Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.In dem Mittelpunkte der Halle des chinesischen Riesentempels auf der Insel Jonan sieht man daher drei grosse und überrnässig stark vergoldete Bildsäulen, genannt die drei kostbaren Fa, d. i. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, vor denen kleine Altäre, auf welchen Weihrauchgefässe befindlich sind, stehen.1) Drei Abschnitte hat der maurerische Lehrlings-, Gesellen- und Meisterkatechismus, wie auch jeder der vier indischen Vedas aus drei Abtheilungen zusammengesetzt ist, wovon die erste, Mantra, Hymnen und Gebete an den Allmächtigen enthält, - die zweite, Brahmana, aus den Ritualbüchern, aus Religionsvorschriften und religiösen Erörterungen besteht, - und die dritte, Upanishad, einen Auszug aus den beiden erstern oder philosophische Betrachtungen gibt. Ebenso bilden drei Abtheilungen, die Disciplin (Vinaya), die Aussprüche (Sautras) und Metaphysik (Abdidharma) den sogenannten Dreikorb, d. h. den dreigetheilten Kanon (Tripitaka), die drei Klassen der heiligen Bücher der Buddhisten.2) Zugleich reiht sich an, dass bei den Indern die wandelbare Sinnenwelt in drei Regionen oder drei Welten (trailokja) nach den drei Dimensionen des Raumes, in die obere, mittlere und untere, - Himmel, Erde und Unterwelt zerfällt, was wieder auch an die Eintheilung Aegyptens in drei Regionen oder Ober-, Mittel- und Unterägypten erinnert; bei den Indern erscheinen auch ferner drei Grundkräfte (gunas), durch welche die Natur wirkt und welche die Handlungen der Menschen als Finsterniss (tamas), Staub (rag'as) und Wesenheit (satja) bestimmen.3) Mit Rücksicht auf seine Herrschaft in den drei Welten hat der weisse Civa den Dreizack (trigula), das aufwärts gerichtete gleichseitige Dreieck als Symbol des Feuers, drei Augen und drei Arme neben dem Stiere und dem Lingam als den Symbolen der Zeugung.4) - Auch die heiligen Schriften der Parsen bestehen eigentlich aus drei Theilen, 1) Apostelgeschichte des Geistes, I.
S. 266. 2) Köppen; Religion des Buddha, S. 142; Lassen,
indische Alterthumskunde, II. S. 79. 3) Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect.II. Bd.XVII, S. 174. 4) Ersch
und Gruber, a. a. O., S. 179 b.
In dem Mittelpunkte der Halle des chinesischen Riesentempels auf der Insel Jonan sieht man daher drei grosse und überrnässig stark vergoldete Bildsäulen, genannt die drei kostbaren Fa, d. i. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, vor denen kleine Altäre, auf welchen Weihrauchgefässe befindlich sind, stehen.1) Drei Abschnitte hat der maurerische Lehrlings-, Gesellen- und Meisterkatechismus, wie auch jeder der vier indischen Vedas aus drei Abtheilungen zusammengesetzt ist, wovon die erste, Mantra, Hymnen und Gebete an den Allmächtigen enthält, – die zweite, Brahmana, aus den Ritualbüchern, aus Religionsvorschriften und religiösen Erörterungen besteht, - und die dritte, Upanishad, einen Auszug aus den beiden erstern oder philosophische Betrachtungen gibt. Ebenso bilden drei Abtheilungen, die Disciplin (Vinaya), die Aussprüche (Sûtras) und Metaphysik (Abdidharma) den sogenannten Dreikorb, d. h. den dreigetheilten Kanon (Tripitaka), die drei Klassen der heiligen Bücher der Buddhisten.2) Zugleich reiht sich an, dass bei den Indern die wandelbare Sinnenwelt in drei Regionen oder drei Welten (trailokja) nach den drei Dimensionen des Raumes, in die obere, mittlere und untere, – Himmel, Erde und Unterwelt zerfällt, was wieder auch an die Eintheilung Aegyptens in drei Regionen oder Ober-, Mittel- und Unterägypten erinnert; bei den Indern erscheinen auch ferner drei Grundkräfte (gunâs), durch welche die Natur wirkt und welche die Handlungen der Menschen als Finsterniss (tamas), Staub (rag’as) und Wesenheit (satja) bestimmen.3) Mit Rücksicht auf seine Herrschaft in den drei Welten hat der weisse Çiva den Dreizack (trigula), das aufwärts gerichtete gleichseitige Dreieck als Symbol des Feuers, drei Augen und drei Arme neben dem Stiere und dem Lingam als den Symbolen der Zeugung.4) – Auch die heiligen Schriften der Parsen bestehen eigentlich aus drei Theilen, 1) Apostelgeschichte des Geistes, I.
S. 266. 2) Köppen; Religion des Buddha, S. 142; Lassen,
indische Alterthumskunde, II. S. 79. 3) Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect.II. Bd.XVII, S. 174. 4) Ersch
und Gruber, a. a. O., S. 179 b.
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In dem Mittelpunkte der Halle des chinesischen Riesentempels auf der Insel Jonan sieht man daher drei grosse und überrnässig stark vergoldete Bildsäulen, genannt die drei kostbaren Fa, d. i. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, vor denen kleine Altäre, auf welchen Weihrauchgefässe befindlich sind, stehen. 1) Drei Abschnitte hat der maurerische Lehrlings-, Gesellen- und Meisterkatechismus, wie auch jeder der vier indischen Vedas aus drei Abtheilungen zusammengesetzt ist, wovon die erste, Mantra, Hymnen und Gebete an den Allmächtigen enthält, – die zweite, Brahmana, aus den Ritualbüchern, aus Religionsvorschriften und religiösen Erörterungen besteht, - und die dritte, Upanishad, einen Auszug aus den beiden erstern oder philosophische Betrachtungen gibt. Ebenso bilden drei Abtheilungen, die Disciplin (Vinaya), die Aussprüche (Sûtras) und Metaphysik (Abdidharma) den sogenannten Dreikorb, d. h. den dreigetheilten Kanon (Tripitaka), die drei Klassen der heiligen Bücher der Buddhisten. 2) Zugleich reiht sich an, dass bei den Indern die wandelbare Sinnenwelt in drei Regionen oder drei Welten (trailokja) nach den drei Dimensionen des Raumes, in die obere, mittlere und untere, – Himmel, Erde und Unterwelt zerfällt, was wieder auch an die Eintheilung Aegyptens in drei Regionen oder Ober-, Mittel- und Unterägypten erinnert; bei den Indern erscheinen auch ferner drei Grundkräfte (gunâs), durch welche die Natur wirkt und welche die Handlungen der Menschen als Finsterniss (tamas), Staub (rag’as) und Wesenheit (satja) bestimmen. 3) Mit Rücksicht auf seine Herrschaft in den drei Welten hat der weisse Çiva den Dreizack (trigula), das aufwärts gerichtete gleichseitige Dreieck als Symbol des Feuers, drei Augen und drei Arme neben dem Stiere und dem Lingam als den Symbolen der Zeugung. 4) – Auch die heiligen Schriften der Parsen bestehen eigentlich aus drei Theilen,
1) Apostelgeschichte des Geistes, I. S. 266.
2) Köppen; Religion des Buddha, S. 142; Lassen, indische Alterthumskunde, II. S. 79.
3) Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect.II. Bd.XVII, S. 174.
4) Ersch und Gruber, a. a. O., S. 179 b.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/491>, abgerufen am 16.02.2025. |