Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

überhaupt nicht selten. Der Tempel zu Siringham in Indien hat daher sieben in einander stehende Vorhöfe. Die sieben Vorhöfe, durch welche man hier und auch bei andern indischen und chinesischen Tempeln zu dem Heiligthum gelangt, sollen nur symbolisch ausdrücken, dass man durch die sieben Planetensphären in den Himmel eingehen müsse,1) wie man in den Königsstädten durch sieben Ringmauern hindurch zum Könige, zu dem irdischen Gotte gelangt. Der chinesische Haupttempel hat nur fünf Vorhöfe,2) wie immer die Zahlen 5 und 7 in einander übergehen. Selbst übrigens in Deutschland finden sich mythische Spuren von mit siebenfachen Mauern befestigten Burgen. Auf dem Christenberge in Hessen, welcher durch Natur und Kunst stark befestigt war, wohnte der Sage nach ein Riese mit seiner weissagenden Tochter. Karl der Grosse belagerte die Burg lange Zeit vergebens, als aber die Schaar der Krieger mit grünen Maibüschen vor die siebenfachen Befestigungswerke rückte, da glaubte die Seherin, dass nun Alles verloren sei, weshalb sie zu ihrem Vater sagte:

"Vater, gebt euch gefangen,
der grüne Wald kommt gegangen."

Auf Grund dieser Rede ist aus Karl dem Grossen oder einem noch frühern, volksmässigen Helden oder Halbgotte ein König Grünewald gemacht worden.3) Dieses erinnert an die Verkündigung der Erscheinung in Shakspeare's Macbeth:

"Sei löwenkühn und stolz; nichts darfst du scheuen,
Wer tobt, wer knirscht, und ob Verräther dräuen:
Maebeth wird nie besiegt, bis einst hinan
Der grosse Birnams Wald zum Dunsinan
Feindlich emporsteigt."

worauf Macbeth erfreuet bemerkt:

"Das kann nimmer werden -
Wer wirbt den Wald? heisst Bäume von der Erden
Die Wurzel lösen? Wie der Spruch entzückt.

1) Baehr, der salomonische Tempel, S. 284 und 285.
2) Baehr, a. a. O., S. 154.
3) Mühlhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 257.

überhaupt nicht selten. Der Tempel zu Siringham in Indien hat daher sieben in einander stehende Vorhöfe. Die sieben Vorhöfe, durch welche man hier und auch bei andern indischen und chinesischen Tempeln zu dem Heiligthum gelangt, sollen nur symbolisch ausdrücken, dass man durch die sieben Planetensphären in den Himmel eingehen müsse,1) wie man in den Königsstädten durch sieben Ringmauern hindurch zum Könige, zu dem irdischen Gotte gelangt. Der chinesische Haupttempel hat nur fünf Vorhöfe,2) wie immer die Zahlen 5 und 7 in einander übergehen. Selbst übrigens in Deutschland finden sich mythische Spuren von mit siebenfachen Mauern befestigten Burgen. Auf dem Christenberge in Hessen, welcher durch Natur und Kunst stark befestigt war, wohnte der Sage nach ein Riese mit seiner weissagenden Tochter. Karl der Grosse belagerte die Burg lange Zeit vergebens, als aber die Schaar der Krieger mit grünen Maibüschen vor die siebenfachen Befestigungswerke rückte, da glaubte die Seherin, dass nun Alles verloren sei, weshalb sie zu ihrem Vater sagte:

„Vater, gebt euch gefangen,
der grüne Wald kommt gegangen.“

Auf Grund dieser Rede ist aus Karl dem Grossen oder einem noch frühern, volksmässigen Helden oder Halbgotte ein König Grünewald gemacht worden.3) Dieses erinnert an die Verkündigung der Erscheinung in Shakspeare’s Macbeth:

„Sei löwenkühn und stolz; nichts darfst du scheuen,
Wer tobt, wer knirscht, und ob Verräther dräuen:
Maebeth wird nie besiegt, bis einst hinan
Der grosse Birnams Wald zum Dunsinan
Feindlich emporsteigt.“

worauf Macbeth erfreuet bemerkt:

„Das kann nimmer werden –
Wer wirbt den Wald? heisst Bäume von der Erden
Die Wurzel lösen? Wie der Spruch entzückt.

1) Baehr, der salomonische Tempel, S. 284 und 285.
2) Baehr, a. a. O., S. 154.
3) Mühlhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 257.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0420" n="400"/>
überhaupt nicht selten. Der Tempel zu Siringham in Indien hat daher sieben in einander stehende Vorhöfe. Die sieben Vorhöfe, durch welche man hier und auch bei andern indischen und chinesischen Tempeln zu dem Heiligthum gelangt, sollen nur symbolisch ausdrücken, dass man durch die sieben Planetensphären in den Himmel eingehen müsse,<note place="foot" n="1)">Baehr, der salomonische Tempel, S. 284 und 285.<lb/></note> wie man in den Königsstädten durch sieben Ringmauern hindurch zum Könige, zu dem irdischen Gotte gelangt. Der chinesische Haupttempel hat nur fünf Vorhöfe,<note place="foot" n="2)">Baehr, a. a. O., S. 154.<lb/></note> wie immer die Zahlen 5 und 7 in einander übergehen. Selbst übrigens in Deutschland finden sich mythische Spuren von mit siebenfachen Mauern befestigten Burgen. Auf dem Christenberge in Hessen, welcher durch Natur und Kunst stark befestigt war, wohnte der Sage nach ein Riese mit seiner weissagenden Tochter. Karl der Grosse belagerte die Burg lange Zeit vergebens, als aber die Schaar der Krieger mit grünen Maibüschen vor die siebenfachen Befestigungswerke rückte, da glaubte die Seherin, dass nun Alles verloren sei, weshalb sie zu ihrem Vater sagte:
 <cit rendition="#c"><quote><p>
 &#x201E;Vater, gebt euch gefangen,<lb/>
der grüne Wald kommt gegangen.&#x201C; </p></quote></cit>
Auf Grund dieser Rede ist aus Karl dem Grossen oder einem noch frühern, volksmässigen Helden oder Halbgotte ein König Grünewald gemacht worden.<note place="foot" n="3)">Mühlhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 257.<lb/></note> Dieses erinnert an die Verkündigung der Erscheinung in Shakspeare&#x2019;s Macbeth:</p>
        <cit rendition="#c">
          <quote>
            <p>
 &#x201E;Sei löwenkühn und stolz; nichts darfst du scheuen,<lb/>
Wer tobt, wer knirscht, und ob Verräther dräuen:<lb/>
Maebeth wird nie besiegt, bis einst hinan<lb/>
Der grosse Birnams Wald zum Dunsinan<lb/>
Feindlich emporsteigt.&#x201C; </p>
          </quote>
        </cit>
        <p>
 worauf Macbeth erfreuet bemerkt:</p>
        <cit rendition="#c">
          <quote>
            <p>
 &#x201E;Das kann nimmer werden &#x2013;<lb/>
Wer wirbt den Wald? heisst Bäume von der Erden<lb/>
Die Wurzel lösen? Wie der Spruch entzückt.</p>
          </quote>
        </cit>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[400/0420] überhaupt nicht selten. Der Tempel zu Siringham in Indien hat daher sieben in einander stehende Vorhöfe. Die sieben Vorhöfe, durch welche man hier und auch bei andern indischen und chinesischen Tempeln zu dem Heiligthum gelangt, sollen nur symbolisch ausdrücken, dass man durch die sieben Planetensphären in den Himmel eingehen müsse, 1) wie man in den Königsstädten durch sieben Ringmauern hindurch zum Könige, zu dem irdischen Gotte gelangt. Der chinesische Haupttempel hat nur fünf Vorhöfe, 2) wie immer die Zahlen 5 und 7 in einander übergehen. Selbst übrigens in Deutschland finden sich mythische Spuren von mit siebenfachen Mauern befestigten Burgen. Auf dem Christenberge in Hessen, welcher durch Natur und Kunst stark befestigt war, wohnte der Sage nach ein Riese mit seiner weissagenden Tochter. Karl der Grosse belagerte die Burg lange Zeit vergebens, als aber die Schaar der Krieger mit grünen Maibüschen vor die siebenfachen Befestigungswerke rückte, da glaubte die Seherin, dass nun Alles verloren sei, weshalb sie zu ihrem Vater sagte: „Vater, gebt euch gefangen, der grüne Wald kommt gegangen.“ Auf Grund dieser Rede ist aus Karl dem Grossen oder einem noch frühern, volksmässigen Helden oder Halbgotte ein König Grünewald gemacht worden. 3) Dieses erinnert an die Verkündigung der Erscheinung in Shakspeare’s Macbeth: „Sei löwenkühn und stolz; nichts darfst du scheuen, Wer tobt, wer knirscht, und ob Verräther dräuen: Maebeth wird nie besiegt, bis einst hinan Der grosse Birnams Wald zum Dunsinan Feindlich emporsteigt.“ worauf Macbeth erfreuet bemerkt: „Das kann nimmer werden – Wer wirbt den Wald? heisst Bäume von der Erden Die Wurzel lösen? Wie der Spruch entzückt. 1) Baehr, der salomonische Tempel, S. 284 und 285. 2) Baehr, a. a. O., S. 154. 3) Mühlhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 257.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/420
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/420>, abgerufen am 22.11.2024.