Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Sache zu untersuchen; und äussert bey seinem
darüber erlassenen Schreiben: dass Criminal-
sachen allen übrigen vorzusetzen seyen, und
dass es unmenschliche Härte und schreyende
Ungerechtigkeit sey, einen Angeschuldigten
Wochen oder gar Monate und Jahre lang auf
Untersuchung im Kerker harren zu lassen. --
Segen, Segen über Leopold, der, wie ein
Vater, für alle seine Unterthanen, sorgt: der
auch die fehlenden nicht gequält, sondern
gebessert wissen will: der sein Augenmerk
mehr dahin richtet, Verbrechen auszurotten,
als Verbrecher zu bestrafen; der Tortur und
Todesstrafe abgeschafft und das Crimen laesae
majestatis aus seinem Gesetzbuche getilgt hat,
weil er dafür hält: ein Regent könne und
müsse soviel Gutes thun, dass Schmähungen
nie weder ihm schaden noch ihn treffen könn-
ten. -- Wenn es Ihrem menschlichen Her-
zen bange darum werden will, dass für den
fehlenden oder ausgearteten Theil unsrer Brü-

der

Sache zu unterſuchen; und äuſsert bey ſeinem
darüber erlaſſenen Schreiben: daſs Criminal-
ſachen allen übrigen vorzuſetzen ſeyen, und
daſs es unmenſchliche Härte und ſchreyende
Ungerechtigkeit ſey, einen Angeſchuldigten
Wochen oder gar Monate und Jahre lang auf
Unterſuchung im Kerker harren zu laſſen. —
Segen, Segen über Leopold, der, wie ein
Vater, für alle ſeine Unterthanen, ſorgt: der
auch die fehlenden nicht gequält, ſondern
gebeſſert wiſſen will: der ſein Augenmerk
mehr dahin richtet, Verbrechen auszurotten,
als Verbrecher zu beſtrafen; der Tortur und
Todesſtrafe abgeſchafft und das Crimen laeſae
majeſtatis aus ſeinem Geſetzbuche getilgt hat,
weil er dafür hält: ein Regent könne und
müſſe ſoviel Gutes thun, daſs Schmähungen
nie weder ihm ſchaden noch ihn treffen könn-
ten. — Wenn es Ihrem menſchlichen Her-
zen bange darum werden will, daſs für den
fehlenden oder ausgearteten Theil unſrer Brü-

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0068" n="66"/>
Sache zu unter&#x017F;uchen; und äu&#x017F;sert bey &#x017F;einem<lb/>
darüber erla&#x017F;&#x017F;enen Schreiben: da&#x017F;s Criminal-<lb/>
&#x017F;achen allen übrigen vorzu&#x017F;etzen &#x017F;eyen, und<lb/>
da&#x017F;s es unmen&#x017F;chliche Härte und &#x017F;chreyende<lb/>
Ungerechtigkeit &#x017F;ey, einen Ange&#x017F;chuldigten<lb/>
Wochen oder gar Monate und Jahre lang auf<lb/>
Unter&#x017F;uchung im <hi rendition="#i">Kerker</hi> harren zu la&#x017F;&#x017F;en. &#x2014;<lb/>
Segen, Segen über <hi rendition="#i">Leopold</hi>, der, wie ein<lb/>
Vater, für alle &#x017F;eine Unterthanen, &#x017F;orgt: der<lb/>
auch die fehlenden nicht <hi rendition="#i">gequält</hi>, &#x017F;ondern<lb/><hi rendition="#i">gebe&#x017F;&#x017F;ert</hi> wi&#x017F;&#x017F;en will: der &#x017F;ein Augenmerk<lb/>
mehr dahin richtet, Verbrechen auszurotten,<lb/>
als Verbrecher zu be&#x017F;trafen; der Tortur und<lb/>
Todes&#x017F;trafe abge&#x017F;chafft und das Crimen lae&#x017F;ae<lb/>
maje&#x017F;tatis aus &#x017F;einem Ge&#x017F;etzbuche getilgt hat,<lb/>
weil er dafür hält: ein Regent könne und<lb/>
mü&#x017F;&#x017F;e &#x017F;oviel Gutes thun, da&#x017F;s Schmähungen<lb/>
nie weder ihm &#x017F;chaden noch ihn treffen könn-<lb/>
ten. &#x2014; Wenn es Ihrem men&#x017F;chlichen Her-<lb/>
zen bange darum werden will, da&#x017F;s für den<lb/>
fehlenden oder ausgearteten Theil un&#x017F;rer Brü-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0068] Sache zu unterſuchen; und äuſsert bey ſeinem darüber erlaſſenen Schreiben: daſs Criminal- ſachen allen übrigen vorzuſetzen ſeyen, und daſs es unmenſchliche Härte und ſchreyende Ungerechtigkeit ſey, einen Angeſchuldigten Wochen oder gar Monate und Jahre lang auf Unterſuchung im Kerker harren zu laſſen. — Segen, Segen über Leopold, der, wie ein Vater, für alle ſeine Unterthanen, ſorgt: der auch die fehlenden nicht gequält, ſondern gebeſſert wiſſen will: der ſein Augenmerk mehr dahin richtet, Verbrechen auszurotten, als Verbrecher zu beſtrafen; der Tortur und Todesſtrafe abgeſchafft und das Crimen laeſae majeſtatis aus ſeinem Geſetzbuche getilgt hat, weil er dafür hält: ein Regent könne und müſſe ſoviel Gutes thun, daſs Schmähungen nie weder ihm ſchaden noch ihn treffen könn- ten. — Wenn es Ihrem menſchlichen Her- zen bange darum werden will, daſs für den fehlenden oder ausgearteten Theil unſrer Brü- der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/68
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/68>, abgerufen am 25.11.2024.