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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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namentlich noch heute auf Ceylon, in Barma und Siam, während dieselbe in ihrem Heimathlande ganz vergessen ist;1) das Lateinische der katholischen Priester und Kirche aller Länder u. s. w. Diese heiligen, dem Volke und der Masse unverständlichen und geheimnissvollen Sprachen haben nicht wenig zur Ausbreitung und Befestigung der brahmanischen, buddhistischen, katholischen u. s. w. Religion, der religiösen Mysterien beigetragen, indem sie ihre Verkünder als höhere Wesen und die von ihnen verkündigten Lehren als geoffenbarte Mysterien erscheinen liessen, - indem sie ihre Verkünder hoch emporhoben und gleichsam heiligten, zumal diese Sprachen in der Regel die Sprachen der Wissenschaft, der Mathematik, Astronomie, Chronologie, Geographie, Grammatik, Philosophie, Rechtswissenschaft, Arzneiwissenschaft u. s. f. waren und somit alles Wissen und Können, eine wirkliche Macht und Herrschergewalt in sich schlossen.2) Schon das fremde Wort, die fremde Sprache an sich erweckt in dem bisher damit Unbekannten oder ihrer Nichtmächtigen sehr leicht die Vorstellung, dass darin etwas Höheres, ein Geheimniss enthalten und verborgen liege, welches man theilweise wenigstens bereits errungen und erreicht zu haben wähnt, wenn man auch nur das leere, meistens nicht einmal verstandene Wort besitzen sollte; nicht selten sogar wird das vermeintliche Mysterium um so höher angeschlagen und um so theurer bewahrt, je weniger man die erhaltenen fremden Worte versteht und begreift. Eine fremde, eine schwer verständliche Sprache ist daher auch die Sprache aller Zauberer und das Zaubernde, das Bezaubernde und Verblendende ist gerade das Unverstandene, der Unverstand des Hörenden; in der Allen verständlichen Sprache könnte unmöglich zu zaubern versucht und gewagt werden, weil man die gebrauchten Zaubersprüche verstehen und erkennen würde,

1) Spiegel, im Auslande für 1860, S. 986 a, Auch die heutigen Parsen und sogar deren Priester zu Bombay verstehen nach Graul, Reise in Ostindien 1 (Leipzig 1854). S. 93, welcher zugleich den Parsen Manackdji Cursedji Meister in der dortigen Freimaurerloge sein lässt, nicht mehr die Sprache ihrer heiligen Schriften.
2) Lassen, indische Alterthumskunde, III. S. 301.

namentlich noch heute auf Ceylon, in Barma und Siam, während dieselbe in ihrem Heimathlande ganz vergessen ist;1) das Lateinische der katholischen Priester und Kirche aller Länder u. s. w. Diese heiligen, dem Volke und der Masse unverständlichen und geheimnissvollen Sprachen haben nicht wenig zur Ausbreitung und Befestigung der brahmanischen, buddhistischen, katholischen u. s. w. Religion, der religiösen Mysterien beigetragen, indem sie ihre Verkünder als höhere Wesen und die von ihnen verkündigten Lehren als geoffenbarte Mysterien erscheinen liessen, – indem sie ihre Verkünder hoch emporhoben und gleichsam heiligten, zumal diese Sprachen in der Regel die Sprachen der Wissenschaft, der Mathematik, Astronomie, Chronologie, Geographie, Grammatik, Philosophie, Rechtswissenschaft, Arzneiwissenschaft u. s. f. waren und somit alles Wissen und Können, eine wirkliche Macht und Herrschergewalt in sich schlossen.2) Schon das fremde Wort, die fremde Sprache an sich erweckt in dem bisher damit Unbekannten oder ihrer Nichtmächtigen sehr leicht die Vorstellung, dass darin etwas Höheres, ein Geheimniss enthalten und verborgen liege, welches man theilweise wenigstens bereits errungen und erreicht zu haben wähnt, wenn man auch nur das leere, meistens nicht einmal verstandene Wort besitzen sollte; nicht selten sogar wird das vermeintliche Mysterium um so höher angeschlagen und um so theurer bewahrt, je weniger man die erhaltenen fremden Worte versteht und begreift. Eine fremde, eine schwer verständliche Sprache ist daher auch die Sprache aller Zauberer und das Zaubernde, das Bezaubernde und Verblendende ist gerade das Unverstandene, der Unverstand des Hörenden; in der Allen verständlichen Sprache könnte unmöglich zu zaubern versucht und gewagt werden, weil man die gebrauchten Zaubersprüche verstehen und erkennen würde,

1) Spiegel, im Auslande für 1860, S. 986 a, Auch die heutigen Parsen und sogar deren Priester zu Bombay verstehen nach Graul, Reise in Ostindien 1 (Leipzig 1854). S. 93, welcher zugleich den Parsen Manackdji Cursedji Meister in der dortigen Freimaurerloge sein lässt, nicht mehr die Sprache ihrer heiligen Schriften.
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[189/0209] namentlich noch heute auf Ceylon, in Barma und Siam, während dieselbe in ihrem Heimathlande ganz vergessen ist; 1) das Lateinische der katholischen Priester und Kirche aller Länder u. s. w. Diese heiligen, dem Volke und der Masse unverständlichen und geheimnissvollen Sprachen haben nicht wenig zur Ausbreitung und Befestigung der brahmanischen, buddhistischen, katholischen u. s. w. Religion, der religiösen Mysterien beigetragen, indem sie ihre Verkünder als höhere Wesen und die von ihnen verkündigten Lehren als geoffenbarte Mysterien erscheinen liessen, – indem sie ihre Verkünder hoch emporhoben und gleichsam heiligten, zumal diese Sprachen in der Regel die Sprachen der Wissenschaft, der Mathematik, Astronomie, Chronologie, Geographie, Grammatik, Philosophie, Rechtswissenschaft, Arzneiwissenschaft u. s. f. waren und somit alles Wissen und Können, eine wirkliche Macht und Herrschergewalt in sich schlossen. 2) Schon das fremde Wort, die fremde Sprache an sich erweckt in dem bisher damit Unbekannten oder ihrer Nichtmächtigen sehr leicht die Vorstellung, dass darin etwas Höheres, ein Geheimniss enthalten und verborgen liege, welches man theilweise wenigstens bereits errungen und erreicht zu haben wähnt, wenn man auch nur das leere, meistens nicht einmal verstandene Wort besitzen sollte; nicht selten sogar wird das vermeintliche Mysterium um so höher angeschlagen und um so theurer bewahrt, je weniger man die erhaltenen fremden Worte versteht und begreift. Eine fremde, eine schwer verständliche Sprache ist daher auch die Sprache aller Zauberer und das Zaubernde, das Bezaubernde und Verblendende ist gerade das Unverstandene, der Unverstand des Hörenden; in der Allen verständlichen Sprache könnte unmöglich zu zaubern versucht und gewagt werden, weil man die gebrauchten Zaubersprüche verstehen und erkennen würde, 1) Spiegel, im Auslande für 1860, S. 986 a, Auch die heutigen Parsen und sogar deren Priester zu Bombay verstehen nach Graul, Reise in Ostindien 1 (Leipzig 1854). S. 93, welcher zugleich den Parsen Manackdji Cursedji Meister in der dortigen Freimaurerloge sein lässt, nicht mehr die Sprache ihrer heiligen Schriften. 2) Lassen, indische Alterthumskunde, III. S. 301.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/209>, abgerufen am 26.11.2024.