Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

martis auf Kreta eingingen, - die lokrischen Jungfrauen, die im Tempel der Athene zu Troja den Dienst verrichteten , - die Vestalinnen und gewisse Processionen, nudipedalia, im alten Rom. Namentlich bei dem am 9. Juni gefeierten Jahresfest der Vesta, an den Vestalien, wallfahrten die Matronen der Stadt Rom mit blossen Füssen zum Tempel der Vesta, um an dem Gemeindeherde in einfachen Schüsseln Speiseopfer darzubringen, wie sie sonst .an ihrem eigenen Herde Speiseopfer den Laren und Penaten des Hauses darbrachten.1) Den Gebrauch der ägyptischen Priester, bei feierlichen Gelegenheiten barfuss zu gehen, ahmten dann die Pythagoräer und später Sokrates nach. Denn der Philosoph, sagt Pythagoras, der nackt aus dem Schoosse seiner Mutter kommt, soll auch nackt, d. h. mit blossen Füssen, vor seinem Gott erscheinen; daher die uralte Vorschrift: [fremdsprachliches Material], d. i. barfuss opfere und bete, deren Befolgung von Allen, welche das Innere des Tempels betraten, gefordert wurde. Wie Jamblichus berichtet, war es auch eine ganz allgemeine Vorschrift des Pythagoras, unbeschuht zu opfern und die Heiligthümer zu betreten [fremdsprachliches Material][fremdsprachliches Material].2) Ebenso dienten die Priester in dem uralten Tempel des pelasgischen Zeus zu Dodona in Epirus, die Seller, barfuss.3) Gerlach sieht diese ascetischen Seller für einen aus Aegypten stammenden priesterlichen Orden an. Nach noch jüngst durch Bachofen, Gräbersymbolik der Alten, Taf. III. u. S. 103, Anm. 3, veröffentlichten römischen Grabbildern scheinen bei den Römern und bei den Griechen die in die bacchischen und dionysischen Mysterien Eingeweihen zum Zeichen der erstrebten Reinheit gleichfalls barfuss, nudo pede, gegangen zu sein. In den Isismysterien musste vielleicht von den Einzuweihenden blos der linke Fuss entblösst werden, indem die linke Seite des Menschen bei den Alten als die

1) Preller, römische Mythologie, S. 543 oben.
2) Röth, Geschichte unserer abendländ. Philosophie, II. S. 496.
3) Gerlach, Dodona, Basel 1859, S. 22 u. 28 ff.

martis auf Kreta eingingen, – die lokrischen Jungfrauen, die im Tempel der Athene zu Troja den Dienst verrichteten , – die Vestalinnen und gewisse Processionen, nudipedalia, im alten Rom. Namentlich bei dem am 9. Juni gefeierten Jahresfest der Vesta, an den Vestalien, wallfahrten die Matronen der Stadt Rom mit blossen Füssen zum Tempel der Vesta, um an dem Gemeindeherde in einfachen Schüsseln Speiseopfer darzubringen, wie sie sonst .an ihrem eigenen Herde Speiseopfer den Laren und Penaten des Hauses darbrachten.1) Den Gebrauch der ägyptischen Priester, bei feierlichen Gelegenheiten barfuss zu gehen, ahmten dann die Pythagoräer und später Sokrates nach. Denn der Philosoph, sagt Pythagoras, der nackt aus dem Schoosse seiner Mutter kommt, soll auch nackt, d. h. mit blossen Füssen, vor seinem Gott erscheinen; daher die uralte Vorschrift: [fremdsprachliches Material], d. i. barfuss opfere und bete, deren Befolgung von Allen, welche das Innere des Tempels betraten, gefordert wurde. Wie Jamblichus berichtet, war es auch eine ganz allgemeine Vorschrift des Pythagoras, unbeschuht zu opfern und die Heiligthümer zu betreten [fremdsprachliches Material][fremdsprachliches Material].2) Ebenso dienten die Priester in dem uralten Tempel des pelasgischen Zeus zu Dodona in Epirus, die Seller, barfuss.3) Gerlach sieht diese ascetischen Seller für einen aus Aegypten stammenden priesterlichen Orden an. Nach noch jüngst durch Bachofen, Gräbersymbolik der Alten, Taf. III. u. S. 103, Anm. 3, veröffentlichten römischen Grabbildern scheinen bei den Römern und bei den Griechen die in die bacchischen und dionysischen Mysterien Eingeweihen zum Zeichen der erstrebten Reinheit gleichfalls barfuss, nudo pede, gegangen zu sein. In den Isismysterien musste vielleicht von den Einzuweihenden blos der linke Fuss entblösst werden, indem die linke Seite des Menschen bei den Alten als die

1) Preller, römische Mythologie, S. 543 oben.
2) Röth, Geschichte unserer abendländ. Philosophie, II. S. 496.
3) Gerlach, Dodona, Basel 1859, S. 22 u. 28 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0464" n="448"/>
martis auf Kreta eingingen, &#x2013; die lokrischen Jungfrauen, die im
 Tempel der Athene zu Troja den Dienst verrichteten , &#x2013; die Vestalinnen und gewisse Processionen,
 nudipedalia, im alten Rom. Namentlich bei dem am 9. Juni gefeierten Jahresfest der Vesta, an den
 Vestalien, wallfahrten die Matronen der Stadt Rom mit blossen Füssen zum Tempel der Vesta, um an dem
 Gemeindeherde in einfachen Schüsseln Speiseopfer darzubringen, wie sie sonst .an ihrem eigenen Herde
 Speiseopfer den Laren und Penaten des Hauses darbrachten.<note place="foot" n="1)">Preller, römische
 Mythologie, S. 543 oben.</note> Den Gebrauch der ägyptischen Priester, bei feierlichen Gelegenheiten
 barfuss zu gehen, ahmten dann die Pythagoräer und später Sokrates nach. Denn der Philosoph, sagt
 Pythagoras, der nackt aus dem Schoosse seiner Mutter kommt, soll auch nackt, d. h. mit blossen
 Füssen, vor seinem Gott erscheinen; daher die uralte Vorschrift: <foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign>, d. i. barfuss opfere und bete, deren Befolgung von Allen, welche das Innere
 des Tempels betraten, gefordert wurde. Wie Jamblichus berichtet, war es auch eine ganz allgemeine
 Vorschrift des Pythagoras, unbeschuht zu opfern und die Heiligthümer zu betreten <foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign><foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign>.<note place="foot" n="2)">Röth, Geschichte unserer abendländ. Philosophie, II. S. 496. </note> Ebenso dienten die Priester in dem uralten Tempel des
 pelasgischen Zeus zu Dodona in Epirus, die Seller, barfuss.<note place="foot" n="3)">Gerlach, Dodona, Basel 1859, S. 22 u. 28 ff.</note> Gerlach sieht
 diese ascetischen Seller für einen aus Aegypten stammenden priesterlichen Orden an. Nach noch jüngst
 durch Bachofen, Gräbersymbolik der Alten, Taf. III. u. S. 103, Anm. 3, veröffentlichten römischen
 Grabbildern scheinen bei den Römern und bei den Griechen die in die bacchischen und dionysischen
 Mysterien Eingeweihen zum Zeichen der erstrebten Reinheit gleichfalls barfuss, nudo pede, gegangen
 zu sein. In den Isismysterien musste vielleicht von den Einzuweihenden blos der linke Fuss entblösst
 werden, indem die linke Seite des Menschen bei den Alten als die
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[448/0464] martis auf Kreta eingingen, – die lokrischen Jungfrauen, die im Tempel der Athene zu Troja den Dienst verrichteten , – die Vestalinnen und gewisse Processionen, nudipedalia, im alten Rom. Namentlich bei dem am 9. Juni gefeierten Jahresfest der Vesta, an den Vestalien, wallfahrten die Matronen der Stadt Rom mit blossen Füssen zum Tempel der Vesta, um an dem Gemeindeherde in einfachen Schüsseln Speiseopfer darzubringen, wie sie sonst .an ihrem eigenen Herde Speiseopfer den Laren und Penaten des Hauses darbrachten. 1) Den Gebrauch der ägyptischen Priester, bei feierlichen Gelegenheiten barfuss zu gehen, ahmten dann die Pythagoräer und später Sokrates nach. Denn der Philosoph, sagt Pythagoras, der nackt aus dem Schoosse seiner Mutter kommt, soll auch nackt, d. h. mit blossen Füssen, vor seinem Gott erscheinen; daher die uralte Vorschrift: _ , d. i. barfuss opfere und bete, deren Befolgung von Allen, welche das Innere des Tempels betraten, gefordert wurde. Wie Jamblichus berichtet, war es auch eine ganz allgemeine Vorschrift des Pythagoras, unbeschuht zu opfern und die Heiligthümer zu betreten _ _ . 2) Ebenso dienten die Priester in dem uralten Tempel des pelasgischen Zeus zu Dodona in Epirus, die Seller, barfuss. 3) Gerlach sieht diese ascetischen Seller für einen aus Aegypten stammenden priesterlichen Orden an. Nach noch jüngst durch Bachofen, Gräbersymbolik der Alten, Taf. III. u. S. 103, Anm. 3, veröffentlichten römischen Grabbildern scheinen bei den Römern und bei den Griechen die in die bacchischen und dionysischen Mysterien Eingeweihen zum Zeichen der erstrebten Reinheit gleichfalls barfuss, nudo pede, gegangen zu sein. In den Isismysterien musste vielleicht von den Einzuweihenden blos der linke Fuss entblösst werden, indem die linke Seite des Menschen bei den Alten als die 1) Preller, römische Mythologie, S. 543 oben. 2) Röth, Geschichte unserer abendländ. Philosophie, II. S. 496. 3) Gerlach, Dodona, Basel 1859, S. 22 u. 28 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/464
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/464>, abgerufen am 25.11.2024.