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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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"De puteum. Si quis puteum (Brunnen)1) fecerit ad pedes centum, tollat exinde solidos XX; annonas ei non repotetur. Puteus autem de pedes XXXV, solidos quattuor; puteus vero de pedes viginti sex, solidos tres; puteus autem de pedes duodecim, solidum unum: annonas ei non repotetur."

"De marmorarios. Si quis axes marmoreas (Marmorplatten zur Bekleidung der Wände und zu sonstigem Gebrauch)2) fecerit, det pro solido uno pedes XXV. Et si columnas (dünne Säulchen, die vielfach zu Bauwerken verwandt wurden) fecerit de pedes quaternos aut quinos, det per tremisse columnas quattuor: annonas ei non repotetur."

Die Einfügung dieses longobardischen3) und vielleicht ältesten deutschen Baugesetzes möchte um so gerechtfertigter sein, als unter allen Wandervölkern die Longobarden zuerst und noch vor den Franken den Schritt zu derjenigen Form der Bedachung, zu dem gewölbten Dache gethan haben, welche die Seele der romanisch-gothischen oder romantischen Baukunst geworden ist. Wenngleich die Longobarden demnach als die nächsten und eigentlichen Vermittler zwischen der antiken und der mittelalterlichen, der romanisch-gothischen Baukunst erscheinen, haben dennoch die Baukunst nicht sie, sondern die Franken, oder vielmehr die Gallier nach Deutschland hinübergetragen, wie dieses wenigstens hinsichtlich der gothischen Baukunst stets mehr ausser Zweifel gestellt wird.4) So wird 1263 bis 1278 die Stiftskirche zu Wimpfen im Thal durch einen aus Paris gekommenen Baumeister erbaut, und zwar auf Verlangen des Dechanten "opere francigeno," d. h. in gothischem Styl, wie im Jahr

1) Rich unter Puteus.
2) Vergl. auch Rich unter axis ([fremdsprachliches Material]).
3) Auch von lombardischer Buchstabenschrift wird geredet; vergl. Mannert, I. S. 510.
4) Vergl. Verneilh, origine francaise de l'architecture ogivale - der Architektur mit Strebepfeilern (ogives) -, bei Didron annales archeologiques, II. ff.; Otte, Uebersiedelung des gothischen Baustyls aus Frankreich nach Deutschland, im Tüb. Kunstblatt für 1847, S. 115.

„De puteum. Si quis puteum (Brunnen)1) fecerit ad pedes centum, tollat exinde solidos XX; annonas ei non repotetur. Puteus autem de pedes XXXV, solidos quattuor; puteus vero de pedes viginti sex, solidos tres; puteus autem de pedes duodecim, solidum unum: annonas ei non repotetur.“

„De marmorarios. Si quis axes marmoreas (Marmorplatten zur Bekleidung der Wände und zu sonstigem Gebrauch)2) fecerit, det pro solido uno pedes XXV. Et si columnas (dünne Säulchen, die vielfach zu Bauwerken verwandt wurden) fecerit de pedes quaternos aut quinos, det per tremisse columnas quattuor: annonas ei non repotetur.“

Die Einfügung dieses longobardischen3) und vielleicht ältesten deutschen Baugesetzes möchte um so gerechtfertigter sein, als unter allen Wandervölkern die Longobarden zuerst und noch vor den Franken den Schritt zu derjenigen Form der Bedachung, zu dem gewölbten Dache gethan haben, welche die Seele der romanisch-gothischen oder romantischen Baukunst geworden ist. Wenngleich die Longobarden demnach als die nächsten und eigentlichen Vermittler zwischen der antiken und der mittelalterlichen, der romanisch-gothischen Baukunst erscheinen, haben dennoch die Baukunst nicht sie, sondern die Franken, oder vielmehr die Gallier nach Deutschland hinübergetragen, wie dieses wenigstens hinsichtlich der gothischen Baukunst stets mehr ausser Zweifel gestellt wird.4) So wird 1263 bis 1278 die Stiftskirche zu Wimpfen im Thal durch einen aus Paris gekommenen Baumeister erbaut, und zwar auf Verlangen des Dechanten „opere francigeno,“ d. h. in gothischem Styl, wie im Jahr

1) Rich unter Puteus.
2) Vergl. auch Rich unter axis ([fremdsprachliches Material]).
3) Auch von lombardischer Buchstabenschrift wird geredet; vergl. Mannert, I. S. 510.
4) Vergl. Verneilh, origine française de l’architecture ogivale – der Architektur mit Strebepfeilern (ogives) –, bei Didron annales archéologiques, II. ff.; Otte, Uebersiedelung des gothischen Baustyls aus Frankreich nach Deutschland, im Tüb. Kunstblatt für 1847, S. 115.
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[468/0488] „De puteum. Si quis puteum (Brunnen) 1) fecerit ad pedes centum, tollat exinde solidos XX; annonas ei non repotetur. Puteus autem de pedes XXXV, solidos quattuor; puteus vero de pedes viginti sex, solidos tres; puteus autem de pedes duodecim, solidum unum: annonas ei non repotetur.“ „De marmorarios. Si quis axes marmoreas (Marmorplatten zur Bekleidung der Wände und zu sonstigem Gebrauch) 2) fecerit, det pro solido uno pedes XXV. Et si columnas (dünne Säulchen, die vielfach zu Bauwerken verwandt wurden) fecerit de pedes quaternos aut quinos, det per tremisse columnas quattuor: annonas ei non repotetur.“ Die Einfügung dieses longobardischen 3) und vielleicht ältesten deutschen Baugesetzes möchte um so gerechtfertigter sein, als unter allen Wandervölkern die Longobarden zuerst und noch vor den Franken den Schritt zu derjenigen Form der Bedachung, zu dem gewölbten Dache gethan haben, welche die Seele der romanisch-gothischen oder romantischen Baukunst geworden ist. Wenngleich die Longobarden demnach als die nächsten und eigentlichen Vermittler zwischen der antiken und der mittelalterlichen, der romanisch-gothischen Baukunst erscheinen, haben dennoch die Baukunst nicht sie, sondern die Franken, oder vielmehr die Gallier nach Deutschland hinübergetragen, wie dieses wenigstens hinsichtlich der gothischen Baukunst stets mehr ausser Zweifel gestellt wird. 4) So wird 1263 bis 1278 die Stiftskirche zu Wimpfen im Thal durch einen aus Paris gekommenen Baumeister erbaut, und zwar auf Verlangen des Dechanten „opere francigeno,“ d. h. in gothischem Styl, wie im Jahr 1) Rich unter Puteus. 2) Vergl. auch Rich unter axis (_ ). 3) Auch von lombardischer Buchstabenschrift wird geredet; vergl. Mannert, I. S. 510. 4) Vergl. Verneilh, origine française de l’architecture ogivale – der Architektur mit Strebepfeilern (ogives) –, bei Didron annales archéologiques, II. ff.; Otte, Uebersiedelung des gothischen Baustyls aus Frankreich nach Deutschland, im Tüb. Kunstblatt für 1847, S. 115.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/488>, abgerufen am 16.07.2024.