gegen den, zu dem man Vertrauen hat; das erste also, auf dessen Erwerbung der Richter seine Bestrebungen richtet, ist des Inquisiten Vertrauen.
Ihr Auge trübt sich, mein Freund, und das Zucken Ihrer Schultern macht meiner Theorie den Vorwurf der Unmöglichkeit in der Ausführung. Ich gebe zu, dass es schwer, sehr schwer ist, das Vertrauen eines Men- schen zu gewinnen, den ihr Verbrecher heisst und der es weiss, dass ihr ihn dafür haltet: ich gebe zu, dass auch die redlichsten Bemü- hungen des menschenfreundlichen Richters an des Bösewichts Verstocktheit scheitern, von des Betrügers List verschlagen werden können; aber, mein Freund, darum ist die Sache noch nicht unmöglich: nicht alle, die der Kerker- meister dem Richter bewahrt, sind Bösewichte oder Betrüger, und, nicht alle Bösewichte und Betrüger sind ganz und auf immer taub gegen der Menschlichkeit Stimme. Und weil
denn
gegen den, zu dem man Vertrauen hat; das erſte alſo, auf deſſen Erwerbung der Richter ſeine Beſtrebungen richtet, iſt des Inquiſiten Vertrauen.
Ihr Auge trübt ſich, mein Freund, und das Zucken Ihrer Schultern macht meiner Theorie den Vorwurf der Unmöglichkeit in der Ausführung. Ich gebe zu, daſs es ſchwer, ſehr ſchwer iſt, das Vertrauen eines Men- ſchen zu gewinnen, den ihr Verbrecher heiſst und der es weiſs, daſs ihr ihn dafür haltet: ich gebe zu, daſs auch die redlichſten Bemü- hungen des menſchenfreundlichen Richters an des Böſewichts Verſtocktheit ſcheitern, von des Betrügers Liſt verſchlagen werden können; aber, mein Freund, darum iſt die Sache noch nicht unmöglich: nicht alle, die der Kerker- meiſter dem Richter bewahrt, ſind Böſewichte oder Betrüger, und, nicht alle Böſewichte und Betrüger ſind ganz und auf immer taub gegen der Menſchlichkeit Stimme. Und weil
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[24/0026]
gegen den, zu dem man Vertrauen hat; das
erſte alſo, auf deſſen Erwerbung der Richter
ſeine Beſtrebungen richtet, iſt des Inquiſiten
Vertrauen.
Ihr Auge trübt ſich, mein Freund, und
das Zucken Ihrer Schultern macht meiner
Theorie den Vorwurf der Unmöglichkeit in
der Ausführung. Ich gebe zu, daſs es ſchwer,
ſehr ſchwer iſt, das Vertrauen eines Men-
ſchen zu gewinnen, den ihr Verbrecher heiſst
und der es weiſs, daſs ihr ihn dafür haltet:
ich gebe zu, daſs auch die redlichſten Bemü-
hungen des menſchenfreundlichen Richters an
des Böſewichts Verſtocktheit ſcheitern, von des
Betrügers Liſt verſchlagen werden können;
aber, mein Freund, darum iſt die Sache noch
nicht unmöglich: nicht alle, die der Kerker-
meiſter dem Richter bewahrt, ſind Böſewichte
oder Betrüger, und, nicht alle Böſewichte
und Betrüger ſind ganz und auf immer taub
gegen der Menſchlichkeit Stimme. Und weil
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/26>, abgerufen am 16.02.2025.
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