Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.sagenden oder unglückverkündenden weissen Frau getreten, ist nur der Schutzgeist des königlichen Geschlechts und Hauses. Welche Umoestaltung die phönicisch-ägyptischen, die semitischen Symbole bei ihrem Durchgange durch das römische Reich oft erlitten haben, möchten die beiden Kugeln auf den Säulen Jakin und Boaz zeigen, indem dieselben erst von den Römern oder dann sogar erst von den Engländern den Säulen auferlegt wurden. Die Kugel als ein Symbol des Erdkreises (orbis terrarum), des den Erdkreis umfassenden weiten römischen Reiches, trug bei den Römern die Siegesgöttin, die Victoria, die siegreiche Roma,1) ähnlich wie der starke Zeus des Phidias den Sieg, die Nike in der Hand trug. Die Victoria und Roma mussten später dem siegreichen christlichen Kreuze weichen und die Kugel mit dem Kreuze trug der römisch-deutsche Kaiser zum Symbole seiner Herrschaft über den christlichen oder den sich kreuzenden Erdkreis. Die Erdkugel, die römische Reichskugel, an welche als Zwillingsgestalt sich von selbst die Himmelskugel anschloss, möchten nun von den römischen Bauleuten vor oder nach der Einführung des Christenthums auf die Säulen Salomo's gelegt worden sein. Die beiden Kugeln können nicht allein die Erde und den Himmel, sondern auch die Sonne und den Mond mit dem Sternenheere oder beides zugleich bezeichnen und deuten noch mehr und noch bildlicher das ewige Kreisen des Tages und der Nacht, des Lebens und des Todes an. Das einfachste Symbol sind zwei spitze Steine, zwei Spitzsäulen oder Kegel, wie man dieselben z. B. auf Münzen von Cypern erblickt,2) und das vollkommenere zwei kugeltragende oder doch Aufschriften tragende Säulen, wie die Säulen im Dome zu Würzburg. Endlich waren die ägyptischen Priester die ersten, welche den Bewegungen der Hände und der Füsse und des ganzen Körpers der dem Gottesdienste Anwohnenden ein Mass, eine Regel, eine gleichfalls symbolische Bedeu- 1) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 173 ff. "Ueber die Siegesgöttin als Bild und Reichskleinod." 2) Böttiger, K. M., II. S. 213 ff.
sagenden oder unglückverkündenden weissen Frau getreten, ist nur der Schutzgeist des königlichen Geschlechts und Hauses. Welche Umoestaltung die phönicisch-ägyptischen, die semitischen Symbole bei ihrem Durchgange durch das römische Reich oft erlitten haben, möchten die beiden Kugeln auf den Säulen Jakin und Boaz zeigen, indem dieselben erst von den Römern oder dann sogar erst von den Engländern den Säulen auferlegt wurden. Die Kugel als ein Symbol des Erdkreises (orbis terrarum), des den Erdkreis umfassenden weiten römischen Reiches, trug bei den Römern die Siegesgöttin, die Victoria, die siegreiche Roma,1) ähnlich wie der starke Zeus des Phidias den Sieg, die Nike in der Hand trug. Die Victoria und Roma mussten später dem siegreichen christlichen Kreuze weichen und die Kugel mit dem Kreuze trug der römisch-deutsche Kaiser zum Symbole seiner Herrschaft über den christlichen oder den sich kreuzenden Erdkreis. Die Erdkugel, die römische Reichskugel, an welche als Zwillingsgestalt sich von selbst die Himmelskugel anschloss, möchten nun von den römischen Bauleuten vor oder nach der Einführung des Christenthums auf die Säulen Salomo’s gelegt worden sein. Die beiden Kugeln können nicht allein die Erde und den Himmel, sondern auch die Sonne und den Mond mit dem Sternenheere oder beides zugleich bezeichnen und deuten noch mehr und noch bildlicher das ewige Kreisen des Tages und der Nacht, des Lebens und des Todes an. Das einfachste Symbol sind zwei spitze Steine, zwei Spitzsäulen oder Kegel, wie man dieselben z. B. auf Münzen von Cypern erblickt,2) und das vollkommenere zwei kugeltragende oder doch Aufschriften tragende Säulen, wie die Säulen im Dome zu Würzburg. Endlich waren die ägyptischen Priester die ersten, welche den Bewegungen der Hände und der Füsse und des ganzen Körpers der dem Gottesdienste Anwohnenden ein Mass, eine Regel, eine gleichfalls symbolische Bedeu- 1) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 173 ff. „Ueber die Siegesgöttin als Bild und Reichskleinod.“ 2) Böttiger, K. M., II. S. 213 ff.
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sagenden oder unglückverkündenden weissen Frau getreten, ist nur der Schutzgeist des königlichen Geschlechts und Hauses.
Welche Umoestaltung die phönicisch-ägyptischen, die semitischen Symbole bei ihrem Durchgange durch das römische Reich oft erlitten haben, möchten die beiden Kugeln auf den Säulen Jakin und Boaz zeigen, indem dieselben erst von den Römern oder dann sogar erst von den Engländern den Säulen auferlegt wurden. Die Kugel als ein Symbol des Erdkreises (orbis terrarum), des den Erdkreis umfassenden weiten römischen Reiches, trug bei den Römern die Siegesgöttin, die Victoria, die siegreiche Roma, 1) ähnlich wie der starke Zeus des Phidias den Sieg, die Nike in der Hand trug. Die Victoria und Roma mussten später dem siegreichen christlichen Kreuze weichen und die Kugel mit dem Kreuze trug der römisch-deutsche Kaiser zum Symbole seiner Herrschaft über den christlichen oder den sich kreuzenden Erdkreis. Die Erdkugel, die römische Reichskugel, an welche als Zwillingsgestalt sich von selbst die Himmelskugel anschloss, möchten nun von den römischen Bauleuten vor oder nach der Einführung des Christenthums auf die Säulen Salomo’s gelegt worden sein. Die beiden Kugeln können nicht allein die Erde und den Himmel, sondern auch die Sonne und den Mond mit dem Sternenheere oder beides zugleich bezeichnen und deuten noch mehr und noch bildlicher das ewige Kreisen des Tages und der Nacht, des Lebens und des Todes an. Das einfachste Symbol sind zwei spitze Steine, zwei Spitzsäulen oder Kegel, wie man dieselben z. B. auf Münzen von Cypern erblickt, 2) und das vollkommenere zwei kugeltragende oder doch Aufschriften tragende Säulen, wie die Säulen im Dome zu Würzburg.
Endlich waren die ägyptischen Priester die ersten, welche den Bewegungen der Hände und der Füsse und des ganzen Körpers der dem Gottesdienste Anwohnenden ein Mass, eine Regel, eine gleichfalls symbolische Bedeu-
1) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 173 ff. „Ueber die Siegesgöttin als Bild und Reichskleinod.“
2) Böttiger, K. M., II. S. 213 ff.
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