in den Wagen, und mein Freund ritt ein mir ſehr wohl bekanntes Pferd. Nachdem ich eine Strecke gefahren war, mußte ich umkehren, nahm Abſchied, und ſetzte mich auf das Pferd, welches meinen Freund getragen hatte, um wie- der nach Hauſe zu reiten.
So weit war ich in meinem Traume, als man mich weckte. Jch brauchte, wider meine Ge- wohnheit, lange Zeit, um mich ermuntern zu koͤnnen, ſtand indeß auf und fuͤhlte mich noch ganz beſonders heiter. Jch uͤberdachte meinen Traum, aber vergaß ihn bald, weil meine Ge- ſchaͤfte mich riefen, und ich an die Moͤglichkeit der Erfuͤllung deſſelben nicht glauben konnte. Nach Mittag — war's aus einem dunkeln An- triebe des Traums, oder einer andern gewoͤhnli- chen Urſach, ſetzte ich mich zu Pferde, um zu ei- nem benachbarten Freunde zu reiten. Kaum war ich angekommen, ſo gab mir dieſer einen Brief von denſelben Perſonen, die mich im Traume beſchaͤftigt hatten. Schon dies machte mich ſtutzen. Noch mehr aber ſtutzte ich, als ich den Brief las, in welchem ich erſucht wurde, nach L. zu kommen, um ſie daſelbſt zu ſprechen. Jch reiſte hin, wurde mit ihnen zu einem mir unbekannten Manne, aber ihrem Freunde, auf
ſein
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0118"n="94"/>
woſelbſt meine Freunde noch bis zum andern Tag<lb/>
blieben. Als ſie wegfuhren, ſetzte ich mich mit<lb/>
in den Wagen, und mein Freund ritt ein mir<lb/>ſehr wohl bekanntes Pferd. Nachdem ich eine<lb/>
Strecke gefahren war, mußte ich umkehren,<lb/>
nahm Abſchied, und ſetzte mich auf das Pferd,<lb/>
welches meinen Freund getragen hatte, um wie-<lb/>
der nach Hauſe zu reiten.</p><lb/><p>So weit war ich in meinem Traume, als man<lb/>
mich weckte. Jch brauchte, wider meine Ge-<lb/>
wohnheit, lange Zeit, um mich ermuntern zu<lb/>
koͤnnen, ſtand indeß auf und fuͤhlte mich noch<lb/>
ganz beſonders heiter. Jch uͤberdachte meinen<lb/>
Traum, aber vergaß ihn bald, weil meine Ge-<lb/>ſchaͤfte mich riefen, und ich an die Moͤglichkeit<lb/>
der Erfuͤllung deſſelben nicht glauben konnte.<lb/>
Nach Mittag — war's aus einem dunkeln An-<lb/>
triebe des Traums, oder einer andern gewoͤhnli-<lb/>
chen Urſach, ſetzte ich mich zu Pferde, um zu ei-<lb/>
nem benachbarten Freunde zu reiten. Kaum<lb/>
war ich angekommen, ſo gab mir dieſer einen<lb/>
Brief von denſelben Perſonen, die mich im<lb/>
Traume beſchaͤftigt hatten. Schon dies machte<lb/>
mich ſtutzen. Noch mehr aber ſtutzte ich, als<lb/>
ich den Brief las, in welchem ich erſucht wurde,<lb/>
nach L. zu kommen, um ſie daſelbſt zu ſprechen.<lb/>
Jch reiſte hin, wurde mit ihnen zu einem mir<lb/>
unbekannten Manne, aber ihrem Freunde, auf<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſein</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[94/0118]
woſelbſt meine Freunde noch bis zum andern Tag
blieben. Als ſie wegfuhren, ſetzte ich mich mit
in den Wagen, und mein Freund ritt ein mir
ſehr wohl bekanntes Pferd. Nachdem ich eine
Strecke gefahren war, mußte ich umkehren,
nahm Abſchied, und ſetzte mich auf das Pferd,
welches meinen Freund getragen hatte, um wie-
der nach Hauſe zu reiten.
So weit war ich in meinem Traume, als man
mich weckte. Jch brauchte, wider meine Ge-
wohnheit, lange Zeit, um mich ermuntern zu
koͤnnen, ſtand indeß auf und fuͤhlte mich noch
ganz beſonders heiter. Jch uͤberdachte meinen
Traum, aber vergaß ihn bald, weil meine Ge-
ſchaͤfte mich riefen, und ich an die Moͤglichkeit
der Erfuͤllung deſſelben nicht glauben konnte.
Nach Mittag — war's aus einem dunkeln An-
triebe des Traums, oder einer andern gewoͤhnli-
chen Urſach, ſetzte ich mich zu Pferde, um zu ei-
nem benachbarten Freunde zu reiten. Kaum
war ich angekommen, ſo gab mir dieſer einen
Brief von denſelben Perſonen, die mich im
Traume beſchaͤftigt hatten. Schon dies machte
mich ſtutzen. Noch mehr aber ſtutzte ich, als
ich den Brief las, in welchem ich erſucht wurde,
nach L. zu kommen, um ſie daſelbſt zu ſprechen.
Jch reiſte hin, wurde mit ihnen zu einem mir
unbekannten Manne, aber ihrem Freunde, auf
ſein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/118>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.