Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.der neuern Zeiten gemeinsamer Grundgedanke, den Aufzunehmenden umzuwandeln oder zu einem andern und bessern Menschen zu machen, weshalb sie denselben eben symbolisch sterben und wiedergeboren werden lassen, abgesehen von dem Glauben an die Unsterblichkeit und Wiederauferstehung. In diesem Sinne war z. B. in den alten Zeiten sogar die Einweihung zu einer Klosterjungfrau eingerichtet, indem derselben bei ihrer Einweihung über den Arm Erde, vermuthlich 3 Hände voll, geworfen wurde, um sie für diese Welt symbolisch oder moralisch zu beerdigen und wieder auferstehen zu lassen.1) Vielleicht sind die Mysterienreisen, die Reisen des Einzuweihenden, welche wesentlich Reinigungsreisen und Reinigungsmittel des noch unrein Gedachten sind, nur ein Nachklang oder ein Symbol der Seelenwanderungen, indem der Befleckte nach dem ägyptischen und indischen2) Glauben so lange in den verschiedensten Gestalten wiedergeboren werden und neu wandern, ringen und leiden musste, bis er endlich ganz gereinigt und der Rückkehr in den Himmel würdig war. Der Aufenthalt in der Unterwelt, in dem christlichen Fegefeuer und der Hölle ist ebenfalls nur eine Seelenwanderung, eine Reinigungsreise. Als ein merkwürdiger entstellter Nachklang dieser uralten Ansichten darf es angesehen werden, dass man zu Hornhausen im Halberstädtischen die jungen Gänse über das Feuer hält, damit sie gedeihen, - sie gleichsam von dem Sehlechten reinigt.3) Virgil, Aen. VI, 742, sagt: Infectum eluitur scelus, aut exuritur igni. Die Reinigung der Seele durch Feuer ist an einer kleinen Begräbnissurne in der Villa Mattei zu Rom vorgestellt durch die Liebe mit einem Schmetterlinge in der Hand, dem mit der andern Hand eine brennende Fackel vorgehalten wird.4) Aehnliche Darstellungen aus der spätern römischen Zeit finden sich auch anderwärts.5) Der sich selbst verbren- 1) Mohnike, altschwedische. Balladen, S. 218. 2) Robertson, historische Untersuchungen über die Kenntnise der Alten von Indien, übersetzt von G. Forster, Berlin 1792, S. 240. 3) Wolf, Zeitschr., I. S. 202. 4) Winckelmann, Allegorie, S. 78. 5) Schnaase, II. S. 509.
der neuern Zeiten gemeinsamer Grundgedanke, den Aufzunehmenden umzuwandeln oder zu einem andern und bessern Menschen zu machen, weshalb sie denselben eben symbolisch sterben und wiedergeboren werden lassen, abgesehen von dem Glauben an die Unsterblichkeit und Wiederauferstehung. In diesem Sinne war z. B. in den alten Zeiten sogar die Einweihung zu einer Klosterjungfrau eingerichtet, indem derselben bei ihrer Einweihung über den Arm Erde, vermuthlich 3 Hände voll, geworfen wurde, um sie für diese Welt symbolisch oder moralisch zu beerdigen und wieder auferstehen zu lassen.1) Vielleicht sind die Mysterienreisen, die Reisen des Einzuweihenden, welche wesentlich Reinigungsreisen und Reinigungsmittel des noch unrein Gedachten sind, nur ein Nachklang oder ein Symbol der Seelenwanderungen, indem der Befleckte nach dem ägyptischen und indischen2) Glauben so lange in den verschiedensten Gestalten wiedergeboren werden und neu wandern, ringen und leiden musste, bis er endlich ganz gereinigt und der Rückkehr in den Himmel würdig war. Der Aufenthalt in der Unterwelt, in dem christlichen Fegefeuer und der Hölle ist ebenfalls nur eine Seelenwanderung, eine Reinigungsreise. Als ein merkwürdiger entstellter Nachklang dieser uralten Ansichten darf es angesehen werden, dass man zu Hornhausen im Halberstädtischen die jungen Gänse über das Feuer hält, damit sie gedeihen, – sie gleichsam von dem Sehlechten reinigt.3) Virgil, Aen. VI, 742, sagt: Infectum eluitur scelus, aut exuritur igni. Die Reinigung der Seele durch Feuer ist an einer kleinen Begräbnissurne in der Villa Mattei zu Rom vorgestellt durch die Liebe mit einem Schmetterlinge in der Hand, dem mit der andern Hand eine brennende Fackel vorgehalten wird.4) Aehnliche Darstellungen aus der spätern römischen Zeit finden sich auch anderwärts.5) Der sich selbst verbren- 1) Mohnike, altschwedische. Balladen, S. 218. 2) Robertson, historische Untersuchungen über die Kenntnise der Alten von Indien, übersetzt von G. Forster, Berlin 1792, S. 240. 3) Wolf, Zeitschr., I. S. 202. 4) Winckelmann, Allegorie, S. 78. 5) Schnaase, II. S. 509.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0435" n="415"/> der neuern Zeiten gemeinsamer Grundgedanke, den Aufzunehmenden umzuwandeln oder zu einem andern und bessern Menschen zu machen, weshalb sie denselben eben symbolisch sterben und wiedergeboren werden lassen, abgesehen von dem Glauben an die Unsterblichkeit und Wiederauferstehung. In diesem Sinne war z. B. in den alten Zeiten sogar die Einweihung zu einer Klosterjungfrau eingerichtet, indem derselben bei ihrer Einweihung über den Arm Erde, vermuthlich 3 Hände voll, geworfen wurde, um sie für diese Welt symbolisch oder moralisch zu beerdigen und wieder auferstehen zu lassen.<note place="foot" n="1)">Mohnike, altschwedische. Balladen, S. 218.<lb/></note> Vielleicht sind die Mysterienreisen, die Reisen des Einzuweihenden, welche wesentlich Reinigungsreisen und Reinigungsmittel des noch unrein Gedachten sind, nur ein Nachklang oder ein Symbol der Seelenwanderungen, indem der Befleckte nach dem ägyptischen und indischen<note place="foot" n="2)">Robertson, historische Untersuchungen über die Kenntnise der Alten von Indien, übersetzt von G. Forster, Berlin 1792, S. 240.<lb/></note> Glauben so lange in den verschiedensten Gestalten wiedergeboren werden und neu wandern, ringen und leiden musste, bis er endlich ganz gereinigt und der Rückkehr in den Himmel würdig war. Der Aufenthalt in der Unterwelt, in dem christlichen Fegefeuer und der Hölle ist ebenfalls nur eine Seelenwanderung, eine Reinigungsreise. Als ein merkwürdiger entstellter Nachklang dieser uralten Ansichten darf es angesehen werden, dass man zu Hornhausen im Halberstädtischen die jungen Gänse über das Feuer hält, damit sie gedeihen, – sie gleichsam von dem Sehlechten reinigt.<note place="foot" n="3)">Wolf, Zeitschr., I. S. 202.<lb/></note> Virgil, Aen. VI, 742, sagt: Infectum eluitur scelus, aut exuritur igni. Die Reinigung der Seele durch Feuer ist an einer kleinen Begräbnissurne in der Villa Mattei zu Rom vorgestellt durch die Liebe mit einem Schmetterlinge in der Hand, dem mit der andern Hand eine brennende Fackel vorgehalten wird.<note place="foot" n="4)">Winckelmann, Allegorie, S. 78.<lb/></note> Aehnliche Darstellungen aus der spätern römischen Zeit finden sich auch anderwärts.<note place="foot" n="5)">Schnaase, II. S. 509.</note> Der sich selbst verbren- </p> </div> </body> </text> </TEI> [415/0435]
der neuern Zeiten gemeinsamer Grundgedanke, den Aufzunehmenden umzuwandeln oder zu einem andern und bessern Menschen zu machen, weshalb sie denselben eben symbolisch sterben und wiedergeboren werden lassen, abgesehen von dem Glauben an die Unsterblichkeit und Wiederauferstehung. In diesem Sinne war z. B. in den alten Zeiten sogar die Einweihung zu einer Klosterjungfrau eingerichtet, indem derselben bei ihrer Einweihung über den Arm Erde, vermuthlich 3 Hände voll, geworfen wurde, um sie für diese Welt symbolisch oder moralisch zu beerdigen und wieder auferstehen zu lassen. 1) Vielleicht sind die Mysterienreisen, die Reisen des Einzuweihenden, welche wesentlich Reinigungsreisen und Reinigungsmittel des noch unrein Gedachten sind, nur ein Nachklang oder ein Symbol der Seelenwanderungen, indem der Befleckte nach dem ägyptischen und indischen 2) Glauben so lange in den verschiedensten Gestalten wiedergeboren werden und neu wandern, ringen und leiden musste, bis er endlich ganz gereinigt und der Rückkehr in den Himmel würdig war. Der Aufenthalt in der Unterwelt, in dem christlichen Fegefeuer und der Hölle ist ebenfalls nur eine Seelenwanderung, eine Reinigungsreise. Als ein merkwürdiger entstellter Nachklang dieser uralten Ansichten darf es angesehen werden, dass man zu Hornhausen im Halberstädtischen die jungen Gänse über das Feuer hält, damit sie gedeihen, – sie gleichsam von dem Sehlechten reinigt. 3) Virgil, Aen. VI, 742, sagt: Infectum eluitur scelus, aut exuritur igni. Die Reinigung der Seele durch Feuer ist an einer kleinen Begräbnissurne in der Villa Mattei zu Rom vorgestellt durch die Liebe mit einem Schmetterlinge in der Hand, dem mit der andern Hand eine brennende Fackel vorgehalten wird. 4) Aehnliche Darstellungen aus der spätern römischen Zeit finden sich auch anderwärts. 5) Der sich selbst verbren-
1) Mohnike, altschwedische. Balladen, S. 218.
2) Robertson, historische Untersuchungen über die Kenntnise der Alten von Indien, übersetzt von G. Forster, Berlin 1792, S. 240.
3) Wolf, Zeitschr., I. S. 202.
4) Winckelmann, Allegorie, S. 78.
5) Schnaase, II. S. 509.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |