Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite
IV.
Die römischen Collegien und ihre Fortdauer in den gallischen Städten.

Von den römischen Collegien wurde schon weitläufiger in der Symbolik. II. S. 243 ff., gehandelt, und es muss das dort Beigebrachte als hier bekannt vorausgesetzt werden. Um das tiefere und höhere Wesen der römischen ColIegien und ihre Fortbildungen und Umänderungen bei den christlichen Völkern und in den christlichen Zeiten zu verstehen, muss davon ausgegangen worden, dass sie Genossenschaften, religiöse Vereine und Bruderschaften zur gemeinsamen Verehrung einer bestimmten Gottheit (collegia sacra) mit eigenthümlichem Gottesdienste und eigenthümlichen Heiligthümern (sacra) gewesen seien. Die ältesten und ursprünglichsten menschlichen Vereine sind die religiösen, die priesterlichen, die auf dem gleichen Glauben beruhenden, daher die Priesterherrschaften den übrigen Herrschaften vorausgehen. Die Collegien waren ursprünglich die natürlichen Verbindungen der zu einem und demselben Geschleehte Gehörigen, welche als solche auch den gleichen Glauben und die gleiche Lebensbeschäftigung hatten: die Abstammung, der Glaube und die Lebensbeschäftigung knüpften die Menschen gleich stark und näher an einander. Die Priestereollegien sind die ersten Anfänge, die ersten Regungen der Staatenbildung und die Priestercollegien der Fratrum Arvalium und sodalium Titiorum haben bei den Römern allen spätern Collegien zum Vorbilde gedient. Sobald die Staatenbildung weiter vorangeschritten war, die menschlichen Vereine eine wirklich staatliche und rechtliche Natur und Zweckbestimmung angenommen hatten, musste das Religiöse, das Kirchliche sich dem Staatlichen, dem Gewerblichen unterordnen und die Collegien waren jetzt Gewerbsvereine mit zugleich gemeinschaftlichen Göttern und Gottesdiensten. Die gleiche Geschlechtsabstammung konnte nicht mehr festgehalten werden; in den Gewerbs-, in den

IV.
Die römischen Collegien und ihre Fortdauer in den gallischen Städten.

Von den römischen Collegien wurde schon weitläufiger in der Symbolik. II. S. 243 ff., gehandelt, und es muss das dort Beigebrachte als hier bekannt vorausgesetzt werden. Um das tiefere und höhere Wesen der römischen ColIegien und ihre Fortbildungen und Umänderungen bei den christlichen Völkern und in den christlichen Zeiten zu verstehen, muss davon ausgegangen worden, dass sie Genossenschaften, religiöse Vereine und Bruderschaften zur gemeinsamen Verehrung einer bestimmten Gottheit (collegia sacra) mit eigenthümlichem Gottesdienste und eigenthümlichen Heiligthümern (sacra) gewesen seien. Die ältesten und ursprünglichsten menschlichen Vereine sind die religiösen, die priesterlichen, die auf dem gleichen Glauben beruhenden, daher die Priesterherrschaften den übrigen Herrschaften vorausgehen. Die Collegien waren ursprünglich die natürlichen Verbindungen der zu einem und demselben Geschleehte Gehörigen, welche als solche auch den gleichen Glauben und die gleiche Lebensbeschäftigung hatten: die Abstammung, der Glaube und die Lebensbeschäftigung knüpften die Menschen gleich stark und näher an einander. Die Priestereollegien sind die ersten Anfänge, die ersten Regungen der Staatenbildung und die Priestercollegien der Fratrum Arvalium und sodalium Titiorum haben bei den Römern allen spätern Collegien zum Vorbilde gedient. Sobald die Staatenbildung weiter vorangeschritten war, die menschlichen Vereine eine wirklich staatliche und rechtliche Natur und Zweckbestimmung angenommen hatten, musste das Religiöse, das Kirchliche sich dem Staatlichen, dem Gewerblichen unterordnen und die Collegien waren jetzt Gewerbsvereine mit zugleich gemeinschaftlichen Göttern und Gottesdiensten. Die gleiche Geschlechtsabstammung konnte nicht mehr festgehalten werden; in den Gewerbs-, in den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0241" n="221"/>
      <div n="1">
        <head>IV.<lb/>
Die römischen Collegien und ihre Fortdauer in den gallischen Städten.</head><lb/>
        <p>
 Von den römischen Collegien wurde schon weitläufiger in der Symbolik. II. S. 243 ff., gehandelt, und es muss das dort Beigebrachte als hier bekannt vorausgesetzt werden. Um das tiefere und höhere Wesen der römischen ColIegien und ihre Fortbildungen und Umänderungen bei den christlichen Völkern und in den christlichen Zeiten zu verstehen, muss davon ausgegangen worden, dass sie Genossenschaften, religiöse Vereine und Bruderschaften zur gemeinsamen Verehrung einer bestimmten Gottheit (collegia sacra) mit eigenthümlichem Gottesdienste und eigenthümlichen Heiligthümern (sacra) gewesen seien. Die ältesten und ursprünglichsten menschlichen Vereine sind die religiösen, die priesterlichen, die auf dem gleichen Glauben beruhenden, daher die Priesterherrschaften den übrigen Herrschaften vorausgehen. Die Collegien waren ursprünglich die natürlichen Verbindungen der zu einem und demselben Geschleehte Gehörigen, welche als solche auch den gleichen Glauben und die gleiche Lebensbeschäftigung hatten: die Abstammung, der Glaube und die Lebensbeschäftigung knüpften die Menschen gleich stark und näher an einander. Die Priestereollegien sind die ersten Anfänge, die ersten Regungen der Staatenbildung und die Priestercollegien der Fratrum Arvalium und sodalium Titiorum haben bei den Römern allen spätern Collegien zum Vorbilde gedient. Sobald die Staatenbildung weiter vorangeschritten war, die menschlichen Vereine eine wirklich staatliche und rechtliche Natur und Zweckbestimmung angenommen hatten, musste das Religiöse, das Kirchliche sich dem Staatlichen, dem Gewerblichen unterordnen und die Collegien waren jetzt Gewerbsvereine mit zugleich gemeinschaftlichen Göttern und Gottesdiensten. Die gleiche Geschlechtsabstammung konnte nicht mehr festgehalten werden; in den Gewerbs-, in den
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0241] IV. Die römischen Collegien und ihre Fortdauer in den gallischen Städten. Von den römischen Collegien wurde schon weitläufiger in der Symbolik. II. S. 243 ff., gehandelt, und es muss das dort Beigebrachte als hier bekannt vorausgesetzt werden. Um das tiefere und höhere Wesen der römischen ColIegien und ihre Fortbildungen und Umänderungen bei den christlichen Völkern und in den christlichen Zeiten zu verstehen, muss davon ausgegangen worden, dass sie Genossenschaften, religiöse Vereine und Bruderschaften zur gemeinsamen Verehrung einer bestimmten Gottheit (collegia sacra) mit eigenthümlichem Gottesdienste und eigenthümlichen Heiligthümern (sacra) gewesen seien. Die ältesten und ursprünglichsten menschlichen Vereine sind die religiösen, die priesterlichen, die auf dem gleichen Glauben beruhenden, daher die Priesterherrschaften den übrigen Herrschaften vorausgehen. Die Collegien waren ursprünglich die natürlichen Verbindungen der zu einem und demselben Geschleehte Gehörigen, welche als solche auch den gleichen Glauben und die gleiche Lebensbeschäftigung hatten: die Abstammung, der Glaube und die Lebensbeschäftigung knüpften die Menschen gleich stark und näher an einander. Die Priestereollegien sind die ersten Anfänge, die ersten Regungen der Staatenbildung und die Priestercollegien der Fratrum Arvalium und sodalium Titiorum haben bei den Römern allen spätern Collegien zum Vorbilde gedient. Sobald die Staatenbildung weiter vorangeschritten war, die menschlichen Vereine eine wirklich staatliche und rechtliche Natur und Zweckbestimmung angenommen hatten, musste das Religiöse, das Kirchliche sich dem Staatlichen, dem Gewerblichen unterordnen und die Collegien waren jetzt Gewerbsvereine mit zugleich gemeinschaftlichen Göttern und Gottesdiensten. Die gleiche Geschlechtsabstammung konnte nicht mehr festgehalten werden; in den Gewerbs-, in den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/241
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/241>, abgerufen am 22.12.2024.