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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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dem Ausdrucke Tittmanns, S. 634, eine willkührliche), weshalb auch die 12 Phratrien oder Bezirke 12 Bezirkshauptstädte hatten: aber die hier erscheinenden Vereine hatten eine noch ältere religiöse und vielleicht auch politische Unterlage. Die Stämme, Phratrien und Geschlechter hatten je ihre besondern Schutzgötter mit einem eigenen Kultus derselben, was Theseus nicht neu einführte, sondem schon vorfand und nur fortbestehen liess. Die ionischen oder pelasgischen Stämme, welche seit Theseus den attischen Gesammtstaat ausmachten, waren nach Attika in älteren Zeiten eingewandert und brachten aus ihren früheren Sitzen ihre Familien- und Volksgottheiten mit, deren Verehrung sie heilig bewahrten. Vor Theseus war nun der attische Staat wohl nur ein Völker- und Städtebund,1) ein Fürstenbund, bestehend aus 4 Volksstämmen mit je 3 Bundesstädten und Bundesfürsten. Theseus verwandelte den Stämme- und Städtebund in einen Staat, welcher die frühern selbständigen Bundesglieder als die Theile des einen und untheilbaren attischen Staates umfasste, obwohl ihnen ihre angestammten Gottheiten und besondern Gottesdienste noch belassen wurden. Die 12 ursprünglichen Bundesstädte und jetzigen 12 Staatsbezirke waren vielleicht ursprünglich 12 kleinere Völkerschaften, besondere Volksstämme oder grössere Geschlechter, welche nicht allein in religiösem, sondern auch in militärischem Verbande mit einander standen, 12 Heeresabtheilungen waren, welche erobernd nach Attika einzogen, dort sich niederliessen und 12 Städte und Staaten gründeten. Die einzelnen Stämme zerfielen natürlich in eine Anzahl von verwandten Geschlechtern, welche erblich gewisse Beschäftigungen, die Viehzucht, den Ackerbau und die Gewerbe betrieben haben mögen, auch den Ureinwohnern, soweit sie dieselben nicht verdrängt hatten, gewiss feindlich gegenüber standen. Theseus bestimmte die Zahl der Geschlechter einer jeden Phratrie auf 30 und vertheilte in diese Anzahl alle Bewohner einer bestimmten Gegend, mochten sie auch nicht gerade verwandt zusammen sein, oder nicht denselben Beruf betreiben. Die Volkseintheilung des

1) Hermann, §. 98.

dem Ausdrucke Tittmanns, S. 634, eine willkührliche), weshalb auch die 12 Phratrien oder Bezirke 12 Bezirkshauptstädte hatten: aber die hier erscheinenden Vereine hatten eine noch ältere religiöse und vielleicht auch politische Unterlage. Die Stämme, Phratrien und Geschlechter hatten je ihre besondern Schutzgötter mit einem eigenen Kultus derselben, was Theseus nicht neu einführte, sondem schon vorfand und nur fortbestehen liess. Die ionischen oder pelasgischen Stämme, welche seit Theseus den attischen Gesammtstaat ausmachten, waren nach Attika in älteren Zeiten eingewandert und brachten aus ihren früheren Sitzen ihre Familien- und Volksgottheiten mit, deren Verehrung sie heilig bewahrten. Vor Theseus war nun der attische Staat wohl nur ein Völker- und Städtebund,1) ein Fürstenbund, bestehend aus 4 Volksstämmen mit je 3 Bundesstädten und Bundesfürsten. Theseus verwandelte den Stämme- und Städtebund in einen Staat, welcher die frühern selbständigen Bundesglieder als die Theile des einen und untheilbaren attischen Staates umfasste, obwohl ihnen ihre angestammten Gottheiten und besondern Gottesdienste noch belassen wurden. Die 12 ursprünglichen Bundesstädte und jetzigen 12 Staatsbezirke waren vielleicht ursprünglich 12 kleinere Völkerschaften, besondere Volksstämme oder grössere Geschlechter, welche nicht allein in religiösem, sondern auch in militärischem Verbande mit einander standen, 12 Heeresabtheilungen waren, welche erobernd nach Attika einzogen, dort sich niederliessen und 12 Städte und Staaten gründeten. Die einzelnen Stämme zerfielen natürlich in eine Anzahl von verwandten Geschlechtern, welche erblich gewisse Beschäftigungen, die Viehzucht, den Ackerbau und die Gewerbe betrieben haben mögen, auch den Ureinwohnern, soweit sie dieselben nicht verdrängt hatten, gewiss feindlich gegenüber standen. Theseus bestimmte die Zahl der Geschlechter einer jeden Phratrie auf 30 und vertheilte in diese Anzahl alle Bewohner einer bestimmten Gegend, mochten sie auch nicht gerade verwandt zusammen sein, oder nicht denselben Beruf betreiben. Die Volkseintheilung des

1) Hermann, §. 98.
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[81/0101] dem Ausdrucke Tittmanns, S. 634, eine willkührliche), weshalb auch die 12 Phratrien oder Bezirke 12 Bezirkshauptstädte hatten: aber die hier erscheinenden Vereine hatten eine noch ältere religiöse und vielleicht auch politische Unterlage. Die Stämme, Phratrien und Geschlechter hatten je ihre besondern Schutzgötter mit einem eigenen Kultus derselben, was Theseus nicht neu einführte, sondem schon vorfand und nur fortbestehen liess. Die ionischen oder pelasgischen Stämme, welche seit Theseus den attischen Gesammtstaat ausmachten, waren nach Attika in älteren Zeiten eingewandert und brachten aus ihren früheren Sitzen ihre Familien- und Volksgottheiten mit, deren Verehrung sie heilig bewahrten. Vor Theseus war nun der attische Staat wohl nur ein Völker- und Städtebund, 1) ein Fürstenbund, bestehend aus 4 Volksstämmen mit je 3 Bundesstädten und Bundesfürsten. Theseus verwandelte den Stämme- und Städtebund in einen Staat, welcher die frühern selbständigen Bundesglieder als die Theile des einen und untheilbaren attischen Staates umfasste, obwohl ihnen ihre angestammten Gottheiten und besondern Gottesdienste noch belassen wurden. Die 12 ursprünglichen Bundesstädte und jetzigen 12 Staatsbezirke waren vielleicht ursprünglich 12 kleinere Völkerschaften, besondere Volksstämme oder grössere Geschlechter, welche nicht allein in religiösem, sondern auch in militärischem Verbande mit einander standen, 12 Heeresabtheilungen waren, welche erobernd nach Attika einzogen, dort sich niederliessen und 12 Städte und Staaten gründeten. Die einzelnen Stämme zerfielen natürlich in eine Anzahl von verwandten Geschlechtern, welche erblich gewisse Beschäftigungen, die Viehzucht, den Ackerbau und die Gewerbe betrieben haben mögen, auch den Ureinwohnern, soweit sie dieselben nicht verdrängt hatten, gewiss feindlich gegenüber standen. Theseus bestimmte die Zahl der Geschlechter einer jeden Phratrie auf 30 und vertheilte in diese Anzahl alle Bewohner einer bestimmten Gegend, mochten sie auch nicht gerade verwandt zusammen sein, oder nicht denselben Beruf betreiben. Die Volkseintheilung des 1) Hermann, §. 98.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/101>, abgerufen am 25.11.2024.