Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.nenden1) Gottesurtheile der Feuerprobe - seit uralten Zeiten und his heute sind nämlich im indischen Strafprocesse die Gottesurtheile (divja, göttlicher Ausspruch, oder pariksha, Entscheidung, Untersuchung genannt) sehr gebräuchlich,2) wie diese Gottesurtheile auch bei den Parsen,3) bei den Kelten und bei den Germanen gebräuchlich, also wohl ein aus dem gemeinsamen Ursitze Mitgebrachtes waren,4) - muss der Angeklagte, indem er seinen Blick nach Osten, woher das Licht kommt und wo Gott wohnt, zu richten hat, ein glühendes Stück Eisen sieben Schritte in den mit sieben oder auch mit dreimal sieben Blättern umwickelten Händen über sieben Kreise, die den zu durchlaufenden Raum umfassen, tragen. Die Blätter sind mit sieben weissen Fäden an die Hände festgebunden und nach überstandener Probe muss er sieben Mal die Hände mit Reis waschen, um zu entdecken, ob die Hände kein Brandmal tragen. Aehnlich hat der Angeklagte bei der Giftprobe sieben Gerstenkörner Gift, vermischt mit Butter, zu geniessen.5) Hatte Jemand in Schuldsachen und ähnlichen Fällen ein Zeugniss abgelegt und es traf ihn innerhalb sieben Tagen danach ein Missgeschick, wie Krankheit, Brand, Tod eines Blutfreundes, so musste er die Schuld und eine Strafe bezahlen. - Die Aermeren, welche sich nicht durch die üblichen Geschenke an den Vater eine Frau erwerben können, erwerben dieselbe durch sieben- 1) Lassen, IV. S. 407 und 443, 457, und III. S. 364 ff. 2) Stenzler, die indischen Gottesurtheile, in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. IX. S. 661 ff. 3) Spiegel, Avesta, II. S. LVII und CXII, Anm. 1. 4) Uebrigens waren oder sind die Gottesgerichte z. B. auch bei den Negern in Benin auf der Westküste von Africa gebräuchlich und bestanden darin, eine Hahnenfeder durch die Zunge zu stechen, Hahnenfedern aus einern Erdklumpen zu ziehen, beissende Kräuter in die Augen zu speien, glühendes Eisen zu halten oder einenFluss zu durchschwimmen, der Jeden Schuldigen in seine Wirbeln fortrisse (Ausland für 1860, Nr. 8, S. 172 a). 5) Ueber die indischen Gottesurtheile vergl. auch noch Ersch und Gruber, Encykl., II. Bd. XVII S. 230; über die keltischen Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 53 ff. SpiegeL im Auslande für 1860, S. 182 b, hält die Gottesurtheile allen indogermanischen Völkern gemeinsam.
nenden1) Gottesurtheile der Feuerprobe – seit uralten Zeiten und his heute sind nämlich im indischen Strafprocesse die Gottesurtheile (divja, göttlicher Ausspruch, oder parikshâ, Entscheidung, Untersuchung genannt) sehr gebräuchlich,2) wie diese Gottesurtheile auch bei den Parsen,3) bei den Kelten und bei den Germanen gebräuchlich, also wohl ein aus dem gemeinsamen Ursitze Mitgebrachtes waren,4) – muss der Angeklagte, indem er seinen Blick nach Osten, woher das Licht kommt und wo Gott wohnt, zu richten hat, ein glühendes Stück Eisen sieben Schritte in den mit sieben oder auch mit dreimal sieben Blättern umwickelten Händen über sieben Kreise, die den zu durchlaufenden Raum umfassen, tragen. Die Blätter sind mit sieben weissen Fäden an die Hände festgebunden und nach überstandener Probe muss er sieben Mal die Hände mit Reis waschen, um zu entdecken, ob die Hände kein Brandmal tragen. Aehnlich hat der Angeklagte bei der Giftprobe sieben Gerstenkörner Gift, vermischt mit Butter, zu geniessen.5) Hatte Jemand in Schuldsachen und ähnlichen Fällen ein Zeugniss abgelegt und es traf ihn innerhalb sieben Tagen danach ein Missgeschick, wie Krankheit, Brand, Tod eines Blutfreundes, so musste er die Schuld und eine Strafe bezahlen. – Die Aermeren, welche sich nicht durch die üblichen Geschenke an den Vater eine Frau erwerben können, erwerben dieselbe durch sieben- 1) Lassen, IV. S. 407 und 443, 457, und III. S. 364 ff. 2) Stenzler, die indischen Gottesurtheile, in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. IX. S. 661 ff. 3) Spiegel, Avesta, II. S. LVII und CXII, Anm. 1. 4) Uebrigens waren oder sind die Gottesgerichte z. B. auch bei den Negern in Benin auf der Westküste von Africa gebräuchlich und bestanden darin, eine Hahnenfeder durch die Zunge zu stechen, Hahnenfedern aus einern Erdklumpen zu ziehen, beissende Kräuter in die Augen zu speien, glühendes Eisen zu halten oder einenFluss zu durchschwimmen, der Jeden Schuldigen in seine Wirbeln fortrisse (Ausland für 1860, Nr. 8, S. 172 a). 5) Ueber die indischen Gottesurtheile vergl. auch noch Ersch und Gruber, Encykl., II. Bd. XVII S. 230; über die keltischen Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 53 ff. SpiegeL im Auslande für 1860, S. 182 b, hält die Gottesurtheile allen indogermanischen Völkern gemeinsam.
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nenden 1) Gottesurtheile der Feuerprobe – seit uralten Zeiten und his heute sind nämlich im indischen Strafprocesse die Gottesurtheile (divja, göttlicher Ausspruch, oder parikshâ, Entscheidung, Untersuchung genannt) sehr gebräuchlich, 2) wie diese Gottesurtheile auch bei den Parsen, 3) bei den Kelten und bei den Germanen gebräuchlich, also wohl ein aus dem gemeinsamen Ursitze Mitgebrachtes waren, 4) – muss der Angeklagte, indem er seinen Blick nach Osten, woher das Licht kommt und wo Gott wohnt, zu richten hat, ein glühendes Stück Eisen sieben Schritte in den mit sieben oder auch mit dreimal sieben Blättern umwickelten Händen über sieben Kreise, die den zu durchlaufenden Raum umfassen, tragen. Die Blätter sind mit sieben weissen Fäden an die Hände festgebunden und nach überstandener Probe muss er sieben Mal die Hände mit Reis waschen, um zu entdecken, ob die Hände kein Brandmal tragen. Aehnlich hat der Angeklagte bei der Giftprobe sieben Gerstenkörner Gift, vermischt mit Butter, zu geniessen. 5) Hatte Jemand in Schuldsachen und ähnlichen Fällen ein Zeugniss abgelegt und es traf ihn innerhalb sieben Tagen danach ein Missgeschick, wie Krankheit, Brand, Tod eines Blutfreundes, so musste er die Schuld und eine Strafe bezahlen. – Die Aermeren, welche sich nicht durch die üblichen Geschenke an den Vater eine Frau erwerben können, erwerben dieselbe durch sieben-
1) Lassen, IV. S. 407 und 443, 457, und III. S. 364 ff.
2) Stenzler, die indischen Gottesurtheile, in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. IX. S. 661 ff.
3) Spiegel, Avesta, II. S. LVII und CXII, Anm. 1.
4) Uebrigens waren oder sind die Gottesgerichte z. B. auch bei den Negern in Benin auf der Westküste von Africa gebräuchlich und bestanden darin, eine Hahnenfeder durch die Zunge zu stechen, Hahnenfedern aus einern Erdklumpen zu ziehen, beissende Kräuter in die Augen zu speien, glühendes Eisen zu halten oder einenFluss zu durchschwimmen, der Jeden Schuldigen in seine Wirbeln fortrisse (Ausland für 1860, Nr. 8, S. 172 a).
5) Ueber die indischen Gottesurtheile vergl. auch noch Ersch und Gruber, Encykl., II. Bd. XVII S. 230; über die keltischen Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 53 ff. SpiegeL im Auslande für 1860, S. 182 b, hält die Gottesurtheile allen indogermanischen Völkern gemeinsam.
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