Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

es vor ihm von Fessler geschehen war. Schon das Bedenken steht dem Eide entgegen, dass er abgenommen wird, ehe und bevor der Schwörende dessen Bedeutung kennt und man ihm entweder noch gar Nichts oder nur sehr Weniges mitgetheilt hat; einzig in der (niemals erfüllten und zu erfüllenden) Erwartung, der zu erfahrenden wichtigen Geheimnisse wird der geforderte Eid geschworen. Ferner kann man unmöglich zu verschweigen geloben, was seit Jahrzehnten in vielen aus- und inländischen Büchern von Jedem gedruckt zu lesen und nicht selten aus diesen Büchern nur abgeschrieben ist; wenn Jemand Das, was er aus solchen öffentlichen Büchern erfahren, weiter mittheilt, verräth er begreiflich Nichts aus der Loge. Vielen Logen und Tausenden von Brüdern fällt das Schweigen so ausserordentlich leicht, weil ihnen das Reden die schwerste königliche Kunst wäre. Nachdem nun die Maurer vollständig aufgehört haben, irgend welche politische, wissenschaftliche oder technische (Kunst-) Geheimnisse zu bewahren und zu besitzen, wollte bereits der um die Umgestaltung und Bessergestaltung der neueren Maurerei so verdiente Br. Fessler (Schriften III., S. 79-80) den früheren Maurereid blos zur historischen Kunde der Brüder gebracht wissen: "weil wir nicht mehr in der wirklichen Baukunst arbeitende freie Maurer, mithin auch nicht mehr in der Nothwendigkeit unserer würdigen Vorfahren sind, die besondern Vortheile und Handgriffe der Kunst geheim zu halten, oder, aus Furcht vor Entheiligung, Kerker und Scheiterhaufen zu verbergen. Unsere Gebräuche sind durch den Druck der Welt bekannt geworden: ihre Geheimhaltung kann also durch keinen Eid mehr versprochen worden. Das einzige Geheimniss, was noch in der Bruderschaft liegt, ist das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei, und die Geschichte ihres Ursprungs und ihrer Fortschritte. Wer das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei unter Leitung unserer Symbole in seinem Innersten gefunden hat, der kann es durch Aussprechung nicht entheiligen; denn er wird von Denen, die es

es vor ihm von Fessler geschehen war. Schon das Bedenken steht dem Eide entgegen, dass er abgenommen wird, ehe und bevor der Schwörende dessen Bedeutung kennt und man ihm entweder noch gar Nichts oder nur sehr Weniges mitgetheilt hat; einzig in der (niemals erfüllten und zu erfüllenden) Erwartung, der zu erfahrenden wichtigen Geheimnisse wird der geforderte Eid geschworen. Ferner kann man unmöglich zu verschweigen geloben, was seit Jahrzehnten in vielen aus- und inländischen Büchern von Jedem gedruckt zu lesen und nicht selten aus diesen Büchern nur abgeschrieben ist; wenn Jemand Das, was er aus solchen öffentlichen Büchern erfahren, weiter mittheilt, verräth er begreiflich Nichts aus der Loge. Vielen Logen und Tausenden von Brüdern fällt das Schweigen so ausserordentlich leicht, weil ihnen das Reden die schwerste königliche Kunst wäre. Nachdem nun die Maurer vollständig aufgehört haben, irgend welche politische, wissenschaftliche oder technische (Kunst-) Geheimnisse zu bewahren und zu besitzen, wollte bereits der um die Umgestaltung und Bessergestaltung der neueren Maurerei so verdiente Br. Fessler (Schriften III., S. 79-80) den früheren Maurereid blos zur historischen Kunde der Brüder gebracht wissen: „weil wir nicht mehr in der wirklichen Baukunst arbeitende freie Maurer, mithin auch nicht mehr in der Nothwendigkeit unserer würdigen Vorfahren sind, die besondern Vortheile und Handgriffe der Kunst geheim zu halten, oder, aus Furcht vor Entheiligung, Kerker und Scheiterhaufen zu verbergen. Unsere Gebräuche sind durch den Druck der Welt bekannt geworden: ihre Geheimhaltung kann also durch keinen Eid mehr versprochen worden. Das einzige Geheimniss, was noch in der Bruderschaft liegt, ist das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei, und die Geschichte ihres Ursprungs und ihrer Fortschritte. Wer das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei unter Leitung unserer Symbole in seinem Innersten gefunden hat, der kann es durch Aussprechung nicht entheiligen; denn er wird von Denen, die es

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface">
        <p><pb facs="#f0013" n="IX"/>
es vor ihm von Fessler geschehen war. Schon das Bedenken steht dem Eide entgegen, dass er abgenommen wird, ehe und bevor der Schwörende dessen Bedeutung kennt und man ihm entweder noch gar Nichts oder nur sehr Weniges mitgetheilt hat; einzig in der (niemals erfüllten und zu erfüllenden) Erwartung, der zu erfahrenden wichtigen Geheimnisse wird der geforderte Eid geschworen. Ferner kann man unmöglich zu verschweigen geloben, was seit Jahrzehnten in vielen aus- und inländischen Büchern von Jedem gedruckt zu lesen und nicht selten aus diesen Büchern nur abgeschrieben ist; wenn Jemand Das, was er aus solchen öffentlichen Büchern erfahren, weiter mittheilt, verräth er begreiflich Nichts aus der Loge. Vielen Logen und Tausenden von Brüdern fällt das Schweigen so ausserordentlich leicht, weil ihnen das Reden die schwerste königliche Kunst wäre. Nachdem nun die Maurer vollständig aufgehört haben, irgend welche politische, wissenschaftliche oder technische (Kunst-) Geheimnisse zu bewahren und zu besitzen, wollte bereits der um die Umgestaltung und Bessergestaltung der neueren Maurerei so verdiente Br. Fessler (Schriften III., S. 79-80) den früheren Maurereid blos zur historischen Kunde der Brüder gebracht wissen: &#x201E;weil wir nicht mehr in der wirklichen Baukunst arbeitende freie Maurer, mithin auch nicht mehr in der Nothwendigkeit unserer würdigen Vorfahren sind, die besondern Vortheile und Handgriffe der Kunst geheim zu halten, oder, aus Furcht vor Entheiligung, Kerker und Scheiterhaufen zu verbergen. Unsere Gebräuche sind durch den Druck der Welt bekannt geworden: <hi rendition="#g">ihre Geheimhaltung kann also durch keinen Eid mehr versprochen worden.</hi> Das einzige Geheimniss, was noch in der Bruderschaft liegt, ist das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei, und die Geschichte ihres Ursprungs und ihrer Fortschritte. Wer das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei unter Leitung unserer Symbole <hi rendition="#g">in seinem Innersten</hi> gefunden hat, der kann es durch Aussprechung nicht entheiligen; denn er wird von Denen, die es
</p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[IX/0013] es vor ihm von Fessler geschehen war. Schon das Bedenken steht dem Eide entgegen, dass er abgenommen wird, ehe und bevor der Schwörende dessen Bedeutung kennt und man ihm entweder noch gar Nichts oder nur sehr Weniges mitgetheilt hat; einzig in der (niemals erfüllten und zu erfüllenden) Erwartung, der zu erfahrenden wichtigen Geheimnisse wird der geforderte Eid geschworen. Ferner kann man unmöglich zu verschweigen geloben, was seit Jahrzehnten in vielen aus- und inländischen Büchern von Jedem gedruckt zu lesen und nicht selten aus diesen Büchern nur abgeschrieben ist; wenn Jemand Das, was er aus solchen öffentlichen Büchern erfahren, weiter mittheilt, verräth er begreiflich Nichts aus der Loge. Vielen Logen und Tausenden von Brüdern fällt das Schweigen so ausserordentlich leicht, weil ihnen das Reden die schwerste königliche Kunst wäre. Nachdem nun die Maurer vollständig aufgehört haben, irgend welche politische, wissenschaftliche oder technische (Kunst-) Geheimnisse zu bewahren und zu besitzen, wollte bereits der um die Umgestaltung und Bessergestaltung der neueren Maurerei so verdiente Br. Fessler (Schriften III., S. 79-80) den früheren Maurereid blos zur historischen Kunde der Brüder gebracht wissen: „weil wir nicht mehr in der wirklichen Baukunst arbeitende freie Maurer, mithin auch nicht mehr in der Nothwendigkeit unserer würdigen Vorfahren sind, die besondern Vortheile und Handgriffe der Kunst geheim zu halten, oder, aus Furcht vor Entheiligung, Kerker und Scheiterhaufen zu verbergen. Unsere Gebräuche sind durch den Druck der Welt bekannt geworden: ihre Geheimhaltung kann also durch keinen Eid mehr versprochen worden. Das einzige Geheimniss, was noch in der Bruderschaft liegt, ist das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei, und die Geschichte ihres Ursprungs und ihrer Fortschritte. Wer das Wesen und die Tendenz der Freimaurerei unter Leitung unserer Symbole in seinem Innersten gefunden hat, der kann es durch Aussprechung nicht entheiligen; denn er wird von Denen, die es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/13
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/13>, abgerufen am 21.11.2024.