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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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Kirche und Kirchhof hatten. Sodann scheint hier bestätigt zu werden, dass wie aueh bei den Maurern,1) der h. Johannes oft von den christlich gewordenen römischen Corporationen an die Stelle des alten Genius der Corporation gesetzt worden Depping nennt die Fleischercorporation die älteste zu Paris.

Bei der Frage, ob unter den Germanen in Gallien die römischen Einrichtungen, die römischen Künste und Handwerke Eingang und Schutz gefunden haben, ist noch wesentlich in Betracht zu ziehen, dass anfänglich die Germanen und namentlich die Westgothen und Burgunder gar nicht immer als feindliche und zerstörende Eroberer, sondern nicht selten in Folge besonderer Verträge und Bewilligung in das römische Reich sich zugelassen und aufgenommen befanden.2) Ferner waren die römischen Einrichtungen, das römische Recht, Leben und Wissen mit der zur Zeit der germanischen Einwanderungen bereits sehr mächtigen und einflussreichen christlichen Kirche innig verbunden und verwachsen,3) weshalb, sobald die Germanen zu dem Cluistenthum überzugehen anfingen, sie mit diesem auch die römische Gesittung annahmen, und jedenfalls dieser nur insoweit feindlich und beschränkend entgegentraten, als es die eigene Herrschaft und das eigene Recht erforderte oder zu erfordern schien. Die privatrechtlichen Corporationen, die Handwerksgenossenschaften konnten sehr wohl fortbestehen, wenn ihnen keinerlei öffentliche Rechte und Einflüsse zugestanden wurden, und bestanden um so eher und leichter fort, als in den ersten Jahrhunderten nach Christus auch die christlichen Gemeinden und Kirchen blosse privatrechtliche Corporationen waren, so dass diese mit sich auch jene vertheidigten und beschützten. Ganz besondere Beachtung verdient auch, dass die Klöster und Mönche des frühern Mittelalters recht eigentlich die Gründer und Träger der bürgerlichen Handwerke und Handwerker, und dadurch mittelbar auch des städtischen Lebens und der Städte geworden sind.4)

1) Vergl. meine Abbandlung in Nr. 49 der Bauhütte für 1861.
2) Thierry, recits, I. S. 97 ff.
3) Warnkoenig, S. 136 ff.
4) Hüllmann, Ursprünge der Kirchenverfassung, S. 145.

Kirche und Kirchhof hatten. Sodann scheint hier bestätigt zu werden, dass wie aueh bei den Maurern,1) der h. Johannes oft von den christlich gewordenen römischen Corporationen an die Stelle des alten Genius der Corporation gesetzt worden Depping nennt die Fleischercorporation die älteste zu Paris.

Bei der Frage, ob unter den Germanen in Gallien die römischen Einrichtungen, die römischen Künste und Handwerke Eingang und Schutz gefunden haben, ist noch wesentlich in Betracht zu ziehen, dass anfänglich die Germanen und namentlich die Westgothen und Burgunder gar nicht immer als feindliche und zerstörende Eroberer, sondern nicht selten in Folge besonderer Verträge und Bewilligung in das römische Reich sich zugelassen und aufgenommen befanden.2) Ferner waren die römischen Einrichtungen, das römische Recht, Leben und Wissen mit der zur Zeit der germanischen Einwanderungen bereits sehr mächtigen und einflussreichen christlichen Kirche innig verbunden und verwachsen,3) weshalb, sobald die Germanen zu dem Cluistenthum überzugehen anfingen, sie mit diesem auch die römische Gesittung annahmen, und jedenfalls dieser nur insoweit feindlich und beschränkend entgegentraten, als es die eigene Herrschaft und das eigene Recht erforderte oder zu erfordern schien. Die privatrechtlichen Corporationen, die Handwerksgenossenschaften konnten sehr wohl fortbestehen, wenn ihnen keinerlei öffentliche Rechte und Einflüsse zugestanden wurden, und bestanden um so eher und leichter fort, als in den ersten Jahrhunderten nach Christus auch die christlichen Gemeinden und Kirchen blosse privatrechtliche Corporationen waren, so dass diese mit sich auch jene vertheidigten und beschützten. Ganz besondere Beachtung verdient auch, dass die Klöster und Mönche des frühern Mittelalters recht eigentlich die Gründer und Träger der bürgerlichen Handwerke und Handwerker, und dadurch mittelbar auch des städtischen Lebens und der Städte geworden sind.4)

1) Vergl. meine Abbandlung in Nr. 49 der Bauhütte für 1861.
2) Thierry, récits, I. S. 97 ff.
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4) Hüllmann, Ursprünge der Kirchenverfassung, S. 145.
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[229/0249] Kirche und Kirchhof hatten. Sodann scheint hier bestätigt zu werden, dass wie aueh bei den Maurern, 1) der h. Johannes oft von den christlich gewordenen römischen Corporationen an die Stelle des alten Genius der Corporation gesetzt worden Depping nennt die Fleischercorporation die älteste zu Paris. Bei der Frage, ob unter den Germanen in Gallien die römischen Einrichtungen, die römischen Künste und Handwerke Eingang und Schutz gefunden haben, ist noch wesentlich in Betracht zu ziehen, dass anfänglich die Germanen und namentlich die Westgothen und Burgunder gar nicht immer als feindliche und zerstörende Eroberer, sondern nicht selten in Folge besonderer Verträge und Bewilligung in das römische Reich sich zugelassen und aufgenommen befanden. 2) Ferner waren die römischen Einrichtungen, das römische Recht, Leben und Wissen mit der zur Zeit der germanischen Einwanderungen bereits sehr mächtigen und einflussreichen christlichen Kirche innig verbunden und verwachsen, 3) weshalb, sobald die Germanen zu dem Cluistenthum überzugehen anfingen, sie mit diesem auch die römische Gesittung annahmen, und jedenfalls dieser nur insoweit feindlich und beschränkend entgegentraten, als es die eigene Herrschaft und das eigene Recht erforderte oder zu erfordern schien. Die privatrechtlichen Corporationen, die Handwerksgenossenschaften konnten sehr wohl fortbestehen, wenn ihnen keinerlei öffentliche Rechte und Einflüsse zugestanden wurden, und bestanden um so eher und leichter fort, als in den ersten Jahrhunderten nach Christus auch die christlichen Gemeinden und Kirchen blosse privatrechtliche Corporationen waren, so dass diese mit sich auch jene vertheidigten und beschützten. Ganz besondere Beachtung verdient auch, dass die Klöster und Mönche des frühern Mittelalters recht eigentlich die Gründer und Träger der bürgerlichen Handwerke und Handwerker, und dadurch mittelbar auch des städtischen Lebens und der Städte geworden sind. 4) 1) Vergl. meine Abbandlung in Nr. 49 der Bauhütte für 1861. 2) Thierry, récits, I. S. 97 ff. 3) Warnkoenig, S. 136 ff. 4) Hüllmann, Ursprünge der Kirchenverfassung, S. 145.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/249>, abgerufen am 22.11.2024.