Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

führung in die symbolische dunkle Maurerhöhle. Dass dieses Vorbereitungszimmer des Aufzunehmenden eine sehr alte maurerische Einrichtung sei, also nicht etwa erst im J. 1717 oder seither eingeführt worden sein könne, ergibt das sog. älteste englische Lehrlingsfragstück Frage 6 ff. Da die Engländer und wir mit ihnen die Baukunst und die Gebräuche und Lehren der Baukünstler (denn in diesen bestand die Freimaurerei bis zum J. 1717) zunächst aus der Hand der Römer, der römischen Baucorporationen und Baumeister erhalten haben, muss ihnen auch von diesen die Vorstellung und der Gebrauch überbracht worden sein, die Mysterien des Hiram an dunkeln Orten, in Höhlen zu feiern. Dass früher Einige schon durch die Phönicier den Mithracultus, die Mysterien des Hiram nach den brittischen Inseln haben bringen lassen, 1) verdient keine ernstliche Widerlegung, da die Phönicier niemals bleibend auf den britischen Inseln sich niedergelassen hatten und noch weniger dort gebauet haben, die Lehrer in der Baukunst gewesen sind. Nach dem vorgehend über die Ausbreitung der Mithramysterien in dem römischen Reiche seit dem Jahre 70 v. Chr. Beigebrachten gehört es nun wesentlich diesen Mysterien an, dass sie symbolisch in Höhlen gefeiert wurden, wesshalb die Stätte ihrer Feier, eben die Höhle, Speläon, [fremdsprachliches Material], spelaeum, spelunca, specus in demselben Sinne hiess, in welchem wir von der Loge reden. Solche mithrische Speläen befanden sich z. B. ausser zu Rom in Mailand, 2) zu Constantinopel, 3) zu Alexandrien 4) u. s. w. und erscheinen zugleich häufig auf den Mithradenkmalen. Windischmann, a. a. O., S. 63, hat etymologisch nachgewiesen, dass die Höhle des Mithra, Speläon, zugleich die Warte bezeichne, von welcher herab Mithra, das Licht, Alles sehe, ausforsche und erspähe; Speläon ist die Spähstätte. In den Zendschriffen heisst cpac spähen, schauen, sanskr. pac, lat. spec-io, griech. [fremdsprachliches Material], deutsch spähen. Specus, die Höhle, ist nach Ul-

1) Creuzer, Symbolik, I. S. 765.
2) Creuzer, a. a. O., I. S. 764.
3) Creuzer, a. a. O., I. S. 761.
4) Windischmann, Mithra, S. 68.

führung in die symbolische dunkle Maurerhöhle. Dass dieses Vorbereitungszimmer des Aufzunehmenden eine sehr alte maurerische Einrichtung sei, also nicht etwa erst im J. 1717 oder seither eingeführt worden sein könne, ergibt das sog. älteste englische Lehrlingsfragstück Frage 6 ff. Da die Engländer und wir mit ihnen die Baukunst und die Gebräuche und Lehren der Baukünstler (denn in diesen bestand die Freimaurerei bis zum J. 1717) zunächst aus der Hand der Römer, der römischen Baucorporationen und Baumeister erhalten haben, muss ihnen auch von diesen die Vorstellung und der Gebrauch überbracht worden sein, die Mysterien des Hiram an dunkeln Orten, in Höhlen zu feiern. Dass früher Einige schon durch die Phönicier den Mithracultus, die Mysterien des Hiram nach den brittischen Inseln haben bringen lassen, 1) verdient keine ernstliche Widerlegung, da die Phönicier niemals bleibend auf den britischen Inseln sich niedergelassen hatten und noch weniger dort gebauet haben, die Lehrer in der Baukunst gewesen sind. Nach dem vorgehend über die Ausbreitung der Mithramysterien in dem römischen Reiche seit dem Jahre 70 v. Chr. Beigebrachten gehört es nun wesentlich diesen Mysterien an, dass sie symbolisch in Höhlen gefeiert wurden, wesshalb die Stätte ihrer Feier, eben die Höhle, Speläon, [fremdsprachliches Material], spelaeum, spelunca, specus in demselben Sinne hiess, in welchem wir von der Loge reden. Solche mithrische Speläen befanden sich z. B. ausser zu Rom in Mailand, 2) zu Constantinopel, 3) zu Alexandrien 4) u. s. w. und erscheinen zugleich häufig auf den Mithradenkmalen. Windischmann, a. a. O., S. 63, hat etymologisch nachgewiesen, dass die Höhle des Mithra, Speläon, zugleich die Warte bezeichne, von welcher herab Mithra, das Licht, Alles sehe, ausforsche und erspähe; Speläon ist die Spähstätte. In den Zendschriffen heisst cpac spähen, schauen, sanskr. pac, lat. spec-io, griech. [fremdsprachliches Material], deutsch spähen. Specus, die Höhle, ist nach Ul-

1) Creuzer, Symbolik, I. S. 765.
2) Creuzer, a. a. O., I. S. 764.
3) Creuzer, a. a. O., I. S. 761.
4) Windischmann, Mithra, S. 68.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0073" n="57"/>
führung in die symbolische dunkle Maurerhöhle.
 Dass dieses Vorbereitungszimmer des Aufzunehmenden eine sehr alte maurerische Einrichtung sei, also
 nicht etwa erst im J. 1717 oder seither eingeführt worden sein könne, ergibt das sog. älteste
 englische Lehrlingsfragstück Frage 6 ff. Da die Engländer und wir mit ihnen die Baukunst und die
 Gebräuche und Lehren der Baukünstler (denn in diesen bestand die Freimaurerei bis zum J. 1717)
 zunächst aus der Hand der Römer, der römischen Baucorporationen und Baumeister erhalten haben, muss
 ihnen auch von diesen die Vorstellung und der Gebrauch überbracht worden sein, die Mysterien des
 Hiram an dunkeln Orten, in Höhlen zu feiern. Dass früher Einige schon durch die Phönicier den
 Mithracultus, die Mysterien des Hiram nach den brittischen Inseln haben bringen lassen, <note place="foot" n="1)">Creuzer, Symbolik, I. S. 765.</note> verdient keine ernstliche Widerlegung, da
 die Phönicier niemals bleibend auf den britischen Inseln sich niedergelassen hatten und noch weniger
 dort gebauet haben, die Lehrer in der Baukunst gewesen sind. Nach dem vorgehend über die Ausbreitung
 der Mithramysterien in dem römischen Reiche seit dem Jahre 70 v. Chr. Beigebrachten gehört es nun
 wesentlich diesen Mysterien an, dass sie symbolisch in Höhlen gefeiert wurden, wesshalb die Stätte
 ihrer Feier, eben die Höhle, Speläon, <foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign>,
 spelaeum, spelunca, specus in demselben Sinne hiess, in welchem wir von der Loge reden. Solche
 mithrische Speläen befanden sich z. B. ausser zu Rom in Mailand, <note place="foot" n="2)">Creuzer,
 a. a. O., I. S. 764.</note> zu Constantinopel, <note place="foot" n="3)">Creuzer, a. a. O., I. S.
 761.</note> zu Alexandrien <note place="foot" n="4)">Windischmann, Mithra, S. 68.</note> u. s. w.
 und erscheinen zugleich häufig auf den Mithradenkmalen. Windischmann, a. a. O., S. 63, hat
 etymologisch nachgewiesen, dass die Höhle des Mithra, Speläon, zugleich die Warte bezeichne, von
 welcher herab Mithra, das Licht, Alles sehe, ausforsche und erspähe; Speläon ist die Spähstätte. In
 den Zendschriffen heisst cpac spähen, schauen, sanskr. pac, lat. spec-io, griech. <foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign>, deutsch spähen. Specus, die Höhle, ist nach Ul-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0073] führung in die symbolische dunkle Maurerhöhle. Dass dieses Vorbereitungszimmer des Aufzunehmenden eine sehr alte maurerische Einrichtung sei, also nicht etwa erst im J. 1717 oder seither eingeführt worden sein könne, ergibt das sog. älteste englische Lehrlingsfragstück Frage 6 ff. Da die Engländer und wir mit ihnen die Baukunst und die Gebräuche und Lehren der Baukünstler (denn in diesen bestand die Freimaurerei bis zum J. 1717) zunächst aus der Hand der Römer, der römischen Baucorporationen und Baumeister erhalten haben, muss ihnen auch von diesen die Vorstellung und der Gebrauch überbracht worden sein, die Mysterien des Hiram an dunkeln Orten, in Höhlen zu feiern. Dass früher Einige schon durch die Phönicier den Mithracultus, die Mysterien des Hiram nach den brittischen Inseln haben bringen lassen, 1) verdient keine ernstliche Widerlegung, da die Phönicier niemals bleibend auf den britischen Inseln sich niedergelassen hatten und noch weniger dort gebauet haben, die Lehrer in der Baukunst gewesen sind. Nach dem vorgehend über die Ausbreitung der Mithramysterien in dem römischen Reiche seit dem Jahre 70 v. Chr. Beigebrachten gehört es nun wesentlich diesen Mysterien an, dass sie symbolisch in Höhlen gefeiert wurden, wesshalb die Stätte ihrer Feier, eben die Höhle, Speläon, _ , spelaeum, spelunca, specus in demselben Sinne hiess, in welchem wir von der Loge reden. Solche mithrische Speläen befanden sich z. B. ausser zu Rom in Mailand, 2) zu Constantinopel, 3) zu Alexandrien 4) u. s. w. und erscheinen zugleich häufig auf den Mithradenkmalen. Windischmann, a. a. O., S. 63, hat etymologisch nachgewiesen, dass die Höhle des Mithra, Speläon, zugleich die Warte bezeichne, von welcher herab Mithra, das Licht, Alles sehe, ausforsche und erspähe; Speläon ist die Spähstätte. In den Zendschriffen heisst cpac spähen, schauen, sanskr. pac, lat. spec-io, griech. _ , deutsch spähen. Specus, die Höhle, ist nach Ul- 1) Creuzer, Symbolik, I. S. 765. 2) Creuzer, a. a. O., I. S. 764. 3) Creuzer, a. a. O., I. S. 761. 4) Windischmann, Mithra, S. 68.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/73
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/73>, abgerufen am 22.11.2024.