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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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ten keine Hülfe mehr zu finden war, - das die Gerechtigkeit dort selbst in die Hand nahm, wo der Arm der bestehenden sonstigen Landes- und Reichsgerichte erlahmte, - es war gleichsam das Gericht letzter Instanz. Ueber Westphalen hinaus musste der Freischöffenbund durch Aufnahme nichtwestphälischer Freischöffen (scabini liberorum, auch liber-scabini) ausgedehnt werden, sollte auch dort Gerechtigkeit walten und gehandhabt werden, der Verbrecher, und wäre er der mächtigste, nicht ungestraft bleiben. Der Grundgedanke der westphälischen Freigerichte ist ein höchst idealer, aber eben deshalb auch leicht dem Missbrauch, der Ausartung und der Willkühr verfallender: die rücksichtsloseste und strengste Uebung der Gerechtigkeit, gewissermassen die Führung des Rache- und Strafschwertes in Gottes Namen und Stelle, - wie ihre eigenen Urkunden sagen, die rügend oder von Amtswegen erfolgende Bestrafung aller Verbrechen gegen die zehn Gebote Gottes und das h. Evangelium.1) Darin waren die westphälischen Gerichte von der Maurerei, von dem ächten Ritterthume abgewichen, dass sie nicht dem Himmel die Bestrafung des Sünders und Verbrechers überliessen; die westphälischen Gerichte, wenngleich sie ursprüngliche kaiserliche Gerichte2) gewesen sein mögen, waren nichts Gesetzliches und Absichtliches, sondern ein durch die allgemeine und besondere Stimmung der Zeit Erzeugtes und gingen daher mit dem eigentlichen Geiste des Mittelalters von selbst im Anfange des 16ten Jahrh. unter, indem die Carolina und die Territorialgerichte sie zuletzt begruben. Sie hatten wesentlich eine subsidiare Gerichtsbarkeit, mussten daher das Richten unterlassen, competent zu sein aufhören, sobald namentlich die landesherrlichen Gerichte subsidium gewährten oder versprachen.3) Der Freigraf, der Vorsitzer eines Freistuhles, musste in Westphalen geboren sein und ebenso konnte man nur in Westphalen zum Freischöffen aufgenommen oder geweiht

1) Wächter, S. 15 und 185.
2) Wächter, S. 12 und 203 oben; Trummer, Vorträge über Tortur u. s. w., I. (Hamburg 1844) S. 221.
3) Wächter, S. 187 ff.

ten keine Hülfe mehr zu finden war, – das die Gerechtigkeit dort selbst in die Hand nahm, wo der Arm der bestehenden sonstigen Landes- und Reichsgerichte erlahmte, – es war gleichsam das Gericht letzter Instanz. Ueber Westphalen hinaus musste der Freischöffenbund durch Aufnahme nichtwestphälischer Freischöffen (scabini liberorum, auch liber-scabini) ausgedehnt werden, sollte auch dort Gerechtigkeit walten und gehandhabt werden, der Verbrecher, und wäre er der mächtigste, nicht ungestraft bleiben. Der Grundgedanke der westphälischen Freigerichte ist ein höchst idealer, aber eben deshalb auch leicht dem Missbrauch, der Ausartung und der Willkühr verfallender: die rücksichtsloseste und strengste Uebung der Gerechtigkeit, gewissermassen die Führung des Rache- und Strafschwertes in Gottes Namen und Stelle, – wie ihre eigenen Urkunden sagen, die rügend oder von Amtswegen erfolgende Bestrafung aller Verbrechen gegen die zehn Gebote Gottes und das h. Evangelium.1) Darin waren die westphälischen Gerichte von der Maurerei, von dem ächten Ritterthume abgewichen, dass sie nicht dem Himmel die Bestrafung des Sünders und Verbrechers überliessen; die westphälischen Gerichte, wenngleich sie ursprüngliche kaiserliche Gerichte2) gewesen sein mögen, waren nichts Gesetzliches und Absichtliches, sondern ein durch die allgemeine und besondere Stimmung der Zeit Erzeugtes und gingen daher mit dem eigentlichen Geiste des Mittelalters von selbst im Anfange des 16ten Jahrh. unter, indem die Carolina und die Territorialgerichte sie zuletzt begruben. Sie hatten wesentlich eine subsidiare Gerichtsbarkeit, mussten daher das Richten unterlassen, competent zu sein aufhören, sobald namentlich die landesherrlichen Gerichte subsidium gewährten oder versprachen.3) Der Freigraf, der Vorsitzer eines Freistuhles, musste in Westphalen geboren sein und ebenso konnte man nur in Westphalen zum Freischöffen aufgenommen oder geweiht

1) Wächter, S. 15 und 185.
2) Wächter, S. 12 und 203 oben; Trummer, Vorträge über Tortur u. s. w., I. (Hamburg 1844) S. 221.
3) Wächter, S. 187 ff.
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[445/0465] ten keine Hülfe mehr zu finden war, – das die Gerechtigkeit dort selbst in die Hand nahm, wo der Arm der bestehenden sonstigen Landes- und Reichsgerichte erlahmte, – es war gleichsam das Gericht letzter Instanz. Ueber Westphalen hinaus musste der Freischöffenbund durch Aufnahme nichtwestphälischer Freischöffen (scabini liberorum, auch liber-scabini) ausgedehnt werden, sollte auch dort Gerechtigkeit walten und gehandhabt werden, der Verbrecher, und wäre er der mächtigste, nicht ungestraft bleiben. Der Grundgedanke der westphälischen Freigerichte ist ein höchst idealer, aber eben deshalb auch leicht dem Missbrauch, der Ausartung und der Willkühr verfallender: die rücksichtsloseste und strengste Uebung der Gerechtigkeit, gewissermassen die Führung des Rache- und Strafschwertes in Gottes Namen und Stelle, – wie ihre eigenen Urkunden sagen, die rügend oder von Amtswegen erfolgende Bestrafung aller Verbrechen gegen die zehn Gebote Gottes und das h. Evangelium. 1) Darin waren die westphälischen Gerichte von der Maurerei, von dem ächten Ritterthume abgewichen, dass sie nicht dem Himmel die Bestrafung des Sünders und Verbrechers überliessen; die westphälischen Gerichte, wenngleich sie ursprüngliche kaiserliche Gerichte 2) gewesen sein mögen, waren nichts Gesetzliches und Absichtliches, sondern ein durch die allgemeine und besondere Stimmung der Zeit Erzeugtes und gingen daher mit dem eigentlichen Geiste des Mittelalters von selbst im Anfange des 16ten Jahrh. unter, indem die Carolina und die Territorialgerichte sie zuletzt begruben. Sie hatten wesentlich eine subsidiare Gerichtsbarkeit, mussten daher das Richten unterlassen, competent zu sein aufhören, sobald namentlich die landesherrlichen Gerichte subsidium gewährten oder versprachen. 3) Der Freigraf, der Vorsitzer eines Freistuhles, musste in Westphalen geboren sein und ebenso konnte man nur in Westphalen zum Freischöffen aufgenommen oder geweiht 1) Wächter, S. 15 und 185. 2) Wächter, S. 12 und 203 oben; Trummer, Vorträge über Tortur u. s. w., I. (Hamburg 1844) S. 221. 3) Wächter, S. 187 ff.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/465>, abgerufen am 22.11.2024.