Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

alter sehr viele wohlthätige, ihm gewidmete Mönchsgesellschaften in allen Ländern Europa's gab und die meisten Hospitäler ihm geweiht waren. Besonders gehören hierher das Hospital zum heiligen Johannes in Jerusalem mit den schon im Jahr 1113 durch Papst Paschalis II. bestätigten Hospitalitern oder Johannitern, den mächtigen Nebenbuhlern der etwas später in Jerusalem entstandenen Templern; in dem johannischen Hospitale wurden anfänglich mit grösster Duldsamkeit Pilger, Kranke und Hülfsbedürftige der verschiedensten Religionsparteien gepflegt und unterstützt.1) Schon Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 51 ff., hat darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen den Aufnahmsgebräuchen des Johanniterordens und überhaupt der Mönchsorden und den maurerischen sich viele Aehnlichkeit und Uebereinstimmung finde, und deshalb die Vorschriften der Johanniter über die Aufnahmsgebräuche (modus recipiendi fratres ad ordinem) mitgetheilt. - Die Pfleger des Hospitals zu Jerusalem hatten die Regeln und die Kleidung der geregelten Augustiner Chorherren angenommen und hefteten ein weisses Kreuz mit acht Spitzen auf die linke Seite ihres schwarzen Mantels. Johannes der Täufer folgte der harten Priesterregel der jüdischen Essäer; von Kameelhaar war sein Kleid und seine Nahrung war wilder Honig und Heuschrecken; ihm genügte die dürftige Kost, welche dem Prediger in der Wüste selbst die Einöde gewähren könnte. Ob Johannes wirklich dem Bunde der Essäer angehört habe, ist bestritten und kann bei der Dunkelheit, die auf der ganzen Jugendgeschichte desselben ruht, nicht erwiesen werden. Unläugbar war Johannes geboren und lebte bei den Niederlassungen der Essäer unfern vom todten Meere; ebenso war seine ascetische Lebensweise und seine strenge Sittenlehre jedenfalls unter der Anregung und dem Einflusse der Essäer entstanden, - waren jedenfalls dem Geiste nach essäisch, obwohl Johannes bei seinem Hervortreten als Bussprediger nicht die weisse Kleidung der Essäer trug, - wenn er wirklich ein Essäer war, vielleicht um seinem Bunde keine Verlegenheiten und keine Anfeindungen zu bereiten. Viele, und darunter selbst Theologen,

1) Raumer, Geschichte der Hohenstaufen, I. S. 486.

alter sehr viele wohlthätige, ihm gewidmete Mönchsgesellschaften in allen Ländern Europa’s gab und die meisten Hospitäler ihm geweiht waren. Besonders gehören hierher das Hospital zum heiligen Johannes in Jerusalem mit den schon im Jahr 1113 durch Papst Paschalis II. bestätigten Hospitalitern oder Johannitern, den mächtigen Nebenbuhlern der etwas später in Jerusalem entstandenen Templern; in dem johannischen Hospitale wurden anfänglich mit grösster Duldsamkeit Pilger, Kranke und Hülfsbedürftige der verschiedensten Religionsparteien gepflegt und unterstützt.1) Schon Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 51 ff., hat darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen den Aufnahmsgebräuchen des Johanniterordens und überhaupt der Mönchsorden und den maurerischen sich viele Aehnlichkeit und Uebereinstimmung finde, und deshalb die Vorschriften der Johanniter über die Aufnahmsgebräuche (modus recipiendi fratres ad ordinem) mitgetheilt. – Die Pfleger des Hospitals zu Jerusalem hatten die Regeln und die Kleidung der geregelten Augustiner Chorherren angenommen und hefteten ein weisses Kreuz mit acht Spitzen auf die linke Seite ihres schwarzen Mantels. Johannes der Täufer folgte der harten Priesterregel der jüdischen Essäer; von Kameelhaar war sein Kleid und seine Nahrung war wilder Honig und Heuschrecken; ihm genügte die dürftige Kost, welche dem Prediger in der Wüste selbst die Einöde gewähren könnte. Ob Johannes wirklich dem Bunde der Essäer angehört habe, ist bestritten und kann bei der Dunkelheit, die auf der ganzen Jugendgeschichte desselben ruht, nicht erwiesen werden. Unläugbar war Johannes geboren und lebte bei den Niederlassungen der Essäer unfern vom todten Meere; ebenso war seine ascetische Lebensweise und seine strenge Sittenlehre jedenfalls unter der Anregung und dem Einflusse der Essäer entstanden, – waren jedenfalls dem Geiste nach essäisch, obwohl Johannes bei seinem Hervortreten als Bussprediger nicht die weisse Kleidung der Essäer trug, – wenn er wirklich ein Essäer war, vielleicht um seinem Bunde keine Verlegenheiten und keine Anfeindungen zu bereiten. Viele, und darunter selbst Theologen,

1) Raumer, Geschichte der Hohenstaufen, I. S. 486.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0572" n="556"/>
alter sehr viele
 wohlthätige, ihm gewidmete Mönchsgesellschaften in allen Ländern Europa&#x2019;s gab und die meisten
 Hospitäler ihm geweiht waren. Besonders gehören hierher das Hospital zum heiligen Johannes in
 Jerusalem mit den schon im Jahr 1113 durch Papst Paschalis II. bestätigten Hospitalitern oder
 Johannitern, den mächtigen Nebenbuhlern der etwas später in Jerusalem entstandenen Templern; in dem
 johannischen Hospitale wurden anfänglich mit grösster Duldsamkeit Pilger, Kranke und Hülfsbedürftige
 der verschiedensten Religionsparteien gepflegt und unterstützt.<note place="foot" n="1)">Raumer,
 Geschichte der Hohenstaufen, I. S. 486. </note> Schon Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 51 ff., hat
 darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen den Aufnahmsgebräuchen des Johanniterordens und überhaupt
 der Mönchsorden und den maurerischen sich viele Aehnlichkeit und Uebereinstimmung finde, und deshalb
 die Vorschriften der Johanniter über die Aufnahmsgebräuche (modus recipiendi fratres ad ordinem)
 mitgetheilt. &#x2013; Die Pfleger des Hospitals zu Jerusalem hatten die Regeln und die Kleidung der
 geregelten Augustiner Chorherren angenommen und hefteten ein weisses Kreuz mit acht Spitzen auf die
 linke Seite ihres schwarzen Mantels. Johannes der Täufer folgte der harten Priesterregel der
 jüdischen Essäer; von Kameelhaar war sein Kleid und seine Nahrung war wilder Honig und Heuschrecken;
 ihm genügte die dürftige Kost, welche dem Prediger in der Wüste selbst die Einöde gewähren könnte.
 Ob Johannes wirklich dem Bunde der Essäer angehört habe, ist bestritten und kann bei der Dunkelheit,
 die auf der ganzen Jugendgeschichte desselben ruht, nicht erwiesen werden. Unläugbar war Johannes
 geboren und lebte bei den Niederlassungen der Essäer unfern vom todten Meere; ebenso war seine
 ascetische Lebensweise und seine strenge Sittenlehre jedenfalls unter der Anregung und dem Einflusse
 der Essäer entstanden, &#x2013; waren jedenfalls dem Geiste nach essäisch, obwohl Johannes bei seinem
 Hervortreten als Bussprediger nicht die weisse Kleidung der Essäer trug, &#x2013; wenn er wirklich ein
 Essäer war, vielleicht um seinem Bunde keine Verlegenheiten und keine Anfeindungen zu bereiten.
 Viele, und darunter selbst <choice><sic>Theolgen</sic><corr>Theologen</corr></choice>,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[556/0572] alter sehr viele wohlthätige, ihm gewidmete Mönchsgesellschaften in allen Ländern Europa’s gab und die meisten Hospitäler ihm geweiht waren. Besonders gehören hierher das Hospital zum heiligen Johannes in Jerusalem mit den schon im Jahr 1113 durch Papst Paschalis II. bestätigten Hospitalitern oder Johannitern, den mächtigen Nebenbuhlern der etwas später in Jerusalem entstandenen Templern; in dem johannischen Hospitale wurden anfänglich mit grösster Duldsamkeit Pilger, Kranke und Hülfsbedürftige der verschiedensten Religionsparteien gepflegt und unterstützt. 1) Schon Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 51 ff., hat darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen den Aufnahmsgebräuchen des Johanniterordens und überhaupt der Mönchsorden und den maurerischen sich viele Aehnlichkeit und Uebereinstimmung finde, und deshalb die Vorschriften der Johanniter über die Aufnahmsgebräuche (modus recipiendi fratres ad ordinem) mitgetheilt. – Die Pfleger des Hospitals zu Jerusalem hatten die Regeln und die Kleidung der geregelten Augustiner Chorherren angenommen und hefteten ein weisses Kreuz mit acht Spitzen auf die linke Seite ihres schwarzen Mantels. Johannes der Täufer folgte der harten Priesterregel der jüdischen Essäer; von Kameelhaar war sein Kleid und seine Nahrung war wilder Honig und Heuschrecken; ihm genügte die dürftige Kost, welche dem Prediger in der Wüste selbst die Einöde gewähren könnte. Ob Johannes wirklich dem Bunde der Essäer angehört habe, ist bestritten und kann bei der Dunkelheit, die auf der ganzen Jugendgeschichte desselben ruht, nicht erwiesen werden. Unläugbar war Johannes geboren und lebte bei den Niederlassungen der Essäer unfern vom todten Meere; ebenso war seine ascetische Lebensweise und seine strenge Sittenlehre jedenfalls unter der Anregung und dem Einflusse der Essäer entstanden, – waren jedenfalls dem Geiste nach essäisch, obwohl Johannes bei seinem Hervortreten als Bussprediger nicht die weisse Kleidung der Essäer trug, – wenn er wirklich ein Essäer war, vielleicht um seinem Bunde keine Verlegenheiten und keine Anfeindungen zu bereiten. Viele, und darunter selbst Theologen, 1) Raumer, Geschichte der Hohenstaufen, I. S. 486.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/572
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/572>, abgerufen am 23.11.2024.