Geschäfften, Sorgen und Verdriesslichkeiten fast unmöglich werde, gegen den hartnäcki- gen oder alle gutgemeynten Versuche verhöh- nenden Verbrecher gleichmüthig, sanft und gelassen zu bleiben? -- Nein, mein Freund, das alles habe ich nicht vergessen. Ich habe wohl daran gedacht, dass das Verfahren des Richters auf Menschen zu berechnen sey, die für Verbrecher gehalten werden; aber wenn Sie dieses Wort blos an den im Betrügen, Rauben und Morden geübten Bösewicht erin- nert; so ruft es mir zugleich vor die Seele das Bild eines unglücklichen Mädchens, das in der Stunde der Schmerzen, aus Angst vor dem Namen einer Geschändeten, dem Gram ge- liebter Eltern, der Beschimpfung seiner Fa- milie, ein Gesetz des Staats, gewiss mit blutendem Herzen, verlezt; das Bild eines Jünglings voll Leben und Kraft, dem die aus einer edlen Quelle entspringende Leidenschaft in dem Moment der Unbesonnenheit eine mit
dem
C 3
Geſchäfften, Sorgen und Verdrieſslichkeiten faſt unmöglich werde, gegen den hartnäcki- gen oder alle gutgemeynten Verſuche verhöh- nenden Verbrecher gleichmüthig, ſanft und gelaſſen zu bleiben? — Nein, mein Freund, das alles habe ich nicht vergeſſen. Ich habe wohl daran gedacht, daſs das Verfahren des Richters auf Menſchen zu berechnen ſey, die für Verbrecher gehalten werden; aber wenn Sie dieſes Wort blos an den im Betrügen, Rauben und Morden geübten Böſewicht erin- nert; ſo ruft es mir zugleich vor die Seele das Bild eines unglücklichen Mädchens, das in der Stunde der Schmerzen, aus Angſt vor dem Namen einer Geſchändeten, dem Gram ge- liebter Eltern, der Beſchimpfung ſeiner Fa- milie, ein Geſetz des Staats, gewiſs mit blutendem Herzen, verlezt; das Bild eines Jünglings voll Leben und Kraft, dem die aus einer edlen Quelle entſpringende Leidenſchaft in dem Moment der Unbeſonnenheit eine mit
dem
C 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0039"n="37"/>
Geſchäfften, Sorgen und Verdrieſslichkeiten<lb/>
faſt unmöglich werde, gegen den hartnäcki-<lb/>
gen oder alle gutgemeynten Verſuche verhöh-<lb/>
nenden Verbrecher gleichmüthig, ſanft und<lb/>
gelaſſen zu bleiben? — Nein, mein Freund,<lb/>
das alles habe ich nicht vergeſſen. Ich habe<lb/>
wohl daran gedacht, daſs das Verfahren des<lb/>
Richters auf Menſchen zu berechnen ſey, die<lb/>
für Verbrecher gehalten werden; aber wenn<lb/><hirendition="#i">Sie</hi> dieſes Wort blos an den im Betrügen,<lb/>
Rauben und Morden geübten <hirendition="#i">Böſewicht</hi> erin-<lb/>
nert; ſo ruft es <hirendition="#i">mir</hi> zugleich vor die Seele das<lb/>
Bild eines unglücklichen Mädchens, das in<lb/>
der Stunde der Schmerzen, aus Angſt vor dem<lb/>
Namen einer Geſchändeten, dem Gram ge-<lb/>
liebter Eltern, der Beſchimpfung ſeiner Fa-<lb/>
milie, ein Geſetz des Staats, gewiſs mit<lb/>
blutendem Herzen, verlezt; das Bild eines<lb/>
Jünglings voll Leben und Kraft, dem die aus<lb/>
einer edlen Quelle entſpringende Leidenſchaft<lb/>
in dem Moment der Unbeſonnenheit eine mit<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">dem</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[37/0039]
Geſchäfften, Sorgen und Verdrieſslichkeiten
faſt unmöglich werde, gegen den hartnäcki-
gen oder alle gutgemeynten Verſuche verhöh-
nenden Verbrecher gleichmüthig, ſanft und
gelaſſen zu bleiben? — Nein, mein Freund,
das alles habe ich nicht vergeſſen. Ich habe
wohl daran gedacht, daſs das Verfahren des
Richters auf Menſchen zu berechnen ſey, die
für Verbrecher gehalten werden; aber wenn
Sie dieſes Wort blos an den im Betrügen,
Rauben und Morden geübten Böſewicht erin-
nert; ſo ruft es mir zugleich vor die Seele das
Bild eines unglücklichen Mädchens, das in
der Stunde der Schmerzen, aus Angſt vor dem
Namen einer Geſchändeten, dem Gram ge-
liebter Eltern, der Beſchimpfung ſeiner Fa-
milie, ein Geſetz des Staats, gewiſs mit
blutendem Herzen, verlezt; das Bild eines
Jünglings voll Leben und Kraft, dem die aus
einer edlen Quelle entſpringende Leidenſchaft
in dem Moment der Unbeſonnenheit eine mit
dem
C 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/39>, abgerufen am 28.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.