Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.herrscht hatte, hielten die Florentiner die Zeit für günstig, 8ich eine freie Verfassung zu geben, indem sie an die Spitze der städtischen Regierung 12 jährlich wechselnde Anzianer (Aelteste, Seniores populi, Senatores) setzten.1) Etwas später wurden durch die 36, welche zur Reformation der Stadtverfassung bestellt worden waren, die ganze Stadt eingetheilt in 12 Zünfte, eine jede Zunft mit einer eigenen Fahne, unter welcher sie sich bewaffnet versammeln und ausziehen sollte. Anfänglich waren 7 grosse und 5 kleine Zünfte, allein die Zahl der letztern vermehrte sich sodann auf 14, so dass im 15ten und 16ten Jahrh. im Ganzen 21 Zünfte zu Florenz bestanden.2) An diese Zünfte ging alsbald die eigentliche Stadtregierung über3) und Macchiavelli gibt in seinem Fürsten, Kap. 21, daher den Rath, dass der Fürst auf die Zünfte Rücksicht nehmen und sich zuweilen in ihre Versammlungen begeben, sich leutselig und mildthätig bezeigen solle. Die erste und mächtigste unter allen Zünften war die Wollzunft, weil verschiedene andere Handwerke in dieselbe eingetheilt waren und in dieser ihrer Zusammensetzung sie den grössern Theil der Menge beschäftigte und ernährte. Vom J. 1378 - 1381 herrschte zu Florenz, besonders durch das Uebergewicht der niedern Handwerker, eine höchst blutige und verderbliche Pöbelherrschaft.4) Der Kampf, welchen die Zünfte, das Volk und Plebejer mit dem Adel und den höhern Ständen fast Jahrhunderte lang zu Florenz rangen und den Macchiavelli, gleich dem grossen Dante (+ 1290), Guicciardini (+ 1540), Benvenuto Cellini und vielen Andern selbst ein Florentiner, mit unübertrefflicher Meisterhand geschildert hat, erinnert vielfach an den im höhern Geiste geführten Ständekrieg der jungen römischen Republik.5) Nebenbei verdient auch angeführt zu werden, dass im J. 1521 der zu dem versammelten Capitel der Franziskaner 1) Macchiavelli, S. 57; Mannert, I. S. 374. 2) Macchiavelli, S. 61. 3) Macchiavelli, S. 134. 4) Macchiavelli, S. 151. 5) Vergl. auch Goeler, Handwerker, Fabrikanten und Zünfte bei Griechen und Römern, im Auslande für 1861, S. 814 ff.
herrscht hatte, hielten die Florentiner die Zeit für günstig, 8ich eine freie Verfassung zu geben, indem sie an die Spitze der städtischen Regierung 12 jährlich wechselnde Anzianer (Aelteste, Seniores populi, Senatores) setzten.1) Etwas später wurden durch die 36, welche zur Reformation der Stadtverfassung bestellt worden waren, die ganze Stadt eingetheilt in 12 Zünfte, eine jede Zunft mit einer eigenen Fahne, unter welcher sie sich bewaffnet versammeln und ausziehen sollte. Anfänglich waren 7 grosse und 5 kleine Zünfte, allein die Zahl der letztern vermehrte sich sodann auf 14, so dass im 15ten und 16ten Jahrh. im Ganzen 21 Zünfte zu Florenz bestanden.2) An diese Zünfte ging alsbald die eigentliche Stadtregierung über3) und Macchiavelli gibt in seinem Fürsten, Kap. 21, daher den Rath, dass der Fürst auf die Zünfte Rücksicht nehmen und sich zuweilen in ihre Versammlungen begeben, sich leutselig und mildthätig bezeigen solle. Die erste und mächtigste unter allen Zünften war die Wollzunft, weil verschiedene andere Handwerke in dieselbe eingetheilt waren und in dieser ihrer Zusammensetzung sie den grössern Theil der Menge beschäftigte und ernährte. Vom J. 1378 – 1381 herrschte zu Florenz, besonders durch das Uebergewicht der niedern Handwerker, eine höchst blutige und verderbliche Pöbelherrschaft.4) Der Kampf, welchen die Zünfte, das Volk und Plebejer mit dem Adel und den höhern Ständen fast Jahrhunderte lang zu Florenz rangen und den Macchiavelli, gleich dem grossen Dante (+ 1290), Guicciardini (+ 1540), Benvenuto Cellini und vielen Andern selbst ein Florentiner, mit unübertrefflicher Meisterhand geschildert hat, erinnert vielfach an den im höhern Geiste geführten Ständekrieg der jungen römischen Republik.5) Nebenbei verdient auch angeführt zu werden, dass im J. 1521 der zu dem versammelten Capitel der Franziskaner 1) Macchiavelli, S. 57; Mannert, I. S. 374. 2) Macchiavelli, S. 61. 3) Macchiavelli, S. 134. 4) Macchiavelli, S. 151. 5) Vergl. auch Goeler, Handwerker, Fabrikanten und Zünfte bei Griechen und Römern, im Auslande für 1861, S. 814 ff.
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herrscht hatte, hielten die Florentiner die Zeit für günstig, 8ich eine freie Verfassung zu geben, indem sie an die Spitze der städtischen Regierung 12 jährlich wechselnde Anzianer (Aelteste, Seniores populi, Senatores) setzten. 1) Etwas später wurden durch die 36, welche zur Reformation der Stadtverfassung bestellt worden waren, die ganze Stadt eingetheilt in 12 Zünfte, eine jede Zunft mit einer eigenen Fahne, unter welcher sie sich bewaffnet versammeln und ausziehen sollte. Anfänglich waren 7 grosse und 5 kleine Zünfte, allein die Zahl der letztern vermehrte sich sodann auf 14, so dass im 15ten und 16ten Jahrh. im Ganzen 21 Zünfte zu Florenz bestanden. 2) An diese Zünfte ging alsbald die eigentliche Stadtregierung über 3) und Macchiavelli gibt in seinem Fürsten, Kap. 21, daher den Rath, dass der Fürst auf die Zünfte Rücksicht nehmen und sich zuweilen in ihre Versammlungen begeben, sich leutselig und mildthätig bezeigen solle. Die erste und mächtigste unter allen Zünften war die Wollzunft, weil verschiedene andere Handwerke in dieselbe eingetheilt waren und in dieser ihrer Zusammensetzung sie den grössern Theil der Menge beschäftigte und ernährte. Vom J. 1378 – 1381 herrschte zu Florenz, besonders durch das Uebergewicht der niedern Handwerker, eine höchst blutige und verderbliche Pöbelherrschaft. 4) Der Kampf, welchen die Zünfte, das Volk und Plebejer mit dem Adel und den höhern Ständen fast Jahrhunderte lang zu Florenz rangen und den Macchiavelli, gleich dem grossen Dante (+ 1290), Guicciardini (+ 1540), Benvenuto Cellini und vielen Andern selbst ein Florentiner, mit unübertrefflicher Meisterhand geschildert hat, erinnert vielfach an den im höhern Geiste geführten Ständekrieg der jungen römischen Republik. 5) Nebenbei verdient auch angeführt zu werden, dass im J. 1521 der zu dem versammelten Capitel der Franziskaner
1) Macchiavelli, S. 57; Mannert, I. S. 374.
2) Macchiavelli, S. 61.
3) Macchiavelli, S. 134.
4) Macchiavelli, S. 151.
5) Vergl. auch Goeler, Handwerker, Fabrikanten und Zünfte bei Griechen und Römern, im Auslande für 1861, S. 814 ff.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/491>, abgerufen am 16.02.2025. |