Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

schen Zünften des deutschen Mittelalters die Architekten sowohl, als die Bildhauer mit den eigentlichen Steinmetzen in der Bauhütte zu einem Ganzen (corpus, corporatio, universitas) vereinigt erscheinen, liegt in der Natur und Eigenthümlichkeit der gothischen oder germanischen Baukunst selbst, welche erst in den Städten und in den bürgerlichen oder städtischen Zünften selbst emporblühte. Die gothische Baukunst ist wesentlich zugleich oder als solche Steinmetzkunst, Bildhauerkunst, das Steinwerk überhaupt nach der sehr passenden Benennung der gemeinen deutschen Steinmetzordnung, indem kein gothisches Gebäude ohne die in Stein gehauenen Bildwerke ausgeführt zu werden vermag oder nur aus der Zusammensetzung derselben besteht und mit ihrer Ueberladung und Uebertreibung zu Grunde ging. Daher bildeten die Steinmetzen. die Steinkünstler, die Steinwerker, die Metzen und Masonen den nothwendigen Kern, den Mittelpunkt der gothischen oder städtischen Bauhütten, Steinmetzhütten, und die Steinmetzen waren von selbst oder ihrem innersten Berufe nach Steinmetzen im engern Sinne und (gothische) Baumeister und Bildhauer. Daraus begreift es sich weiter, dass die Bauhütten schon seit dem Ende des 14ten Jahrh. und jedenfalls während des 15ten und im Anfange des 16ten Jahrh. hier früher, dort später mit der gothischen Baukunst selbst zerfallen mussten und zerfielen, wogegen die alten Kunststiele wieder in dem Renaissance-Style auflebten. Der gothische Styl war zur Zeit seiner Blüthe der allgemeine und allbeherrschende Kunststyl und machte sich alle übrigen bildenden Künste, besonders aber die Bildhauerei, Holzschnitzerei und den Erzguss, ja selbst zu einem grossen Theile die Malerei dienstbar,1) nahm diese als einen Bestandtheil, als eine Neben- und Hülfskunst in sich selbst auf, bis sie mit dem Aufkommen eines neuen Styles, des Renaissance-Styles die Selbstständigkeit errangen und sich von den Steinmetzen, den Steinwerkern oder Steinkünstlern sonderten. In der Geschichte der Zünfte im weitern Sinne, in den einzelnen Bestandtheilen derselben liegt

1) Ueber mittelalterliche Bildhauerkunst und Bildhauer in England vergl. Kunstbl. für 1847, S. 10 ff.

schen Zünften des deutschen Mittelalters die Architekten sowohl, als die Bildhauer mit den eigentlichen Steinmetzen in der Bauhütte zu einem Ganzen (corpus, corporatio, universitas) vereinigt erscheinen, liegt in der Natur und Eigenthümlichkeit der gothischen oder germanischen Baukunst selbst, welche erst in den Städten und in den bürgerlichen oder städtischen Zünften selbst emporblühte. Die gothische Baukunst ist wesentlich zugleich oder als solche Steinmetzkunst, Bildhauerkunst, das Steinwerk überhaupt nach der sehr passenden Benennung der gemeinen deutschen Steinmetzordnung, indem kein gothisches Gebäude ohne die in Stein gehauenen Bildwerke ausgeführt zu werden vermag oder nur aus der Zusammensetzung derselben besteht und mit ihrer Ueberladung und Uebertreibung zu Grunde ging. Daher bildeten die Steinmetzen. die Steinkünstler, die Steinwerker, die Metzen und Masonen den nothwendigen Kern, den Mittelpunkt der gothischen oder städtischen Bauhütten, Steinmetzhütten, und die Steinmetzen waren von selbst oder ihrem innersten Berufe nach Steinmetzen im engern Sinne und (gothische) Baumeister und Bildhauer. Daraus begreift es sich weiter, dass die Bauhütten schon seit dem Ende des 14ten Jahrh. und jedenfalls während des 15ten und im Anfange des 16ten Jahrh. hier früher, dort später mit der gothischen Baukunst selbst zerfallen mussten und zerfielen, wogegen die alten Kunststiele wieder in dem Renaissance-Style auflebten. Der gothische Styl war zur Zeit seiner Blüthe der allgemeine und allbeherrschende Kunststyl und machte sich alle übrigen bildenden Künste, besonders aber die Bildhauerei, Holzschnitzerei und den Erzguss, ja selbst zu einem grossen Theile die Malerei dienstbar,1) nahm diese als einen Bestandtheil, als eine Neben- und Hülfskunst in sich selbst auf, bis sie mit dem Aufkommen eines neuen Styles, des Renaissance-Styles die Selbstständigkeit errangen und sich von den Steinmetzen, den Steinwerkern oder Steinkünstlern sonderten. In der Geschichte der Zünfte im weitern Sinne, in den einzelnen Bestandtheilen derselben liegt

1) Ueber mittelalterliche Bildhauerkunst und Bildhauer in England vergl. Kunstbl. für 1847, S. 10 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0473" n="453"/>
schen</hi> Zünften des deutschen Mittelalters die Architekten sowohl, als die Bildhauer mit den eigentlichen Steinmetzen in der Bauhütte zu einem Ganzen (corpus, corporatio, universitas) vereinigt erscheinen, liegt in der Natur und Eigenthümlichkeit der gothischen oder germanischen Baukunst selbst, welche erst in den Städten und in den bürgerlichen oder städtischen Zünften selbst emporblühte. Die gothische Baukunst ist wesentlich zugleich oder als solche Steinmetzkunst, Bildhauerkunst, das <hi rendition="#g">Steinwerk</hi> überhaupt nach der sehr passenden Benennung der gemeinen deutschen Steinmetzordnung, indem kein gothisches Gebäude ohne die in Stein gehauenen Bildwerke ausgeführt zu werden vermag oder nur aus der Zusammensetzung derselben besteht und mit ihrer Ueberladung und Uebertreibung zu Grunde ging. Daher bildeten die Steinmetzen. die Steinkünstler, die Steinwerker, die Metzen und Masonen den nothwendigen Kern, den Mittelpunkt der gothischen oder städtischen Bauhütten, Steinmetzhütten, und die Steinmetzen waren von selbst oder ihrem innersten Berufe nach Steinmetzen im engern Sinne und (gothische) Baumeister und Bildhauer. Daraus begreift es sich weiter, dass die Bauhütten schon seit dem Ende des 14ten Jahrh. und jedenfalls während des 15ten und im Anfange des 16ten Jahrh. hier früher, dort später mit der gothischen Baukunst selbst zerfallen mussten und zerfielen, wogegen die alten Kunststiele wieder in dem Renaissance-Style auflebten. Der gothische Styl war zur Zeit seiner Blüthe der allgemeine und allbeherrschende Kunststyl und machte sich alle übrigen bildenden Künste, besonders aber die Bildhauerei, Holzschnitzerei und den Erzguss, ja selbst zu einem grossen Theile die Malerei dienstbar,<note place="foot" n="1)">Ueber mittelalterliche Bildhauerkunst und Bildhauer in England vergl. Kunstbl. für 1847, S. 10 ff.</note> nahm diese als einen Bestandtheil, als eine Neben- und Hülfskunst in sich selbst auf, bis sie mit dem Aufkommen eines neuen Styles, des Renaissance-Styles die Selbstständigkeit errangen und sich von den Steinmetzen, den Steinwerkern oder Steinkünstlern sonderten. In der Geschichte der Zünfte im weitern Sinne, in den einzelnen Bestandtheilen derselben liegt
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[453/0473] schen Zünften des deutschen Mittelalters die Architekten sowohl, als die Bildhauer mit den eigentlichen Steinmetzen in der Bauhütte zu einem Ganzen (corpus, corporatio, universitas) vereinigt erscheinen, liegt in der Natur und Eigenthümlichkeit der gothischen oder germanischen Baukunst selbst, welche erst in den Städten und in den bürgerlichen oder städtischen Zünften selbst emporblühte. Die gothische Baukunst ist wesentlich zugleich oder als solche Steinmetzkunst, Bildhauerkunst, das Steinwerk überhaupt nach der sehr passenden Benennung der gemeinen deutschen Steinmetzordnung, indem kein gothisches Gebäude ohne die in Stein gehauenen Bildwerke ausgeführt zu werden vermag oder nur aus der Zusammensetzung derselben besteht und mit ihrer Ueberladung und Uebertreibung zu Grunde ging. Daher bildeten die Steinmetzen. die Steinkünstler, die Steinwerker, die Metzen und Masonen den nothwendigen Kern, den Mittelpunkt der gothischen oder städtischen Bauhütten, Steinmetzhütten, und die Steinmetzen waren von selbst oder ihrem innersten Berufe nach Steinmetzen im engern Sinne und (gothische) Baumeister und Bildhauer. Daraus begreift es sich weiter, dass die Bauhütten schon seit dem Ende des 14ten Jahrh. und jedenfalls während des 15ten und im Anfange des 16ten Jahrh. hier früher, dort später mit der gothischen Baukunst selbst zerfallen mussten und zerfielen, wogegen die alten Kunststiele wieder in dem Renaissance-Style auflebten. Der gothische Styl war zur Zeit seiner Blüthe der allgemeine und allbeherrschende Kunststyl und machte sich alle übrigen bildenden Künste, besonders aber die Bildhauerei, Holzschnitzerei und den Erzguss, ja selbst zu einem grossen Theile die Malerei dienstbar, 1) nahm diese als einen Bestandtheil, als eine Neben- und Hülfskunst in sich selbst auf, bis sie mit dem Aufkommen eines neuen Styles, des Renaissance-Styles die Selbstständigkeit errangen und sich von den Steinmetzen, den Steinwerkern oder Steinkünstlern sonderten. In der Geschichte der Zünfte im weitern Sinne, in den einzelnen Bestandtheilen derselben liegt 1) Ueber mittelalterliche Bildhauerkunst und Bildhauer in England vergl. Kunstbl. für 1847, S. 10 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/473
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/473>, abgerufen am 25.11.2024.