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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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leben nicht mehr gebräuchliche und verständliche Sprache zu ihrer Mysteriensprache wählen, - sie mussten sich Zauberworte und Zaubersprüehe, besondere und heilige Namen und Worte schaffen und mit deren Besitz, Erfindung und Reichthum wuchsen sie empor, wurden sie selbst. Zaubern heisst aus Nichts Etwas machen, - mit dem Geiste, mit dem Hauche, mit dem Worte schaffen; der Zauberer, der Magier und Hexenmeister, der Weissager und Wisser ist ein Sprecher (in den Zendschriften maretan), daher das Zauberwort, der Zauberspruch, die Bespreehung, die Zauberformel, der Zaubergesang, die Weissagung, die Weissage, das Orakel. Der Sprecher und Zauberer ist zugleich ein Weiser (ucig im Weda), ein segnender Heiler und Arzt, ein Sänger und Sängerin, ein Seher und Prophet oder Orakelpriester, Kawi im Weda genannt,1) - ein höherer Mensch, ein Priester und eine Priesterin, ein Gott und eine Göttin. Der neueste Forscher über den Buddhismus, Wasslijew in Petersburg, hält die buddhistischen Zauberformeln, mit denen man geistige Wesen zu schlagen vermag, für persische; jedoch tritt die Macht des Wortes (Vac, Wort, Rede) auch schon in den Veden durch Besprechungen und Zauberformeln hervor und dieselbe zaubernde Macht wird darin dem Gesange, den Hymnen, d. i. den gesungenen Worten und Reden zugeschrieben.2) Der älteste religiöse Reformator und Philosoph, der weit über 2000 Jahre v. Chr. lebende3) baktrische Zarathustra ist wörtlich der vortreffliche Sänger und Dichter (Zarath-ustra), - der die heiligen Gebete (mantra's) Sprechende (mathran), ein Opferer (ratam) mit den heiligen Gebeten, der Hochheilige (cpitama), ein Orakelpriester und Prophet, - der Feueranzünder und Lichtbringer (Caoskjanto), der Bote (dauta) Ahuramazda's und zuletzt oder später, wie dieses auch Buddha und andere Religionsverkünder wurden, selbst ein Gott, ein Weltherr und Weltherrscher, ein lebendiger und ewiger Weiser (ahura Mazda), ein Unsterblicher (Amesha cpenta, im

1) Haug, die Gathas des Zarathustra, II. S. 238.
2) Ausland, a a. O., S. 1233 a.
3) Haug, a. a. O., Il. S. 244, und oben I. S. 320 ff.

leben nicht mehr gebräuchliche und verständliche Sprache zu ihrer Mysteriensprache wählen, – sie mussten sich Zauberworte und Zaubersprüehe, besondere und heilige Namen und Worte schaffen und mit deren Besitz, Erfindung und Reichthum wuchsen sie empor, wurden sie selbst. Zaubern heisst aus Nichts Etwas machen, – mit dem Geiste, mit dem Hauche, mit dem Worte schaffen; der Zauberer, der Magier und Hexenmeister, der Weissager und Wisser ist ein Sprecher (in den Zendschriften maretan), daher das Zauberwort, der Zauberspruch, die Bespreehung, die Zauberformel, der Zaubergesang, die Weissagung, die Weissage, das Orakel. Der Sprecher und Zauberer ist zugleich ein Weiser (uçig im Weda), ein segnender Heiler und Arzt, ein Sänger und Sängerin, ein Seher und Prophet oder Orakelpriester, Kawi im Weda genannt,1) – ein höherer Mensch, ein Priester und eine Priesterin, ein Gott und eine Göttin. Der neueste Forscher über den Buddhismus, Wasslijew in Petersburg, hält die buddhistischen Zauberformeln, mit denen man geistige Wesen zu schlagen vermag, für persische; jedoch tritt die Macht des Wortes (Vac, Wort, Rede) auch schon in den Veden durch Besprechungen und Zauberformeln hervor und dieselbe zaubernde Macht wird darin dem Gesange, den Hymnen, d. i. den gesungenen Worten und Reden zugeschrieben.2) Der älteste religiöse Reformator und Philosoph, der weit über 2000 Jahre v. Chr. lebende3) baktrische Zarathustra ist wörtlich der vortreffliche Sänger und Dichter (Zarath-ustra), – der die heiligen Gebete (mantra’s) Sprechende (mâthran), ein Opferer (râtam) mit den heiligen Gebeten, der Hochheilige (çpitama), ein Orakelpriester und Prophet, – der Feueranzünder und Lichtbringer (Çaoskjanto), der Bote (dûta) Ahuramazda’s und zuletzt oder später, wie dieses auch Buddha und andere Religionsverkünder wurden, selbst ein Gott, ein Weltherr und Weltherrscher, ein lebendiger und ewiger Weiser (ahura Mazda), ein Unsterblicher (Amesha çpenta, im

1) Haug, die Gâthâs des Zarathustra, II. S. 238.
2) Ausland, a a. O., S. 1233 a.
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[191/0211] leben nicht mehr gebräuchliche und verständliche Sprache zu ihrer Mysteriensprache wählen, – sie mussten sich Zauberworte und Zaubersprüehe, besondere und heilige Namen und Worte schaffen und mit deren Besitz, Erfindung und Reichthum wuchsen sie empor, wurden sie selbst. Zaubern heisst aus Nichts Etwas machen, – mit dem Geiste, mit dem Hauche, mit dem Worte schaffen; der Zauberer, der Magier und Hexenmeister, der Weissager und Wisser ist ein Sprecher (in den Zendschriften maretan), daher das Zauberwort, der Zauberspruch, die Bespreehung, die Zauberformel, der Zaubergesang, die Weissagung, die Weissage, das Orakel. Der Sprecher und Zauberer ist zugleich ein Weiser (uçig im Weda), ein segnender Heiler und Arzt, ein Sänger und Sängerin, ein Seher und Prophet oder Orakelpriester, Kawi im Weda genannt, 1) – ein höherer Mensch, ein Priester und eine Priesterin, ein Gott und eine Göttin. Der neueste Forscher über den Buddhismus, Wasslijew in Petersburg, hält die buddhistischen Zauberformeln, mit denen man geistige Wesen zu schlagen vermag, für persische; jedoch tritt die Macht des Wortes (Vac, Wort, Rede) auch schon in den Veden durch Besprechungen und Zauberformeln hervor und dieselbe zaubernde Macht wird darin dem Gesange, den Hymnen, d. i. den gesungenen Worten und Reden zugeschrieben. 2) Der älteste religiöse Reformator und Philosoph, der weit über 2000 Jahre v. Chr. lebende 3) baktrische Zarathustra ist wörtlich der vortreffliche Sänger und Dichter (Zarath-ustra), – der die heiligen Gebete (mantra’s) Sprechende (mâthran), ein Opferer (râtam) mit den heiligen Gebeten, der Hochheilige (çpitama), ein Orakelpriester und Prophet, – der Feueranzünder und Lichtbringer (Çaoskjanto), der Bote (dûta) Ahuramazda’s und zuletzt oder später, wie dieses auch Buddha und andere Religionsverkünder wurden, selbst ein Gott, ein Weltherr und Weltherrscher, ein lebendiger und ewiger Weiser (ahura Mazda), ein Unsterblicher (Amesha çpenta, im 1) Haug, die Gâthâs des Zarathustra, II. S. 238. 2) Ausland, a a. O., S. 1233 a. 3) Haug, a. a. O., Il. S. 244, und oben I. S. 320 ff.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/211>, abgerufen am 26.11.2024.