Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.Eindruck auf das jüdische Volk gemacht und seinen Glauben und Vertrauen auf den einzigen, allmächtigen, allgerechten und allgütigen Gott der Juden und aller Völker der Erde mächtig gestärkt hatten. Jehovah. und seine schweren Schicksalsfügungen hatten die Propheten überflüssig gemacht; wen Jehovah nicht belehren und warnen konnte, dem nützten auch die Propheten nichts. Seit Malachias erlosch der prophetische Geist. Dass jetzt schon auch das Eindringen griechischer Kenntnisse, also eine höhere Gelehrtenbildung, zum Verstummen der Propheten beigetragen habe, wie Stäudlin anführt, steht doch zu bezweifeln, obgleich beim Sturze des jüdischen Reiches allerdings viele Juden nach dem Auslande, und namentlich nach Aegypten und vielleicht auch nach den griechischen Inseln sich gewandt haben, und dort mit der griechischen Bildung bekannt geworden sein mögen. Eine Hauptsache war jedenfalls, dass der Vorstellungs- und Lehrkreis, in welchem die Propheten sich bewegten, erschöpft war und sich in keine neue Gestalt mehr einkleiden liess; nach Stäudlin lässt sich die Lehre der Propheten in den Satz zusammenfassen: Glaube an Einen Gott und halte seine Gebote. Unter den noch bestehenden deutschen Sitten und Gebräuchen findet sich wenigstens ein unverkennbarer Ueberrest eines alten Todtendienstes, verbunden mit einem Wiederhervorgehen aus dem Grabe, wenn auch in sehr verwischter und veränderter Gestalt; es ist dieses das sogenannte Begraben der Kirmess oder Kirchweih und ihr Wiederausgraben und frohes Feiern im nächsten Jahre in den beginnenden Kirmess- oder Kirchweihtagen, wobei man sich aber zugleich wesentlich daran erinnern muss, dass am Rheine, in Kurhessen u. s. w. fast alle Kirchweihen im Spätherbst gefeiert werden,1) wie z. B. auch in dem Kanton Zürich die Kirchweih auf den 9. September fällt. Mülhause, S. 301, beschreibt das Begraben der Kirmess in Kurhessen also: "Einer der Platzburschen wird in einen Popanz verkleidet und von seinen Kollegen mit einem Tragkorb 1) Mülhause, Urreligion, S. 492.
Eindruck auf das jüdische Volk gemacht und seinen Glauben und Vertrauen auf den einzigen, allmächtigen, allgerechten und allgütigen Gott der Juden und aller Völker der Erde mächtig gestärkt hatten. Jehovah. und seine schweren Schicksalsfügungen hatten die Propheten überflüssig gemacht; wen Jehovah nicht belehren und warnen konnte, dem nützten auch die Propheten nichts. Seit Malachias erlosch der prophetische Geist. Dass jetzt schon auch das Eindringen griechischer Kenntnisse, also eine höhere Gelehrtenbildung, zum Verstummen der Propheten beigetragen habe, wie Stäudlin anführt, steht doch zu bezweifeln, obgleich beim Sturze des jüdischen Reiches allerdings viele Juden nach dem Auslande, und namentlich nach Aegypten und vielleicht auch nach den griechischen Inseln sich gewandt haben, und dort mit der griechischen Bildung bekannt geworden sein mögen. Eine Hauptsache war jedenfalls, dass der Vorstellungs- und Lehrkreis, in welchem die Propheten sich bewegten, erschöpft war und sich in keine neue Gestalt mehr einkleiden liess; nach Stäudlin lässt sich die Lehre der Propheten in den Satz zusammenfassen: Glaube an Einen Gott und halte seine Gebote. Unter den noch bestehenden deutschen Sitten und Gebräuchen findet sich wenigstens ein unverkennbarer Ueberrest eines alten Todtendienstes, verbunden mit einem Wiederhervorgehen aus dem Grabe, wenn auch in sehr verwischter und veränderter Gestalt; es ist dieses das sogenannte Begraben der Kirmess oder Kirchweih und ihr Wiederausgraben und frohes Feiern im nächsten Jahre in den beginnenden Kirmess- oder Kirchweihtagen, wobei man sich aber zugleich wesentlich daran erinnern muss, dass am Rheine, in Kurhessen u. s. w. fast alle Kirchweihen im Spätherbst gefeiert werden,1) wie z. B. auch in dem Kanton Zürich die Kirchweih auf den 9. September fällt. Mülhause, S. 301, beschreibt das Begraben der Kirmess in Kurhessen also: „Einer der Platzburschen wird in einen Popanz verkleidet und von seinen Kollegen mit einem Tragkorb 1) Mülhause, Urreligion, S. 492.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0631" n="615"/> Eindruck auf das jüdische Volk gemacht und seinen Glauben und Vertrauen auf den einzigen, allmächtigen, allgerechten und allgütigen Gott der Juden und aller Völker der Erde mächtig gestärkt hatten. Jehovah. und seine schweren Schicksalsfügungen hatten die Propheten überflüssig gemacht; wen Jehovah nicht belehren und warnen konnte, dem nützten auch die Propheten nichts. Seit Malachias erlosch der prophetische Geist. Dass jetzt schon auch das Eindringen griechischer Kenntnisse, also eine höhere Gelehrtenbildung, zum Verstummen der Propheten beigetragen habe, wie Stäudlin anführt, steht doch zu bezweifeln, obgleich beim Sturze des jüdischen Reiches allerdings viele Juden nach dem Auslande, und namentlich nach Aegypten und vielleicht auch nach den griechischen Inseln sich gewandt haben, und dort mit der griechischen Bildung bekannt geworden sein mögen. Eine Hauptsache war jedenfalls, dass der Vorstellungs- und Lehrkreis, in welchem die Propheten sich bewegten, erschöpft war und sich in keine neue Gestalt mehr einkleiden liess; nach Stäudlin lässt sich die Lehre der Propheten in den Satz zusammenfassen: Glaube an Einen Gott und halte seine Gebote.</p> <p> Unter den noch bestehenden deutschen Sitten und Gebräuchen findet sich wenigstens ein unverkennbarer Ueberrest eines alten Todtendienstes, verbunden mit einem Wiederhervorgehen aus dem Grabe, wenn auch in sehr verwischter und veränderter Gestalt; es ist dieses das sogenannte Begraben der Kirmess oder Kirchweih und ihr Wiederausgraben und frohes Feiern im nächsten Jahre in den beginnenden Kirmess- oder Kirchweihtagen, wobei man sich aber zugleich wesentlich daran erinnern muss, dass am Rheine, in Kurhessen u. s. w. fast alle Kirchweihen im Spätherbst gefeiert werden,<note place="foot" n="1)">Mülhause, Urreligion, S. 492. </note> wie z. B. auch in dem Kanton Zürich die Kirchweih auf den 9. September fällt. Mülhause, S. 301, beschreibt das Begraben der Kirmess in Kurhessen also:</p> <cit rendition="#et"> <quote> „Einer der Platzburschen wird in einen Popanz verkleidet und von seinen Kollegen mit einem Tragkorb</quote> </cit> </div> </body> </text> </TEI> [615/0631]
Eindruck auf das jüdische Volk gemacht und seinen Glauben und Vertrauen auf den einzigen, allmächtigen, allgerechten und allgütigen Gott der Juden und aller Völker der Erde mächtig gestärkt hatten. Jehovah. und seine schweren Schicksalsfügungen hatten die Propheten überflüssig gemacht; wen Jehovah nicht belehren und warnen konnte, dem nützten auch die Propheten nichts. Seit Malachias erlosch der prophetische Geist. Dass jetzt schon auch das Eindringen griechischer Kenntnisse, also eine höhere Gelehrtenbildung, zum Verstummen der Propheten beigetragen habe, wie Stäudlin anführt, steht doch zu bezweifeln, obgleich beim Sturze des jüdischen Reiches allerdings viele Juden nach dem Auslande, und namentlich nach Aegypten und vielleicht auch nach den griechischen Inseln sich gewandt haben, und dort mit der griechischen Bildung bekannt geworden sein mögen. Eine Hauptsache war jedenfalls, dass der Vorstellungs- und Lehrkreis, in welchem die Propheten sich bewegten, erschöpft war und sich in keine neue Gestalt mehr einkleiden liess; nach Stäudlin lässt sich die Lehre der Propheten in den Satz zusammenfassen: Glaube an Einen Gott und halte seine Gebote.
Unter den noch bestehenden deutschen Sitten und Gebräuchen findet sich wenigstens ein unverkennbarer Ueberrest eines alten Todtendienstes, verbunden mit einem Wiederhervorgehen aus dem Grabe, wenn auch in sehr verwischter und veränderter Gestalt; es ist dieses das sogenannte Begraben der Kirmess oder Kirchweih und ihr Wiederausgraben und frohes Feiern im nächsten Jahre in den beginnenden Kirmess- oder Kirchweihtagen, wobei man sich aber zugleich wesentlich daran erinnern muss, dass am Rheine, in Kurhessen u. s. w. fast alle Kirchweihen im Spätherbst gefeiert werden, 1) wie z. B. auch in dem Kanton Zürich die Kirchweih auf den 9. September fällt. Mülhause, S. 301, beschreibt das Begraben der Kirmess in Kurhessen also:
„Einer der Platzburschen wird in einen Popanz verkleidet und von seinen Kollegen mit einem Tragkorb
1) Mülhause, Urreligion, S. 492.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |