Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

gatten nur Einen Leib und Eine Seele haben sollen.1) Ein Nachklang der uralten Sitte des heiligen, aus Wein und Blut gemischten Trankes ist es, dass noch heute die Brüderschaft, der Schmolles nach dem Studentenausdrueke getrunken und ein Trunk vielfach, namentlich auch in den Gesellenbrüderschaften, dem Fremdlinge dargebracht wird zum Zeichen des Willkommenseins, der Liebe und der Freundschaft. Das gemeinsame Essen und Trinken, die gemeinsamen Opfermahle, die Theilung des Tisches und des Glases sind und waren das Symbol der Freundschaft und der Liebe, der Verbrüderung - und bei Eheleuten, welche noch das Bett theilen, der Verehelichung. Die äussere Gemeinsamkeit kann und soll aber nur eine Folge und Wirkung der inneren Gemeinsamkeit und Einheit sein. Die maurerischen Tafellogen im reinen und höhern Sinne sind daher blosse Brudermahle, Mahle der Liebe und Freundschaft. Nach der Sage waren einst unter der Regierung des Maximianus zwei Ritter, von denen Einer zu dem Andern sagte: "Willst du mit mir einen Bund machen, so mag ein jeder von uns aus seinem rechten Arm Blut fliessen lassen: ich will dein Blut trinken und du magst mit dem meinen dasselbe thun, und so wird keiner von uns den andern weder in Glück noch Unglück verlassen und was einer von uns gewonnen haben wird, wird auch der andere haben." - Bei den Germanen scheint es nach Grimm, Lieder der ältern Edda S. 237, und in der Uebersetzung von Simrok S. 176, dass man bei dem Eidschwure sich verwundet und das Blut (mit Wein vermischt) statt es zu trinken in der Fussspur habe ineinanderlaufen und sich vermischen lassen, um dadurch auch die Herzen und die Seelen unauflöslich zu vereinen. Bei Saxo Gramm. I. heisst es: siquidem icturi foedus veteres vestigia sua mutui ganguinis aspersione perfundere consueverant, amicitiarum pignus alterni cruoris commercio firmaturi. Die das Blut in solcher Weise vereinigt haben, sind freiwillige förmliche Blutsverwandte geworden und sollen gegen einander dieselben Pflichten der Liebe und Treue üben wie die natürlichen Blutsverwandten und Blutsfreunde.

1) Vergl. Weimarisches Jahrbuch, II. S. 419.

gatten nur Einen Leib und Eine Seele haben sollen.1) Ein Nachklang der uralten Sitte des heiligen, aus Wein und Blut gemischten Trankes ist es, dass noch heute die Brüderschaft, der Schmolles nach dem Studentenausdrueke getrunken und ein Trunk vielfach, namentlich auch in den Gesellenbrüderschaften, dem Fremdlinge dargebracht wird zum Zeichen des Willkommenseins, der Liebe und der Freundschaft. Das gemeinsame Essen und Trinken, die gemeinsamen Opfermahle, die Theilung des Tisches und des Glases sind und waren das Symbol der Freundschaft und der Liebe, der Verbrüderung – und bei Eheleuten, welche noch das Bett theilen, der Verehelichung. Die äussere Gemeinsamkeit kann und soll aber nur eine Folge und Wirkung der inneren Gemeinsamkeit und Einheit sein. Die maurerischen Tafellogen im reinen und höhern Sinne sind daher blosse Brudermahle, Mahle der Liebe und Freundschaft. Nach der Sage waren einst unter der Regierung des Maximianus zwei Ritter, von denen Einer zu dem Andern sagte: „Willst du mit mir einen Bund machen, so mag ein jeder von uns aus seinem rechten Arm Blut fliessen lassen: ich will dein Blut trinken und du magst mit dem meinen dasselbe thun, und so wird keiner von uns den andern weder in Glück noch Unglück verlassen und was einer von uns gewonnen haben wird, wird auch der andere haben.“ – Bei den Germanen scheint es nach Grimm, Lieder der ältern Edda S. 237, und in der Uebersetzung von Simrok S. 176, dass man bei dem Eidschwure sich verwundet und das Blut (mit Wein vermischt) statt es zu trinken in der Fussspur habe ineinanderlaufen und sich vermischen lassen, um dadurch auch die Herzen und die Seelen unauflöslich zu vereinen. Bei Saxo Gramm. I. heisst es: siquidem icturi foedus veteres vestigia sua mutui ganguinis aspersione perfundere consueverant, amicitiarum pignus alterni cruoris commercio firmaturi. Die das Blut in solcher Weise vereinigt haben, sind freiwillige förmliche Blutsverwandte geworden und sollen gegen einander dieselben Pflichten der Liebe und Treue üben wie die natürlichen Blutsverwandten und Blutsfreunde.

1) Vergl. Weimarisches Jahrbuch, II. S. 419.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0075" n="55"/>
gatten nur Einen Leib und Eine Seele haben sollen.<note place="foot" n="1)">Vergl. Weimarisches Jahrbuch, II. S. 419.<lb/></note> Ein Nachklang der uralten Sitte des heiligen, aus Wein und Blut gemischten Trankes ist es, dass noch heute die Brüderschaft, der Schmolles nach dem Studentenausdrueke <hi rendition="#g">getrunken</hi> und ein Trunk vielfach, namentlich auch in den Gesellenbrüderschaften, dem Fremdlinge dargebracht wird zum Zeichen des Willkommenseins, der Liebe und der Freundschaft. Das gemeinsame Essen und Trinken, die gemeinsamen Opfermahle, die Theilung des Tisches und des Glases sind und waren das Symbol der Freundschaft und der Liebe, der Verbrüderung &#x2013; und bei Eheleuten, welche noch das Bett theilen, der Verehelichung. Die äussere Gemeinsamkeit kann und soll aber nur eine Folge und Wirkung der inneren Gemeinsamkeit und Einheit sein. Die maurerischen Tafellogen im reinen und höhern Sinne sind daher blosse Brudermahle, Mahle der Liebe und Freundschaft. Nach der Sage waren einst unter der Regierung des Maximianus zwei Ritter, von denen Einer zu dem Andern sagte: &#x201E;Willst du mit mir einen Bund machen, so mag ein jeder von uns aus seinem rechten Arm Blut fliessen lassen: ich will dein Blut trinken und du magst mit dem meinen dasselbe thun, und so wird keiner von uns den andern weder in Glück noch Unglück verlassen und was einer von uns gewonnen haben wird, wird auch der andere haben.&#x201C; &#x2013; Bei den Germanen scheint es nach Grimm, Lieder der ältern Edda S. 237, und in der Uebersetzung von Simrok S. 176, dass man bei dem Eidschwure sich verwundet und das Blut (mit Wein vermischt) statt es zu trinken in der Fussspur habe ineinanderlaufen und sich vermischen lassen, um dadurch auch die Herzen und die Seelen unauflöslich zu vereinen. Bei Saxo Gramm. I. heisst es: siquidem icturi foedus veteres vestigia sua mutui ganguinis aspersione perfundere consueverant, <hi rendition="#g">amicitiarum pignus alterni cruoris commercio firmaturi.</hi> Die das Blut in solcher Weise vereinigt haben, sind freiwillige förmliche Blutsverwandte geworden und sollen gegen einander dieselben Pflichten der Liebe und Treue üben wie die natürlichen Blutsverwandten und Blutsfreunde.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[55/0075] gatten nur Einen Leib und Eine Seele haben sollen. 1) Ein Nachklang der uralten Sitte des heiligen, aus Wein und Blut gemischten Trankes ist es, dass noch heute die Brüderschaft, der Schmolles nach dem Studentenausdrueke getrunken und ein Trunk vielfach, namentlich auch in den Gesellenbrüderschaften, dem Fremdlinge dargebracht wird zum Zeichen des Willkommenseins, der Liebe und der Freundschaft. Das gemeinsame Essen und Trinken, die gemeinsamen Opfermahle, die Theilung des Tisches und des Glases sind und waren das Symbol der Freundschaft und der Liebe, der Verbrüderung – und bei Eheleuten, welche noch das Bett theilen, der Verehelichung. Die äussere Gemeinsamkeit kann und soll aber nur eine Folge und Wirkung der inneren Gemeinsamkeit und Einheit sein. Die maurerischen Tafellogen im reinen und höhern Sinne sind daher blosse Brudermahle, Mahle der Liebe und Freundschaft. Nach der Sage waren einst unter der Regierung des Maximianus zwei Ritter, von denen Einer zu dem Andern sagte: „Willst du mit mir einen Bund machen, so mag ein jeder von uns aus seinem rechten Arm Blut fliessen lassen: ich will dein Blut trinken und du magst mit dem meinen dasselbe thun, und so wird keiner von uns den andern weder in Glück noch Unglück verlassen und was einer von uns gewonnen haben wird, wird auch der andere haben.“ – Bei den Germanen scheint es nach Grimm, Lieder der ältern Edda S. 237, und in der Uebersetzung von Simrok S. 176, dass man bei dem Eidschwure sich verwundet und das Blut (mit Wein vermischt) statt es zu trinken in der Fussspur habe ineinanderlaufen und sich vermischen lassen, um dadurch auch die Herzen und die Seelen unauflöslich zu vereinen. Bei Saxo Gramm. I. heisst es: siquidem icturi foedus veteres vestigia sua mutui ganguinis aspersione perfundere consueverant, amicitiarum pignus alterni cruoris commercio firmaturi. Die das Blut in solcher Weise vereinigt haben, sind freiwillige förmliche Blutsverwandte geworden und sollen gegen einander dieselben Pflichten der Liebe und Treue üben wie die natürlichen Blutsverwandten und Blutsfreunde. 1) Vergl. Weimarisches Jahrbuch, II. S. 419.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/75
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/75>, abgerufen am 25.11.2024.