thümern, Halle 1763, S. 403, hatte darüber schon bemerkt: "Es ist der Welt Weise, der Kleine ahmet den Grossen nach: und so hat auch der bürgerliche Miles es den grossen allhier in der Stadt Hannover in Haltung der Tourniere, und der Tafel-Ronde, nachgemachet. Es ist auch hiebey merklich, dass die Handwercker und Gesellen, wenn sie Gesellen gemacht, den Process vom Ritterschlag nachgeaffet." - Nach Stock hielt beim Gesellenmachen der Tischler der Hobelgeselle zuletzt dem neuen Gesellen das Richtscheit unter das Kinn, indem er fragte: wie heisst Du? "Martin." Darauf gab der Hobelgeselle mit den Worten:
"Bis jetzt hiessest du Martin unter der Bank, jetzt heisst du Martin auf der Bank." dem neuen Gesellen einen leichten Backenstreich, worin Stock ein offenbares Investiturzeichen erblickt, wie auch der Bischof den Confirmanden einen Backenstreich gebe. Dieser Backenstreich selbst ist wohl eine ursprünglich römische Sitte und war namentlich auch bei den Freilassungen der Sklaven gebräuchlich.1)
Um die Geschichte der Bauhütten und den einst in ihnen lebenden Geist, sowie das schliessliche Hervorgehen der englischen Freimaurerei zu begreifen und zu erfassen, müssen die Bauhütten und die von ihnen so unermüdlich und so glänzend gepflegte Baukunst gleich dem ganzen Mittelalter als der Ausdruck und das Erzeugniss einer höhern Gottbegeisterung, eines tiefern religiösen Gefühles und einer erhabenen göttlich-menschlichen Idee betrachtet werden. Je allseitiger der Betrachter und Forscher der mittelalterlichen Bauhütten den Blick umhersendet und je tiefer er die Hülle durchdringt, um die innerlich treibenden und tragenden Lebens- und Geistesmächte zu erkennen, um so mehr wird ihm die scheinbar vereinzelte und wenig bedeutsame Erscheinung sich im Zusammenhange mit dem grossen Ganzen der Zeit und ihrer Geschichte darstellen, welche im tiefsten Alterthume wurzelt, im Mittelalter ihre schönsten Blüthen trägt und noch in der Gegenwart lebendig fortwirkt. Auch auf die Gefahr hin,
1) Guhl und Koner, II. S. 285.
thümern, Halle 1763, S. 403, hatte darüber schon bemerkt: „Es ist der Welt Weise, der Kleine ahmet den Grossen nach: und so hat auch der bürgerliche Miles es den grossen allhier in der Stadt Hannover in Haltung der Tourniere, und der Tafel-Ronde, nachgemachet. Es ist auch hiebey merklich, dass die Handwercker und Gesellen, wenn sie Gesellen gemacht, den Process vom Ritterschlag nachgeaffet.“ – Nach Stock hielt beim Gesellenmachen der Tischler der Hobelgeselle zuletzt dem neuen Gesellen das Richtscheit unter das Kinn, indem er fragte: wie heisst Du? „Martin.“ Darauf gab der Hobelgeselle mit den Worten:
„Bis jetzt hiessest du Martin unter der Bank, jetzt heisst du Martin auf der Bank.“ dem neuen Gesellen einen leichten Backenstreich, worin Stock ein offenbares Investiturzeichen erblickt, wie auch der Bischof den Confirmanden einen Backenstreich gebe. Dieser Backenstreich selbst ist wohl eine ursprünglich römische Sitte und war namentlich auch bei den Freilassungen der Sklaven gebräuchlich.1)
Um die Geschichte der Bauhütten und den einst in ihnen lebenden Geist, sowie das schliessliche Hervorgehen der englischen Freimaurerei zu begreifen und zu erfassen, müssen die Bauhütten und die von ihnen so unermüdlich und so glänzend gepflegte Baukunst gleich dem ganzen Mittelalter als der Ausdruck und das Erzeugniss einer höhern Gottbegeisterung, eines tiefern religiösen Gefühles und einer erhabenen göttlich-menschlichen Idee betrachtet werden. Je allseitiger der Betrachter und Forscher der mittelalterlichen Bauhütten den Blick umhersendet und je tiefer er die Hülle durchdringt, um die innerlich treibenden und tragenden Lebens- und Geistesmächte zu erkennen, um so mehr wird ihm die scheinbar vereinzelte und wenig bedeutsame Erscheinung sich im Zusammenhange mit dem grossen Ganzen der Zeit und ihrer Geschichte darstellen, welche im tiefsten Alterthume wurzelt, im Mittelalter ihre schönsten Blüthen trägt und noch in der Gegenwart lebendig fortwirkt. Auch auf die Gefahr hin,
1) Guhl und Koner, II. S. 285.
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thümern, Halle 1763, S. 403, hatte darüber schon bemerkt: „Es ist der Welt Weise, der Kleine ahmet den Grossen nach: und so hat auch der bürgerliche Miles es den grossen allhier in der Stadt Hannover in Haltung der Tourniere, und der Tafel-Ronde, nachgemachet. Es ist auch hiebey merklich, dass die Handwercker und Gesellen, wenn sie Gesellen gemacht, den Process vom Ritterschlag nachgeaffet.“– Nach Stock hielt beim Gesellenmachen der Tischler der Hobelgeselle zuletzt dem neuen Gesellen das Richtscheit unter das Kinn, indem er fragte: wie heisst Du? „Martin.“ Darauf gab der Hobelgeselle mit den Worten:<lb/><citrendition="#et"><quote>„Bis jetzt hiessest du Martin unter der Bank, jetzt heisst du Martin auf der Bank.“</quote></cit><lb/>
dem neuen Gesellen einen leichten Backenstreich, worin Stock ein offenbares Investiturzeichen erblickt, wie auch der Bischof den Confirmanden einen Backenstreich gebe. Dieser Backenstreich selbst ist wohl eine ursprünglich römische Sitte und war namentlich auch bei den Freilassungen der Sklaven gebräuchlich.<noteplace="foot"n="1)">Guhl und Koner, II. S. 285.</note></p><p>
Um die Geschichte der Bauhütten und den einst in ihnen lebenden Geist, sowie das schliessliche Hervorgehen der englischen Freimaurerei zu begreifen und zu erfassen, müssen die Bauhütten und die von ihnen so unermüdlich und so glänzend gepflegte Baukunst gleich dem ganzen Mittelalter als der Ausdruck und das Erzeugniss einer höhern Gottbegeisterung, eines tiefern religiösen Gefühles und einer erhabenen göttlich-menschlichen Idee betrachtet werden. Je allseitiger der Betrachter und Forscher der mittelalterlichen Bauhütten den Blick umhersendet und je tiefer er die Hülle durchdringt, um die innerlich treibenden und tragenden Lebens- und Geistesmächte zu erkennen, um so mehr wird ihm die scheinbar vereinzelte und wenig bedeutsame Erscheinung sich im Zusammenhange mit dem grossen Ganzen der Zeit und ihrer Geschichte darstellen, welche im tiefsten Alterthume wurzelt, im Mittelalter ihre schönsten Blüthen trägt und noch in der Gegenwart lebendig fortwirkt. Auch auf die Gefahr hin,
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thümern, Halle 1763, S. 403, hatte darüber schon bemerkt: „Es ist der Welt Weise, der Kleine ahmet den Grossen nach: und so hat auch der bürgerliche Miles es den grossen allhier in der Stadt Hannover in Haltung der Tourniere, und der Tafel-Ronde, nachgemachet. Es ist auch hiebey merklich, dass die Handwercker und Gesellen, wenn sie Gesellen gemacht, den Process vom Ritterschlag nachgeaffet.“ – Nach Stock hielt beim Gesellenmachen der Tischler der Hobelgeselle zuletzt dem neuen Gesellen das Richtscheit unter das Kinn, indem er fragte: wie heisst Du? „Martin.“ Darauf gab der Hobelgeselle mit den Worten:
„Bis jetzt hiessest du Martin unter der Bank, jetzt heisst du Martin auf der Bank.“
dem neuen Gesellen einen leichten Backenstreich, worin Stock ein offenbares Investiturzeichen erblickt, wie auch der Bischof den Confirmanden einen Backenstreich gebe. Dieser Backenstreich selbst ist wohl eine ursprünglich römische Sitte und war namentlich auch bei den Freilassungen der Sklaven gebräuchlich. 1)
Um die Geschichte der Bauhütten und den einst in ihnen lebenden Geist, sowie das schliessliche Hervorgehen der englischen Freimaurerei zu begreifen und zu erfassen, müssen die Bauhütten und die von ihnen so unermüdlich und so glänzend gepflegte Baukunst gleich dem ganzen Mittelalter als der Ausdruck und das Erzeugniss einer höhern Gottbegeisterung, eines tiefern religiösen Gefühles und einer erhabenen göttlich-menschlichen Idee betrachtet werden. Je allseitiger der Betrachter und Forscher der mittelalterlichen Bauhütten den Blick umhersendet und je tiefer er die Hülle durchdringt, um die innerlich treibenden und tragenden Lebens- und Geistesmächte zu erkennen, um so mehr wird ihm die scheinbar vereinzelte und wenig bedeutsame Erscheinung sich im Zusammenhange mit dem grossen Ganzen der Zeit und ihrer Geschichte darstellen, welche im tiefsten Alterthume wurzelt, im Mittelalter ihre schönsten Blüthen trägt und noch in der Gegenwart lebendig fortwirkt. Auch auf die Gefahr hin,
1) Guhl und Koner, II. S. 285.
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/666>, abgerufen am 04.07.2024.
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