Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.Innerhalb der Tafel, noch von einem Rhombus eingeschlossen, steht eine menschliche Figur (nach der damals herrschenden, alterthümlichen Lehre der Mikrokosmos in dem Makrokosmos, der aus den 4 Elementen zusammengesetzte Mensch in den 4 Elementen, welche auch dia Welt bilden) mit ausgebreiteten Händen; die Füsse ruhen auf der Erde, welche nur durch ein Brett mit Einschnitten angedeutet ist; über dem Haupte erhebt sich eine Flamme; in der Rechten auf der Seite der Luft hat sie ein rundes Gefäss, in der Linken auf der Seite des Wassers, wie es scheint, eine Pflanze. Eine Inschrift gibt die Erläuterung, dass wie die Welt im Grossen (der Makrokosmos) aus 4 Elementen zusammengesetzt ist, so aus denselben 4 Elementen der Mensch bestehe: denn aus dem Feuer komme die Wärme, aus der Luft der Odem, aus dem Wasser die Feuchtigkeit, aus der Erde der Leib. Dieselbe Erklärung findet sich auch sonst in dieser Zeit, nämlich fast wörtlich übereinstimmend bei Gottfried von Viterbo (in der zweiten Hälfte des 12ten Jahrh.).1) Nunmehr können denkende und vergleichende Maurer wissen, aus welchem elementarischen Grunde die Lehrlingsreise noch gerade nach dieser oder jener bestimmten Weltgegend gerichtet und dort das derselben entsprechende Element gefunden werde. Die Erklärungen und Ermahnungen, welche bei den Maurern dem Lehrlinge bei der Darreichung der einzelnen (der drei Elemente des Feuers, des Wassers und der Erde) gegeben werden, sind eine blosse Fort- und Umbildung jener mittelalterlichen Erklärungen oder Beischriften. Jetzt fassen die Maurer die Elemente namentlich zugleich ethisch auf, so dass nicht blos z.B. der menschliche Körper von allem Unreinen durch das Wasser gereinigt, sondern auch die Seele alles Unedle und Befleckende ablegen, und gleich dem in die Erde gelegten Samenkorne der Mensch zur schönern Pflanze dem Himmelslichte entgegenwachsen solle. Auch können nach dem Vorgange der biblischen und der mittelalterlichen Deutungen die 4 Himmelsgegenden den Maurer mahnen, dass die Liebe und das Wort Gottes aus allen Gegenden 1) Piper, I. 2. S. 468 ff.
Innerhalb der Tafel, noch von einem Rhombus eingeschlossen, steht eine menschliche Figur (nach der damals herrschenden, alterthümlichen Lehre der Mikrokosmos in dem Makrokosmos, der aus den 4 Elementen zusammengesetzte Mensch in den 4 Elementen, welche auch dia Welt bilden) mit ausgebreiteten Händen; die Füsse ruhen auf der Erde, welche nur durch ein Brett mit Einschnitten angedeutet ist; über dem Haupte erhebt sich eine Flamme; in der Rechten auf der Seite der Luft hat sie ein rundes Gefäss, in der Linken auf der Seite des Wassers, wie es scheint, eine Pflanze. Eine Inschrift gibt die Erläuterung, dass wie die Welt im Grossen (der Makrokosmos) aus 4 Elementen zusammengesetzt ist, so aus denselben 4 Elementen der Mensch bestehe: denn aus dem Feuer komme die Wärme, aus der Luft der Odem, aus dem Wasser die Feuchtigkeit, aus der Erde der Leib. Dieselbe Erklärung findet sich auch sonst in dieser Zeit, nämlich fast wörtlich übereinstimmend bei Gottfried von Viterbo (in der zweiten Hälfte des 12ten Jahrh.).1) Nunmehr können denkende und vergleichende Maurer wissen, aus welchem elementarischen Grunde die Lehrlingsreise noch gerade nach dieser oder jener bestimmten Weltgegend gerichtet und dort das derselben entsprechende Element gefunden werde. Die Erklärungen und Ermahnungen, welche bei den Maurern dem Lehrlinge bei der Darreichung der einzelnen (der drei Elemente des Feuers, des Wassers und der Erde) gegeben werden, sind eine blosse Fort- und Umbildung jener mittelalterlichen Erklärungen oder Beischriften. Jetzt fassen die Maurer die Elemente namentlich zugleich ethisch auf, so dass nicht blos z.B. der menschliche Körper von allem Unreinen durch das Wasser gereinigt, sondern auch die Seele alles Unedle und Befleckende ablegen, und gleich dem in die Erde gelegten Samenkorne der Mensch zur schönern Pflanze dem Himmelslichte entgegenwachsen solle. Auch können nach dem Vorgange der biblischen und der mittelalterlichen Deutungen die 4 Himmelsgegenden den Maurer mahnen, dass die Liebe und das Wort Gottes aus allen Gegenden 1) Piper, I. 2. S. 468 ff.
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Innerhalb der Tafel, noch von einem Rhombus eingeschlossen, steht eine menschliche Figur (nach der damals herrschenden, alterthümlichen Lehre der Mikrokosmos in dem Makrokosmos, der aus den 4 Elementen zusammengesetzte Mensch in den 4 Elementen, welche auch dia Welt bilden) mit ausgebreiteten Händen; die Füsse ruhen auf der Erde, welche nur durch ein Brett mit Einschnitten angedeutet ist; über dem Haupte erhebt sich eine Flamme; in der Rechten auf der Seite der Luft hat sie ein rundes Gefäss, in der Linken auf der Seite des Wassers, wie es scheint, eine Pflanze. Eine Inschrift gibt die Erläuterung, dass wie die Welt im Grossen (der Makrokosmos) aus 4 Elementen zusammengesetzt ist, so aus denselben 4 Elementen der Mensch bestehe: denn aus dem Feuer komme die Wärme, aus der Luft der Odem, aus dem Wasser die Feuchtigkeit, aus der Erde der Leib. Dieselbe Erklärung findet sich auch sonst in dieser Zeit, nämlich fast wörtlich übereinstimmend bei Gottfried von Viterbo (in der zweiten Hälfte des 12ten Jahrh.). 1) Nunmehr können denkende und vergleichende Maurer wissen, aus welchem elementarischen Grunde die Lehrlingsreise noch gerade nach dieser oder jener bestimmten Weltgegend gerichtet und dort das derselben entsprechende Element gefunden werde. Die Erklärungen und Ermahnungen, welche bei den Maurern dem Lehrlinge bei der Darreichung der einzelnen (der drei Elemente des Feuers, des Wassers und der Erde) gegeben werden, sind eine blosse Fort- und Umbildung jener mittelalterlichen Erklärungen oder Beischriften. Jetzt fassen die Maurer die Elemente namentlich zugleich ethisch auf, so dass nicht blos z.B. der menschliche Körper von allem Unreinen durch das Wasser gereinigt, sondern auch die Seele alles Unedle und Befleckende ablegen, und gleich dem in die Erde gelegten Samenkorne der Mensch zur schönern Pflanze dem Himmelslichte entgegenwachsen solle. Auch können nach dem Vorgange der biblischen und der mittelalterlichen Deutungen die 4 Himmelsgegenden den Maurer mahnen, dass die Liebe und das Wort Gottes aus allen Gegenden
1) Piper, I. 2. S. 468 ff.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/563>, abgerufen am 16.02.2025. |