Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

elben gewesen.1) Nach einer Sage aus Pyrmont verspricht ein Graf einer wunderschönen Frau, einer Elbin, neun Tage mit ihr im Wasser zu wohnen und nur am zehnten auf die Erde heraufzukommen.2) Es ist dieses eine Umbildung der Mythe von Njördr und Skadi, welche, abwechselnd neun Nächte auf den waldigen Höhen in Thrymheim und drei in Noatun, im Meere verbringen. In der schottischen Ballade wird jung Tamlan von der schönen Elbin mit in ihr Reich gezogen und erst im neunten Jahr reitet er zu seinem Oheim.3) - Ein Knecht in Tyrol, welcher eine melkende Elbin mit seinem Bergstoek erschlug, wurde wahnsinnig; am folgenden Abend hörte er eine Stimme, die rief: "Alle neun Reiche auf! Elbe (?) ist todt!" Da stürzte er sich in den See.4) - Vermuthlich hatte es auch einen religiösen oder symbolischen Grund, dass nach der dem König Numa zugeschriebenen Einführung und Eintheilung der römischen Zünfte neun Zünfte waren.5)

An die Gebräuche der maurerischen Meisteraufnahme schliessen sich aus den heidnischen Zeiten noch erhaltene deutsche Volksgebräuche erläuternd an. Die Sonne kehrt sich nicht erst in der Herbsttag- und Nachtgleiche um, sondern hat sich schon in der Sommersonnenwende, am Johannistage gewendet, umgekehrt. In dem oberharzischen Bergdorfe Lerbach werden zu Johanni von den Kindern kleine Tannenbäume ausgeschmückt; diese drehen sie von der Linken zur Rechten (wie die Sonne geht) und singen dazu: "Die Jungfer (die Sonne) hat sich umgedreht." Aehnliche Umdrehungslieder, verbunden mit entsprechenden Kinderspielen, werden in andern Gegenden des Harzes gesungen,6) wie die Sonnenwenden, besonders auch die heilige Julzeit,7) nur von dem Umwenden

1) Wolf, Il. S. 231.
2) Wolf, II. S. 234.
3) Wolf, II. S. 258.
4) Wolf, II. S. 280.
5) Vergl. H. Göll, Handwerker, Fabrikanten und Zünfte bei den Griechen und Römern, in Nro. 34 und 35 des Auslandes für 1861.
6) Wolf, Zeitschr. für deutsche Mythologie, I. S. 81.
7) Oben I. S. 193.

elben gewesen.1) Nach einer Sage aus Pyrmont verspricht ein Graf einer wunderschönen Frau, einer Elbin, neun Tage mit ihr im Wasser zu wohnen und nur am zehnten auf die Erde heraufzukommen.2) Es ist dieses eine Umbildung der Mythe von Njördr und Skadi, welche, abwechselnd neun Nächte auf den waldigen Höhen in Thrymheim und drei in Noatun, im Meere verbringen. In der schottischen Ballade wird jung Tamlan von der schönen Elbin mit in ihr Reich gezogen und erst im neunten Jahr reitet er zu seinem Oheim.3) – Ein Knecht in Tyrol, welcher eine melkende Elbin mit seinem Bergstoek erschlug, wurde wahnsinnig; am folgenden Abend hörte er eine Stimme, die rief: „Alle neun Reiche auf! Elbe (?) ist todt!“ Da stürzte er sich in den See.4) – Vermuthlich hatte es auch einen religiösen oder symbolischen Grund, dass nach der dem König Numa zugeschriebenen Einführung und Eintheilung der römischen Zünfte neun Zünfte waren.5)

An die Gebräuche der maurerischen Meisteraufnahme schliessen sich aus den heidnischen Zeiten noch erhaltene deutsche Volksgebräuche erläuternd an. Die Sonne kehrt sich nicht erst in der Herbsttag- und Nachtgleiche um, sondern hat sich schon in der Sommersonnenwende, am Johannistage gewendet, umgekehrt. In dem oberharzischen Bergdorfe Lerbach werden zu Johanni von den Kindern kleine Tannenbäume ausgeschmückt; diese drehen sie von der Linken zur Rechten (wie die Sonne geht) und singen dazu: „Die Jungfer (die Sonne) hat sich umgedreht.“ Aehnliche Umdrehungslieder, verbunden mit entsprechenden Kinderspielen, werden in andern Gegenden des Harzes gesungen,6) wie die Sonnenwenden, besonders auch die heilige Julzeit,7) nur von dem Umwenden

1) Wolf, Il. S. 231.
2) Wolf, II. S. 234.
3) Wolf, II. S. 258.
4) Wolf, II. S. 280.
5) Vergl. H. Göll, Handwerker, Fabrikanten und Zünfte bei den Griechen und Römern, in Nro. 34 und 35 des Auslandes für 1861.
6) Wolf, Zeitschr. für deutsche Mythologie, I. S. 81.
7) Oben I. S. 193.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0780" n="760"/>
elben gewesen.<note place="foot" n="1)">Wolf, Il. S. 231.<lb/></note> Nach einer Sage aus Pyrmont verspricht ein Graf einer wunderschönen Frau, einer Elbin, neun Tage mit ihr im Wasser zu wohnen und nur am zehnten auf die Erde heraufzukommen.<note place="foot" n="2)">Wolf, II. S. 234.<lb/></note> Es ist dieses eine Umbildung der Mythe von Njördr und Skadi, welche, abwechselnd neun Nächte auf den waldigen Höhen in Thrymheim und drei in Noatun, im Meere verbringen. In der schottischen Ballade wird jung Tamlan von der schönen Elbin mit in ihr Reich gezogen und erst im neunten Jahr reitet er zu seinem Oheim.<note place="foot" n="3)">Wolf, II. S. 258.<lb/></note> &#x2013; Ein Knecht in Tyrol, welcher eine melkende Elbin mit seinem Bergstoek erschlug, wurde wahnsinnig; am folgenden Abend hörte er eine Stimme, die rief: &#x201E;Alle neun Reiche auf! Elbe (?) ist todt!&#x201C; Da stürzte er sich in den See.<note place="foot" n="4)">Wolf, II. S. 280.<lb/></note> &#x2013; Vermuthlich hatte es auch einen religiösen oder symbolischen Grund, dass nach der dem König Numa zugeschriebenen Einführung und Eintheilung der römischen Zünfte neun Zünfte waren.<note place="foot" n="5)">Vergl. H. Göll, Handwerker, Fabrikanten und Zünfte bei den Griechen und Römern, in Nro. 34 und 35 des Auslandes für 1861.<lb/></note></p>
        <p>
     An die Gebräuche der maurerischen Meisteraufnahme schliessen sich aus den heidnischen Zeiten noch erhaltene deutsche Volksgebräuche erläuternd an. Die Sonne kehrt sich nicht erst in der Herbsttag- und Nachtgleiche um, sondern hat sich schon in der Sommersonnenwende, am Johannistage <hi rendition="#g">gewendet, umgekehrt</hi>. In dem oberharzischen Bergdorfe Lerbach werden zu Johanni von den Kindern kleine Tannenbäume ausgeschmückt; diese drehen sie von der Linken zur Rechten (wie die Sonne geht) und singen dazu: &#x201E;<hi rendition="#g">Die Jungfer</hi> (die Sonne) <hi rendition="#g">hat sich umgedreht</hi>.&#x201C; Aehnliche Umdrehungslieder, verbunden mit entsprechenden Kinderspielen, werden in andern Gegenden des Harzes gesungen,<note place="foot" n="6)">Wolf, Zeitschr. für deutsche Mythologie, I. S. 81.<lb/></note> wie die Sonnenwenden, besonders auch die heilige Julzeit,<note place="foot" n="7)">Oben I. S. 193.<lb/></note> nur von dem Umwenden
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[760/0780] elben gewesen. 1) Nach einer Sage aus Pyrmont verspricht ein Graf einer wunderschönen Frau, einer Elbin, neun Tage mit ihr im Wasser zu wohnen und nur am zehnten auf die Erde heraufzukommen. 2) Es ist dieses eine Umbildung der Mythe von Njördr und Skadi, welche, abwechselnd neun Nächte auf den waldigen Höhen in Thrymheim und drei in Noatun, im Meere verbringen. In der schottischen Ballade wird jung Tamlan von der schönen Elbin mit in ihr Reich gezogen und erst im neunten Jahr reitet er zu seinem Oheim. 3) – Ein Knecht in Tyrol, welcher eine melkende Elbin mit seinem Bergstoek erschlug, wurde wahnsinnig; am folgenden Abend hörte er eine Stimme, die rief: „Alle neun Reiche auf! Elbe (?) ist todt!“ Da stürzte er sich in den See. 4) – Vermuthlich hatte es auch einen religiösen oder symbolischen Grund, dass nach der dem König Numa zugeschriebenen Einführung und Eintheilung der römischen Zünfte neun Zünfte waren. 5) An die Gebräuche der maurerischen Meisteraufnahme schliessen sich aus den heidnischen Zeiten noch erhaltene deutsche Volksgebräuche erläuternd an. Die Sonne kehrt sich nicht erst in der Herbsttag- und Nachtgleiche um, sondern hat sich schon in der Sommersonnenwende, am Johannistage gewendet, umgekehrt. In dem oberharzischen Bergdorfe Lerbach werden zu Johanni von den Kindern kleine Tannenbäume ausgeschmückt; diese drehen sie von der Linken zur Rechten (wie die Sonne geht) und singen dazu: „Die Jungfer (die Sonne) hat sich umgedreht.“ Aehnliche Umdrehungslieder, verbunden mit entsprechenden Kinderspielen, werden in andern Gegenden des Harzes gesungen, 6) wie die Sonnenwenden, besonders auch die heilige Julzeit, 7) nur von dem Umwenden 1) Wolf, Il. S. 231. 2) Wolf, II. S. 234. 3) Wolf, II. S. 258. 4) Wolf, II. S. 280. 5) Vergl. H. Göll, Handwerker, Fabrikanten und Zünfte bei den Griechen und Römern, in Nro. 34 und 35 des Auslandes für 1861. 6) Wolf, Zeitschr. für deutsche Mythologie, I. S. 81. 7) Oben I. S. 193.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/780
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 760. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/780>, abgerufen am 03.07.2024.