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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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mende gemeinsame Naturanschauung. Die neun heumähenden Knechte des Baugi, welche der auf den Raub des Odlirörir ausziehende Odhin trifft und denen er einen Wetzstein, den Blitzstein gibt, um ihre Sicheln zu schärfen, worauf sich diese im Streite um den Wetzstein alle selbst mit ihren Sicheln die Hälse abschneiden, müssen auf die neun Lebensmonate des ablaufenden Jahres um so unzweifelhafter bezogen werden, als drei Nächte, die drei Tage oder Monate des Grabes, Odhin bei der Gunnlöd ruht und er in drei Zügen den in drei Gefässen in der Tiefe verborgenen Meth austrinkt. Die neun sich selbst tödtenden Knechte des Baugi sind der im Herbste sterbende Sonnengott Odhin selbst und stehen dem sich selbst verbrennenden Herakles gleich. Eine andere Gestalt des Odhrörir, des Himmels- und Unsterblichkeitstrankes, welchen auch Zeus als Nektar trinket, sind die die Gabe der Unsterblichkeit verleihenden Aepfel der Idhunn. Selbst das noch zuckende Herz des Dionysos-Zagreus, nach Rinck, I. S. 238 der Natur im Spätherbst, welches die Artemis den Titanen entreissen und in den Olymp zu Zeus, dem ewigen Erhalter, emportragen kann, ist hierher zu beziehen; denn auch dieses gerettete Herz bezeichnet die unsterbliche Lebenskraft und die Zerstörung ist der Same einer neuen Welt, der Tod die Geburt eines neuen Lebens. In dem gleichen Sinne wird nach einer andern Sage das Zeugungsglied, die Zeugungskraft des getödteten Dionysos in einer Kiste oder in einem Sarge, d. h. im Schosse der Erde geborgen.1)

Dem Zerreissen des Osiris durch Typhon und des Dionysos durch die Titanen ist verwandt, dass nach der korinthischen Mythe auch Glaukos-Poseidon, ein Bild des leuchtenden und blauen himmlischen (Wolken-) und irdischen Meeres, die männliche Seite der Athene Glaukopis,2) von seinen eigenen rasend gewordenen Rossen (d. i. von den wilden Wolken- und Meereswogen), von seinen aus dem

1) Rinck, I. S. 238 ff.
2) Vergl. darüber Alpina für 1860, S. 267 ; Vischer, Bellerophon S. 90; Hugo Weber, etymologische Untersuchungen, S. 91, ff. [fremdsprachliches Material] ist der mit den grauweissen, silberfarbenen, glänzenden und schimmernden Augen von der Wurzel [fremdsprachliches Material] = glänzen, leuchten.

mende gemeinsame Naturanschauung. Die neun heumähenden Knechte des Baugi, welche der auf den Raub des Odlirörir ausziehende Odhin trifft und denen er einen Wetzstein, den Blitzstein gibt, um ihre Sicheln zu schärfen, worauf sich diese im Streite um den Wetzstein alle selbst mit ihren Sicheln die Hälse abschneiden, müssen auf die neun Lebensmonate des ablaufenden Jahres um so unzweifelhafter bezogen werden, als drei Nächte, die drei Tage oder Monate des Grabes, Odhin bei der Gunnlöd ruht und er in drei Zügen den in drei Gefässen in der Tiefe verborgenen Meth austrinkt. Die neun sich selbst tödtenden Knechte des Baugi sind der im Herbste sterbende Sonnengott Odhin selbst und stehen dem sich selbst verbrennenden Herakles gleich. Eine andere Gestalt des Odhrörir, des Himmels- und Unsterblichkeitstrankes, welchen auch Zeus als Nektar trinket, sind die die Gabe der Unsterblichkeit verleihenden Aepfel der Idhunn. Selbst das noch zuckende Herz des Dionysos-Zagreus, nach Rinck, I. S. 238 der Natur im Spätherbst, welches die Artemis den Titanen entreissen und in den Olymp zu Zeus, dem ewigen Erhalter, emportragen kann, ist hierher zu beziehen; denn auch dieses gerettete Herz bezeichnet die unsterbliche Lebenskraft und die Zerstörung ist der Same einer neuen Welt, der Tod die Geburt eines neuen Lebens. In dem gleichen Sinne wird nach einer andern Sage das Zeugungsglied, die Zeugungskraft des getödteten Dionysos in einer Kiste oder in einem Sarge, d. h. im Schosse der Erde geborgen.1)

Dem Zerreissen des Osiris durch Typhon und des Dionysos durch die Titanen ist verwandt, dass nach der korinthischen Mythe auch Glaukos-Poseidon, ein Bild des leuchtenden und blauen himmlischen (Wolken-) und irdischen Meeres, die männliche Seite der Athene Glaukopis,2) von seinen eigenen rasend gewordenen Rossen (d. i. von den wilden Wolken- und Meereswogen), von seinen aus dem

1) Rinck, I. S. 238 ff.
2) Vergl. darüber Alpina für 1860, S. 267 ; Vischer, Bellerophon S. 90; Hugo Weber, etymologische Untersuchungen, S. 91, ff. [fremdsprachliches Material] ist der mit den grauweissen, silberfarbenen, glänzenden und schimmernden Augen von der Wurzel [fremdsprachliches Material] = glänzen, leuchten.
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[590/0610] mende gemeinsame Naturanschauung. Die neun heumähenden Knechte des Baugi, welche der auf den Raub des Odlirörir ausziehende Odhin trifft und denen er einen Wetzstein, den Blitzstein gibt, um ihre Sicheln zu schärfen, worauf sich diese im Streite um den Wetzstein alle selbst mit ihren Sicheln die Hälse abschneiden, müssen auf die neun Lebensmonate des ablaufenden Jahres um so unzweifelhafter bezogen werden, als drei Nächte, die drei Tage oder Monate des Grabes, Odhin bei der Gunnlöd ruht und er in drei Zügen den in drei Gefässen in der Tiefe verborgenen Meth austrinkt. Die neun sich selbst tödtenden Knechte des Baugi sind der im Herbste sterbende Sonnengott Odhin selbst und stehen dem sich selbst verbrennenden Herakles gleich. Eine andere Gestalt des Odhrörir, des Himmels- und Unsterblichkeitstrankes, welchen auch Zeus als Nektar trinket, sind die die Gabe der Unsterblichkeit verleihenden Aepfel der Idhunn. Selbst das noch zuckende Herz des Dionysos-Zagreus, nach Rinck, I. S. 238 der Natur im Spätherbst, welches die Artemis den Titanen entreissen und in den Olymp zu Zeus, dem ewigen Erhalter, emportragen kann, ist hierher zu beziehen; denn auch dieses gerettete Herz bezeichnet die unsterbliche Lebenskraft und die Zerstörung ist der Same einer neuen Welt, der Tod die Geburt eines neuen Lebens. In dem gleichen Sinne wird nach einer andern Sage das Zeugungsglied, die Zeugungskraft des getödteten Dionysos in einer Kiste oder in einem Sarge, d. h. im Schosse der Erde geborgen. 1) Dem Zerreissen des Osiris durch Typhon und des Dionysos durch die Titanen ist verwandt, dass nach der korinthischen Mythe auch Glaukos-Poseidon, ein Bild des leuchtenden und blauen himmlischen (Wolken-) und irdischen Meeres, die männliche Seite der Athene Glaukopis, 2) von seinen eigenen rasend gewordenen Rossen (d. i. von den wilden Wolken- und Meereswogen), von seinen aus dem 1) Rinck, I. S. 238 ff. 2) Vergl. darüber Alpina für 1860, S. 267 ; Vischer, Bellerophon S. 90; Hugo Weber, etymologische Untersuchungen, S. 91, ff. _ ist der mit den grauweissen, silberfarbenen, glänzenden und schimmernden Augen von der Wurzel _ = glänzen, leuchten.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/610>, abgerufen am 22.11.2024.