und aus seiner Lehre in Verbindung mit der späteren platonischen Philosophie und Lehre wurde dann zuerst zu Alexandrien eine Art System der Philosophie, zumal durch den unmittelbar vor Christus hergehenden Juden Philo geschaffen. Philo, welcher nach der wahrscheinlichster Meinung 30 Jahre vor Christus geboren wurde, und schrieb, als Jesus gerade heranwuchs, verdient in der Geschichte der jüdischen Moral eine der ersten Stellen und man lese nur z. B. die Darstellung seiner Moral bei Stäudlin, Geschichte der Sittenlehre Jesu, I. S. 490 ff., um die darauf folgende Morallehre Jesu und seiner Apostel, vorzüglich darunter des grossen Paulus, zu verstehen und gerecht zu würdigen.
Weil nun Dionysos ein Jahresgott war, wurde bei den grossen oder städtischen Dionysien zu Athen der Priesterdienst durch zwölf Frauen von unbescholteneniRufe besorgt, welche in hohem Ansehen standen und die Ehrwürdigen oder Hochwürdigen, Gerairai, genannt wurden.1) Ein Hauptgegenstand der verschiedenen und über ganz Griechenland verbreiteten Dionysosfeiern, aus welchen neben dem Apollodienste hauptsächlich der Religionscultus der Griechen bestand und die besonders von dem niedern Volke der Gebirge und den Frauen mit vieler wilder und trunkener Leidenschaft, nicht selten mit beklagenswerthen Ausschweifungen gefeiert wurden,2) war die Geburt und der Tod des zeugenden Früchte- und vorzüglich des feurigen Weingottes. Die Horen als Göttinnen der drei oder vier Jahreszeiten und besonders der Lust, der Freude und des Reichthums des Jahres, des Jahressegens gehörten auch zur Begleitung des Dionysos. Das Leiden und Sterben des Dionysos war an sich nur das Leiden und Sterben der Natur beim herannahenden Sturm des Winters, aber bei den Dionysosfeiern sollte vielfach dieses Leiden und Sterben den Menschen anschaulich in dem Leiden und Sterben eines Menschen oder Thieres dargestellt werden, was
1) Vollmer, vollständiges Wörterbuch der mythologie, unter Dionysia.
2) Vergl. darüber Preller, griech. Mythologie, I. S. 412 ff.; Welker, griech, Götterlehre, S. 424 ff.
und aus seiner Lehre in Verbindung mit der späteren platonischen Philosophie und Lehre wurde dann zuerst zu Alexandrien eine Art System der Philosophie, zumal durch den unmittelbar vor Christus hergehenden Juden Philo geschaffen. Philo, welcher nach der wahrscheinlichster Meinung 30 Jahre vor Christus geboren wurde, und schrieb, als Jesus gerade heranwuchs, verdient in der Geschichte der jüdischen Moral eine der ersten Stellen und man lese nur z. B. die Darstellung seiner Moral bei Stäudlin, Geschichte der Sittenlehre Jesu, I. S. 490 ff., um die darauf folgende Morallehre Jesu und seiner Apostel, vorzüglich darunter des grossen Paulus, zu verstehen und gerecht zu würdigen.
Weil nun Dionysos ein Jahresgott war, wurde bei den grossen oder städtischen Dionysien zu Athen der Priesterdienst durch zwölf Frauen von unbescholteneniRufe besorgt, welche in hohem Ansehen standen und die Ehrwürdigen oder Hochwürdigen, Gerairai, genannt wurden.1) Ein Hauptgegenstand der verschiedenen und über ganz Griechenland verbreiteten Dionysosfeiern, aus welchen neben dem Apollodienste hauptsächlich der Religionscultus der Griechen bestand und die besonders von dem niedern Volke der Gebirge und den Frauen mit vieler wilder und trunkener Leidenschaft, nicht selten mit beklagenswerthen Ausschweifungen gefeiert wurden,2) war die Geburt und der Tod des zeugenden Früchte- und vorzüglich des feurigen Weingottes. Die Horen als Göttinnen der drei oder vier Jahreszeiten und besonders der Lust, der Freude und des Reichthums des Jahres, des Jahressegens gehörten auch zur Begleitung des Dionysos. Das Leiden und Sterben des Dionysos war an sich nur das Leiden und Sterben der Natur beim herannahenden Sturm des Winters, aber bei den Dionysosfeiern sollte vielfach dieses Leiden und Sterben den Menschen anschaulich in dem Leiden und Sterben eines Menschen oder Thieres dargestellt werden, was
1) Vollmer, vollständiges Wörterbuch der mythologie, unter Dionysia.
2) Vergl. darüber Preller, griech. Mythologie, I. S. 412 ff.; Welker, griech, Götterlehre, S. 424 ff.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0583"n="563"/>
und aus seiner Lehre in Verbindung mit der späteren platonischen Philosophie und Lehre wurde dann zuerst zu Alexandrien eine Art System der Philosophie, zumal durch den unmittelbar vor Christus hergehenden Juden Philo geschaffen. Philo, welcher nach der wahrscheinlichster Meinung 30 Jahre vor Christus geboren wurde, und schrieb, als Jesus gerade heranwuchs, verdient in der Geschichte der jüdischen Moral eine der ersten Stellen und man lese nur z. B. die Darstellung seiner Moral bei Stäudlin, Geschichte der Sittenlehre Jesu, I. S. 490 ff., um die darauf folgende Morallehre Jesu und seiner Apostel, vorzüglich darunter des grossen Paulus, zu verstehen und gerecht zu würdigen.</p><p>
Weil nun Dionysos ein Jahresgott war, wurde bei den grossen oder städtischen Dionysien zu Athen der Priesterdienst durch <hirendition="#g">zwölf</hi> Frauen von unbescholteneniRufe besorgt, welche in hohem Ansehen standen und die Ehrwürdigen oder Hochwürdigen, Gerairai, genannt wurden.<noteplace="foot"n="1)">Vollmer, vollständiges Wörterbuch der mythologie, unter Dionysia.<lb/></note> Ein Hauptgegenstand der verschiedenen und über ganz Griechenland verbreiteten Dionysosfeiern, aus welchen neben dem Apollodienste hauptsächlich der Religionscultus der Griechen bestand und die besonders von dem niedern Volke der Gebirge und den Frauen mit vieler wilder und trunkener Leidenschaft, nicht selten mit beklagenswerthen Ausschweifungen gefeiert wurden,<noteplace="foot"n="2)">Vergl. darüber Preller, griech. Mythologie, I. S. 412 ff.; Welker, griech, Götterlehre, S. 424 ff.<lb/></note> war die Geburt und der Tod des zeugenden Früchte- und vorzüglich des feurigen Weingottes. Die Horen als Göttinnen der drei oder vier Jahreszeiten und besonders der Lust, der Freude und des Reichthums des Jahres, des Jahressegens gehörten auch zur Begleitung des Dionysos. Das Leiden und Sterben des Dionysos war an sich nur das Leiden und Sterben der Natur beim herannahenden Sturm des Winters, aber bei den Dionysosfeiern sollte vielfach dieses Leiden und Sterben den Menschen anschaulich in dem Leiden und Sterben eines Menschen oder Thieres dargestellt werden, was
</p></div></body></text></TEI>
[563/0583]
und aus seiner Lehre in Verbindung mit der späteren platonischen Philosophie und Lehre wurde dann zuerst zu Alexandrien eine Art System der Philosophie, zumal durch den unmittelbar vor Christus hergehenden Juden Philo geschaffen. Philo, welcher nach der wahrscheinlichster Meinung 30 Jahre vor Christus geboren wurde, und schrieb, als Jesus gerade heranwuchs, verdient in der Geschichte der jüdischen Moral eine der ersten Stellen und man lese nur z. B. die Darstellung seiner Moral bei Stäudlin, Geschichte der Sittenlehre Jesu, I. S. 490 ff., um die darauf folgende Morallehre Jesu und seiner Apostel, vorzüglich darunter des grossen Paulus, zu verstehen und gerecht zu würdigen.
Weil nun Dionysos ein Jahresgott war, wurde bei den grossen oder städtischen Dionysien zu Athen der Priesterdienst durch zwölf Frauen von unbescholteneniRufe besorgt, welche in hohem Ansehen standen und die Ehrwürdigen oder Hochwürdigen, Gerairai, genannt wurden. 1) Ein Hauptgegenstand der verschiedenen und über ganz Griechenland verbreiteten Dionysosfeiern, aus welchen neben dem Apollodienste hauptsächlich der Religionscultus der Griechen bestand und die besonders von dem niedern Volke der Gebirge und den Frauen mit vieler wilder und trunkener Leidenschaft, nicht selten mit beklagenswerthen Ausschweifungen gefeiert wurden, 2) war die Geburt und der Tod des zeugenden Früchte- und vorzüglich des feurigen Weingottes. Die Horen als Göttinnen der drei oder vier Jahreszeiten und besonders der Lust, der Freude und des Reichthums des Jahres, des Jahressegens gehörten auch zur Begleitung des Dionysos. Das Leiden und Sterben des Dionysos war an sich nur das Leiden und Sterben der Natur beim herannahenden Sturm des Winters, aber bei den Dionysosfeiern sollte vielfach dieses Leiden und Sterben den Menschen anschaulich in dem Leiden und Sterben eines Menschen oder Thieres dargestellt werden, was
1) Vollmer, vollständiges Wörterbuch der mythologie, unter Dionysia.
2) Vergl. darüber Preller, griech. Mythologie, I. S. 412 ff.; Welker, griech, Götterlehre, S. 424 ff.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/583>, abgerufen am 29.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.