Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.Ständeverschiedenheiten in Attica und Lacedaemon aus Aegypten herleiten. Priester- und andere Aemter waren in Athen und an sonstigen Orten noch in den spätesten Zeiten erblich und berechtigen zu dem Schlusse auf die einstige allgemeine Erblichkeit der Aemter innerhalb der Priester- und der Kriegerkaste. Kreta z. B. besass Könige nur in sehr früher Zeit; ihre Stelle vertraten 10 Kosmen, die aus gewissen Familien ohne Rücksicht auf Würdigkeit gewählt wurden und namentlich auch im Kriege den Oberbefehl hatten.1) Die Fragen über die ausländischen, besonders die ägyptisch-phönicischen Einwirkungen und Anregungen auf das erwachende Griechenland werden gewöhnlich aus zu einseitigem Standpunkte, entweder dem blos philologischen, mythologischen oder künstlerischen erörtert, ohne Kenntniss und ohne Berücksichtigung der damaligen gewissen oder doch wahrscheinlichen politischen Zustände; wollte man sich nur erinnern, was Römisches die Priesterschaft und was Französisches der Adel und die Fürsten nach Deutschland, - was die seefahrenden und seebeherrschenden europäischen Städte und Staaten Europäischisches nach allen Ländern der Erde verpflanzt haben, würde man wohl anders und mindestens weniger leidenschaftlich gegen Andersmeinende urtheilen. Das Beispiel von Kreta, welches sich ähnlich auch in Athen bezüglich des letzten königlichen Geschlechtes der Neliden oder Kodriden wiederholt,2) zeigt deutlich den geschichtlichen Entwickelungsgang von dem unbedingten Erbrechte zu einer Wahl aus den Erbberechtigten, worauf dann mehr oder weniger schnell die ganz freie Wahl der Beamten folgte und zwar auf stets kürzere Zeiträume; es mögen im Allgemeinen das Königthum, die Aristokratie und Demokratie als die drei geschichtlichen Eutwicklungsstufen bezeichnet werden.3) Den den Griechen so eigenthümlichen und bei ihnen bis auf die letzten Zeiten so hochgeschätzten Mysteriendienst, geheimen Gottesdienst, Gottesdienst an geheimen 1) Hermann, St. A., §. 21. 2) Schoemann, griech. Alterthümer, I. S. 318. 3) Vergl. auch Hermann, §. 103 ff.
Ständeverschiedenheiten in Attica und Lacedaemon aus Aegypten herleiten. Priester- und andere Aemter waren in Athen und an sonstigen Orten noch in den spätesten Zeiten erblich und berechtigen zu dem Schlusse auf die einstige allgemeine Erblichkeit der Aemter innerhalb der Priester- und der Kriegerkaste. Kreta z. B. besass Könige nur in sehr früher Zeit; ihre Stelle vertraten 10 Kosmen, die aus gewissen Familien ohne Rücksicht auf Würdigkeit gewählt wurden und namentlich auch im Kriege den Oberbefehl hatten.1) Die Fragen über die ausländischen, besonders die ägyptisch-phönicischen Einwirkungen und Anregungen auf das erwachende Griechenland werden gewöhnlich aus zu einseitigem Standpunkte, entweder dem blos philologischen, mythologischen oder künstlerischen erörtert, ohne Kenntniss und ohne Berücksichtigung der damaligen gewissen oder doch wahrscheinlichen politischen Zustände; wollte man sich nur erinnern, was Römisches die Priesterschaft und was Französisches der Adel und die Fürsten nach Deutschland, – was die seefahrenden und seebeherrschenden europäischen Städte und Staaten Europäischisches nach allen Ländern der Erde verpflanzt haben, würde man wohl anders und mindestens weniger leidenschaftlich gegen Andersmeinende urtheilen. Das Beispiel von Kreta, welches sich ähnlich auch in Athen bezüglich des letzten königlichen Geschlechtes der Neliden oder Kodriden wiederholt,2) zeigt deutlich den geschichtlichen Entwickelungsgang von dem unbedingten Erbrechte zu einer Wahl aus den Erbberechtigten, worauf dann mehr oder weniger schnell die ganz freie Wahl der Beamten folgte und zwar auf stets kürzere Zeiträume; es mögen im Allgemeinen das Königthum, die Aristokratie und Demokratie als die drei geschichtlichen Eutwicklungsstufen bezeichnet werden.3) Den den Griechen so eigenthümlichen und bei ihnen bis auf die letzten Zeiten so hochgeschätzten Mysteriendienst, geheimen Gottesdienst, Gottesdienst an geheimen 1) Hermann, St. A., §. 21. 2) Schoemann, griech. Alterthümer, I. S. 318. 3) Vergl. auch Hermann, §. 103 ff.
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Ständeverschiedenheiten in Attica und Lacedaemon aus Aegypten herleiten. Priester- und andere Aemter waren in Athen und an sonstigen Orten noch in den spätesten Zeiten erblich und berechtigen zu dem Schlusse auf die einstige allgemeine Erblichkeit der Aemter innerhalb der Priester- und der Kriegerkaste. Kreta z. B. besass Könige nur in sehr früher Zeit; ihre Stelle vertraten 10 Kosmen, die aus gewissen Familien ohne Rücksicht auf Würdigkeit gewählt wurden und namentlich auch im Kriege den Oberbefehl hatten. 1) Die Fragen über die ausländischen, besonders die ägyptisch-phönicischen Einwirkungen und Anregungen auf das erwachende Griechenland werden gewöhnlich aus zu einseitigem Standpunkte, entweder dem blos philologischen, mythologischen oder künstlerischen erörtert, ohne Kenntniss und ohne Berücksichtigung der damaligen gewissen oder doch wahrscheinlichen politischen Zustände; wollte man sich nur erinnern, was Römisches die Priesterschaft und was Französisches der Adel und die Fürsten nach Deutschland, – was die seefahrenden und seebeherrschenden europäischen Städte und Staaten Europäischisches nach allen Ländern der Erde verpflanzt haben, würde man wohl anders und mindestens weniger leidenschaftlich gegen Andersmeinende urtheilen. Das Beispiel von Kreta, welches sich ähnlich auch in Athen bezüglich des letzten königlichen Geschlechtes der Neliden oder Kodriden wiederholt, 2) zeigt deutlich den geschichtlichen Entwickelungsgang von dem unbedingten Erbrechte zu einer Wahl aus den Erbberechtigten, worauf dann mehr oder weniger schnell die ganz freie Wahl der Beamten folgte und zwar auf stets kürzere Zeiträume; es mögen im Allgemeinen das Königthum, die Aristokratie und Demokratie als die drei geschichtlichen Eutwicklungsstufen bezeichnet werden. 3)
Den den Griechen so eigenthümlichen und bei ihnen bis auf die letzten Zeiten so hochgeschätzten Mysteriendienst, geheimen Gottesdienst, Gottesdienst an geheimen
1) Hermann, St. A., §. 21.
2) Schoemann, griech. Alterthümer, I. S. 318.
3) Vergl. auch Hermann, §. 103 ff.
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