schaft und Kunst, die Dichtung und die Baukunst, und eben so die mittelalterliche Bildung in allen ihren Theilen und Richtungen sind durchaus religiöse, priesterliche, mysteriöse, - ein Mysterium, eine Rune. Ein arabisches Sprichwort bezeichnete auch schon den Handel geradezu als "unzertrennlich von dem Glauben." Die grossen und grössten Ideen, welche heute die Menschheit und die Weltgeschichte tragen, waren zuerst nur das Erzeugniss und das Eigenthum einzelner besonders begabter Geister, gingen sodann auf einzelne bevorzugte Schüler als ein Geheimniss über und verdichteten sich nur allmählig zu einem Gemeingute der Völker und der Menschheit, wie z. B. der grosse pythagoreische Lehrsatz.1) Damit die Kritik die Weltgeschichte und den Weltgeist verlieren konnte, mussten dieselben ihr vorausgegangen sein; die Gegenwart ist nur, weil eine Vergangenheit war, wie die Zukunft aus der Gegenwart und so die ganze Geschichte entsteht; psychologisch erscheint jede frühere menschliche geistige Arbeit in der gegenwärtigen enthalten und verwerthet und wir sind die geistigen Erben aller Völker und aller Zeiten. Ein Erbe zu sein, kann die Beschränktheit und Undankbarkeit leugnen; das grosse Testament, welches die Erbschaft stets fort und fort eröffnet und gibt, ist vorzüglich die Sprache und die Schrift, weshalb auch sie den Völkern des Alterthums überaus heilige waren. In der grossen Weltloge sind wir alle dienende Brüder und der Meister vom Stuhl ist der ewige Weltgeist, Gott; die drei Säulen der Weltloge sind die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, - sie sind der dreifache Schlag des Weltmeisters, welcher die Diener zur Ordnung und stets neuer Thätigkeit ruft und selbst die Todten (Hiram) wiedererweckt, - sie sind das unverlierbare, in Tod und Leben gleiche Meisterwort, - sie sind der für die Menschheit sich selbst opfernde Sohn, - sie sind die Weltenuhr, die stets von Neuem aufgezogen wird, ohne jemals abgelaufen zu sein.
Schliesslich möge noch eine an einen dienenden Bru-
1) Vergl. Verdichtung des Denkens in der Geschichte, ein Fragment, in der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft, II. S. 54 ff.
schaft und Kunst, die Dichtung und die Baukunst, und eben so die mittelalterliche Bildung in allen ihren Theilen und Richtungen sind durchaus religiöse, priesterliche, mysteriöse, – ein Mysterium, eine Rune. Ein arabisches Sprichwort bezeichnete auch schon den Handel geradezu als „unzertrennlich von dem Glauben.“ Die grossen und grössten Ideen, welche heute die Menschheit und die Weltgeschichte tragen, waren zuerst nur das Erzeugniss und das Eigenthum einzelner besonders begabter Geister, gingen sodann auf einzelne bevorzugte Schüler als ein Geheimniss über und verdichteten sich nur allmählig zu einem Gemeingute der Völker und der Menschheit, wie z. B. der grosse pythagoreische Lehrsatz.1) Damit die Kritik die Weltgeschichte und den Weltgeist verlieren konnte, mussten dieselben ihr vorausgegangen sein; die Gegenwart ist nur, weil eine Vergangenheit war, wie die Zukunft aus der Gegenwart und so die ganze Geschichte entsteht; psychologisch erscheint jede frühere menschliche geistige Arbeit in der gegenwärtigen enthalten und verwerthet und wir sind die geistigen Erben aller Völker und aller Zeiten. Ein Erbe zu sein, kann die Beschränktheit und Undankbarkeit leugnen; das grosse Testament, welches die Erbschaft stets fort und fort eröffnet und gibt, ist vorzüglich die Sprache und die Schrift, weshalb auch sie den Völkern des Alterthums überaus heilige waren. In der grossen Weltloge sind wir alle dienende Brüder und der Meister vom Stuhl ist der ewige Weltgeist, Gott; die drei Säulen der Weltloge sind die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, – sie sind der dreifache Schlag des Weltmeisters, welcher die Diener zur Ordnung und stets neuer Thätigkeit ruft und selbst die Todten (Hiram) wiedererweckt, – sie sind das unverlierbare, in Tod und Leben gleiche Meisterwort, – sie sind der für die Menschheit sich selbst opfernde Sohn, – sie sind die Weltenuhr, die stets von Neuem aufgezogen wird, ohne jemals abgelaufen zu sein.
Schliesslich möge noch eine an einen dienenden Bru-
1) Vergl. Verdichtung des Denkens in der Geschichte, ein Fragment, in der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft, II. S. 54 ff.
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schaft und Kunst, die Dichtung und die Baukunst, und eben so die mittelalterliche Bildung in allen ihren Theilen und Richtungen sind durchaus religiöse, priesterliche, mysteriöse, – ein Mysterium, eine Rune. Ein arabisches Sprichwort bezeichnete auch schon den Handel geradezu als <hirendition="#g">„unzertrennlich von dem Glauben.“</hi> Die grossen und grössten Ideen, welche heute die Menschheit und die Weltgeschichte tragen, waren zuerst nur das Erzeugniss und das Eigenthum einzelner besonders begabter Geister, gingen sodann auf einzelne bevorzugte Schüler als ein Geheimniss über und verdichteten sich nur allmählig zu einem Gemeingute der Völker und der Menschheit, wie z. B. der grosse pythagoreische Lehrsatz.<noteplace="foot"n="1)">Vergl. Verdichtung des Denkens in der Geschichte, ein Fragment, in der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft, II. S. 54 ff.<lb/></note> Damit die Kritik die Weltgeschichte und den Weltgeist <hirendition="#g">verlieren</hi> konnte, mussten dieselben ihr <hirendition="#g">vorausgegangen</hi> sein; die Gegenwart ist nur, weil eine Vergangenheit war, wie die Zukunft aus der Gegenwart und so die ganze Geschichte entsteht; psychologisch erscheint jede frühere menschliche geistige Arbeit in der gegenwärtigen enthalten und <hirendition="#g">verwerthet</hi> und wir sind die geistigen Erben aller Völker und aller Zeiten. Ein Erbe zu sein, kann die Beschränktheit und Undankbarkeit leugnen; das grosse Testament, welches die Erbschaft stets fort und fort eröffnet und gibt, ist vorzüglich die Sprache und die Schrift, weshalb auch sie den Völkern des Alterthums überaus <hirendition="#g">heilige</hi> waren. In der grossen Weltloge sind wir alle <hirendition="#g">dienende</hi> Brüder und der Meister vom Stuhl ist der ewige Weltgeist, Gott; die drei Säulen der Weltloge sind die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, – sie sind der dreifache Schlag des Weltmeisters, welcher die Diener zur Ordnung und stets neuer Thätigkeit ruft und selbst die Todten (Hiram) wiedererweckt, – sie sind das unverlierbare, in Tod und Leben gleiche Meisterwort, – sie sind der für die Menschheit sich selbst opfernde Sohn, – sie sind die Weltenuhr, die stets von Neuem aufgezogen wird, ohne jemals abgelaufen zu sein.
Schliesslich möge noch eine an einen dienenden Bru-
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schaft und Kunst, die Dichtung und die Baukunst, und eben so die mittelalterliche Bildung in allen ihren Theilen und Richtungen sind durchaus religiöse, priesterliche, mysteriöse, – ein Mysterium, eine Rune. Ein arabisches Sprichwort bezeichnete auch schon den Handel geradezu als „unzertrennlich von dem Glauben.“ Die grossen und grössten Ideen, welche heute die Menschheit und die Weltgeschichte tragen, waren zuerst nur das Erzeugniss und das Eigenthum einzelner besonders begabter Geister, gingen sodann auf einzelne bevorzugte Schüler als ein Geheimniss über und verdichteten sich nur allmählig zu einem Gemeingute der Völker und der Menschheit, wie z. B. der grosse pythagoreische Lehrsatz. 1) Damit die Kritik die Weltgeschichte und den Weltgeist verlieren konnte, mussten dieselben ihr vorausgegangen sein; die Gegenwart ist nur, weil eine Vergangenheit war, wie die Zukunft aus der Gegenwart und so die ganze Geschichte entsteht; psychologisch erscheint jede frühere menschliche geistige Arbeit in der gegenwärtigen enthalten und verwerthet und wir sind die geistigen Erben aller Völker und aller Zeiten. Ein Erbe zu sein, kann die Beschränktheit und Undankbarkeit leugnen; das grosse Testament, welches die Erbschaft stets fort und fort eröffnet und gibt, ist vorzüglich die Sprache und die Schrift, weshalb auch sie den Völkern des Alterthums überaus heilige waren. In der grossen Weltloge sind wir alle dienende Brüder und der Meister vom Stuhl ist der ewige Weltgeist, Gott; die drei Säulen der Weltloge sind die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, – sie sind der dreifache Schlag des Weltmeisters, welcher die Diener zur Ordnung und stets neuer Thätigkeit ruft und selbst die Todten (Hiram) wiedererweckt, – sie sind das unverlierbare, in Tod und Leben gleiche Meisterwort, – sie sind der für die Menschheit sich selbst opfernde Sohn, – sie sind die Weltenuhr, die stets von Neuem aufgezogen wird, ohne jemals abgelaufen zu sein. Schliesslich möge noch eine an einen dienenden Bru-
1) Vergl. Verdichtung des Denkens in der Geschichte, ein Fragment, in der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft, II. S. 54 ff.
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/280>, abgerufen am 16.02.2025.
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