Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

(Grihastha), des Waldsiedlers (Vanaprasta) und des Niederlegers aller Neigungen (Sannjasin) oder des von Almosen Lebenden (Bhixu), auch des Bezwingers der Sinne und der Leidenschaften (Jati). Auch die Neuplatoniker unterschieden vier Stufen priesterlicher Reinheit und Heiligkeit.1) Die Brahmak' arin sind die Lehrlinge, die reinen Schüler, sogar anfänglich blosse Elementarschüler der Brahmanen, weshalb die jungen Brahmanen auch schon mit dem siebten Jahre bei einem ältern Brahmanen als ihrem Lehrer und Führer, Guru, Schüler werden können, wozu sie durch Anlegung der heiligen Schnur aus drei Fäden und eines weissen Linnenkleides aufgenommen werden. Leutbecher hält die drei Fäden der heiligen Schnur für die Symbole der auch in der maurerischen Lehrlingsaufnahme erscheinenden drei Elemente der Erde, des Feuers und der Luft. Eher aber möchte die dreifache heilige Schnur sich auf die brahmanische Götterdreiheit des Brahma, Wischnu und Schiwa beziehen und den damit bekleideten zu einem Gottgeweihten machen, dem Priesterdienste weihen. Das zu dem Priesterdienste Gehörende hatte daher der Bramatschari (nach Leutbecher), der Brahmanenschüler bis zu seinem zwanzigsten Jahre zu erlernen und natürlich dabei ein priesterliches reines und büssendes Leben zu führen; das Buch des Unterrichts und des unablässigen Studiums waren die vier Veden. Ueber die Einheit und Dreieinigkeit der Gottheit konnte der Schüler erst in dem letzten Theile seiner Lehrzeit begreiflich unterrichtet werden und nicht schon war dieser Unterricht mit seiner Aufnahme verbunden, wie es nach Leutbecher scheinen könnte. Der Gerischtha (nach Leutbecher), welcher ohne Leibesfehler sein musste, ist erst der eigentliche Eingeweihte und empfängt den höhern Unterricht, besonders in der Sternkunde und Naturkunde, vielleicht auch der geheimen Lehre. Der Aufnahme zum Gerischtha gingen Prüfungen voraus, wobei die Qualen der Hölle und die Freuden des Himmels dargestellt wurden. Die Aufnahme scheint eine Lichtertheilung, eine Einführung in das Licht, eine Wiedererweckung in dem Lichte gewesen und in der Mysterien-

1) Knötel, Cheops, S. 121.

(Grihastha), des Waldsiedlers (Vânaprasta) und des Niederlegers aller Neigungen (Sannjâsin) oder des von Almosen Lebenden (Bhixu), auch des Bezwingers der Sinne und der Leidenschaften (Jati). Auch die Neuplatoniker unterschieden vier Stufen priesterlicher Reinheit und Heiligkeit.1) Die Brahmak’ ârin sind die Lehrlinge, die reinen Schüler, sogar anfänglich blosse Elementarschüler der Brahmanen, weshalb die jungen Brahmanen auch schon mit dem siebten Jahre bei einem ältern Brahmanen als ihrem Lehrer und Führer, Guru, Schüler werden können, wozu sie durch Anlegung der heiligen Schnur aus drei Fäden und eines weissen Linnenkleides aufgenommen werden. Leutbecher hält die drei Fäden der heiligen Schnur für die Symbole der auch in der maurerischen Lehrlingsaufnahme erscheinenden drei Elemente der Erde, des Feuers und der Luft. Eher aber möchte die dreifache heilige Schnur sich auf die brahmanische Götterdreiheit des Brahma, Wischnu und Schiwa beziehen und den damit bekleideten zu einem Gottgeweihten machen, dem Priesterdienste weihen. Das zu dem Priesterdienste Gehörende hatte daher der Bramatschari (nach Leutbecher), der Brahmanenschüler bis zu seinem zwanzigsten Jahre zu erlernen und natürlich dabei ein priesterliches reines und büssendes Leben zu führen; das Buch des Unterrichts und des unablässigen Studiums waren die vier Veden. Ueber die Einheit und Dreieinigkeit der Gottheit konnte der Schüler erst in dem letzten Theile seiner Lehrzeit begreiflich unterrichtet werden und nicht schon war dieser Unterricht mit seiner Aufnahme verbunden, wie es nach Leutbecher scheinen könnte. Der Gerischtha (nach Leutbecher), welcher ohne Leibesfehler sein musste, ist erst der eigentliche Eingeweihte und empfängt den höhern Unterricht, besonders in der Sternkunde und Naturkunde, vielleicht auch der geheimen Lehre. Der Aufnahme zum Gerischtha gingen Prüfungen voraus, wobei die Qualen der Hölle und die Freuden des Himmels dargestellt wurden. Die Aufnahme scheint eine Lichtertheilung, eine Einführung in das Licht, eine Wiedererweckung in dem Lichte gewesen und in der Mysterien-

1) Knötel, Cheops, S. 121.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0641" n="625"/>
(Grihastha), des Waldsiedlers (Vânaprasta) und des Niederlegers aller Neigungen (Sannjâsin) oder des
 von Almosen Lebenden (Bhixu), auch des Bezwingers der Sinne und der Leidenschaften (Jati). Auch die
 Neuplatoniker unterschieden vier Stufen priesterlicher Reinheit und Heiligkeit.<note place="foot" n="1)">Knötel, Cheops, S. 121. </note> Die Brahmak&#x2019; ârin sind die Lehrlinge, die reinen Schüler,
 sogar anfänglich blosse Elementarschüler der Brahmanen, weshalb die jungen Brahmanen auch schon mit
 dem siebten Jahre bei einem ältern Brahmanen als ihrem Lehrer und Führer, Guru, Schüler werden
 können, wozu sie durch Anlegung der heiligen Schnur aus drei Fäden und eines weissen Linnenkleides
 aufgenommen werden. Leutbecher hält die drei Fäden der heiligen Schnur für die Symbole der auch in
 der maurerischen Lehrlingsaufnahme erscheinenden drei Elemente der Erde, des Feuers und der Luft.
 Eher aber möchte die dreifache heilige Schnur sich auf die brahmanische Götterdreiheit des Brahma,
 Wischnu und Schiwa beziehen und den damit bekleideten zu einem Gottgeweihten machen, dem
 Priesterdienste weihen. Das zu dem Priesterdienste Gehörende hatte daher der Bramatschari (nach
 Leutbecher), der Brahmanenschüler bis zu seinem zwanzigsten Jahre zu erlernen und natürlich dabei
 ein priesterliches reines und büssendes Leben zu führen; das Buch des Unterrichts und des
 unablässigen Studiums waren die vier Veden. Ueber die Einheit und Dreieinigkeit der Gottheit konnte
 der Schüler erst in dem letzten Theile seiner Lehrzeit begreiflich unterrichtet werden und nicht
 schon war dieser Unterricht mit seiner Aufnahme verbunden, wie es nach Leutbecher scheinen könnte.
 Der Gerischtha (nach Leutbecher), welcher ohne Leibesfehler sein musste, ist erst der eigentliche
 Eingeweihte und empfängt den höhern Unterricht, besonders in der Sternkunde und Naturkunde,
 vielleicht auch der geheimen Lehre. Der Aufnahme zum Gerischtha gingen Prüfungen voraus, wobei die
 Qualen der Hölle und die Freuden des Himmels dargestellt wurden. Die Aufnahme scheint eine
 Lichtertheilung, eine Einführung in das Licht, eine Wiedererweckung in dem Lichte gewesen und in der Mysterien-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[625/0641] (Grihastha), des Waldsiedlers (Vânaprasta) und des Niederlegers aller Neigungen (Sannjâsin) oder des von Almosen Lebenden (Bhixu), auch des Bezwingers der Sinne und der Leidenschaften (Jati). Auch die Neuplatoniker unterschieden vier Stufen priesterlicher Reinheit und Heiligkeit. 1) Die Brahmak’ ârin sind die Lehrlinge, die reinen Schüler, sogar anfänglich blosse Elementarschüler der Brahmanen, weshalb die jungen Brahmanen auch schon mit dem siebten Jahre bei einem ältern Brahmanen als ihrem Lehrer und Führer, Guru, Schüler werden können, wozu sie durch Anlegung der heiligen Schnur aus drei Fäden und eines weissen Linnenkleides aufgenommen werden. Leutbecher hält die drei Fäden der heiligen Schnur für die Symbole der auch in der maurerischen Lehrlingsaufnahme erscheinenden drei Elemente der Erde, des Feuers und der Luft. Eher aber möchte die dreifache heilige Schnur sich auf die brahmanische Götterdreiheit des Brahma, Wischnu und Schiwa beziehen und den damit bekleideten zu einem Gottgeweihten machen, dem Priesterdienste weihen. Das zu dem Priesterdienste Gehörende hatte daher der Bramatschari (nach Leutbecher), der Brahmanenschüler bis zu seinem zwanzigsten Jahre zu erlernen und natürlich dabei ein priesterliches reines und büssendes Leben zu führen; das Buch des Unterrichts und des unablässigen Studiums waren die vier Veden. Ueber die Einheit und Dreieinigkeit der Gottheit konnte der Schüler erst in dem letzten Theile seiner Lehrzeit begreiflich unterrichtet werden und nicht schon war dieser Unterricht mit seiner Aufnahme verbunden, wie es nach Leutbecher scheinen könnte. Der Gerischtha (nach Leutbecher), welcher ohne Leibesfehler sein musste, ist erst der eigentliche Eingeweihte und empfängt den höhern Unterricht, besonders in der Sternkunde und Naturkunde, vielleicht auch der geheimen Lehre. Der Aufnahme zum Gerischtha gingen Prüfungen voraus, wobei die Qualen der Hölle und die Freuden des Himmels dargestellt wurden. Die Aufnahme scheint eine Lichtertheilung, eine Einführung in das Licht, eine Wiedererweckung in dem Lichte gewesen und in der Mysterien- 1) Knötel, Cheops, S. 121.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/641
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/641>, abgerufen am 25.11.2024.