Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.daraus folgt gewiss nicht, dass die Drudenfüsse Jungfrauenfässe und diese wieder Gänsefüsse seien. Ueberhaupt kann in mythologischen Dingen nicht die Etymologie allein entscheiden, sondern es muss doch auch noch einiges Gewicht auf den Inhalt, auf die Sache selbst gelegt und daher eine etymologische Ableitung verworfen werden, wenn dieselbe zum Inhalte und zur Sache und zugleich zur Geschichte nicht passt. Ebenso ist es nicht erklärlich, wie die Schwanjungfrauen, die Walküren haben zu Priesterinnen werden können, obwohl die alten keltischen Priesterinnen eben so leicht zu Hexen werden konnten, wie die Kelten- und Römerbauten und Mauern zu Teufelsbauten und Teufelsmauern in der christlichen Zeit geworden sind, ja die alten germanischen Götter selbst sich von den christlichen Priestern mussten verteufeln lassen. Quitzmann erscheint die Drud als ein wider ihren Willen dem Heidenthume verfallenes Weib, welches vielleicht früher in priesterlicher Funktion der Wöchnerin beistand und zu ihrer Reinigung ein Opfer brachte, wovon jetzt nur mehr die symbolische Handlung des Drückens übrig geblieben ist, für die durch das Opfer eines Thieres gänzlich abgekauft werden kann. Die Druidenpriesterinnen übten gewiss die Hebammen- und die Arzneikunst, und aus welchem haltbaren Grunde können sie nicht die spätern Drüden sein? Quitzmann, S. 219, hält doch z. B. für möglich, dass die Baiwaren frühere römisch-keltische Cultorte in christliche umgewandelt haben, und ebenso behauptet er S. 222, unter Berufung auf Grimm, dass unter den Einwirkungen der Römer und Kelten der Bilderdienst zwischen dem vierten und siebenten Jahrhundert bei allen germanischen Völkern, namentlich bei den Gothen, Franken, Alemanen und Sachsen eine weite Verbreitung erreicht hatte, sowie auch Ueberreste von Cultorten und Götterbildern der Römer und Kelten vorhanden gewesen. Ebenso erkennt S. 206 Quitzmann um das Portal der Kapelle auf Schloss Tirol ein Mithrasbild, einen Kentauer und zwei Drachenbilder, die entschieden heidnischen, wahrscheinlich vorgermanischen Ursprungs sind und unzweifelhaft aus den Ruinen einer ältern Bauperiode hierher gebracht worden sind: aber die Jungfrauen mit den daraus folgt gewiss nicht, dass die Drudenfüsse Jungfrauenfässe und diese wieder Gänsefüsse seien. Ueberhaupt kann in mythologischen Dingen nicht die Etymologie allein entscheiden, sondern es muss doch auch noch einiges Gewicht auf den Inhalt, auf die Sache selbst gelegt und daher eine etymologische Ableitung verworfen werden, wenn dieselbe zum Inhalte und zur Sache und zugleich zur Geschichte nicht passt. Ebenso ist es nicht erklärlich, wie die Schwanjungfrauen, die Walküren haben zu Priesterinnen werden können, obwohl die alten keltischen Priesterinnen eben so leicht zu Hexen werden konnten, wie die Kelten- und Römerbauten und Mauern zu Teufelsbauten und Teufelsmauern in der christlichen Zeit geworden sind, ja die alten germanischen Götter selbst sich von den christlichen Priestern mussten verteufeln lassen. Quitzmann erscheint die Drud als ein wider ihren Willen dem Heidenthume verfallenes Weib, welches vielleicht früher in priesterlicher Funktion der Wöchnerin beistand und zu ihrer Reinigung ein Opfer brachte, wovon jetzt nur mehr die symbolische Handlung des Drückens übrig geblieben ist, für die durch das Opfer eines Thieres gänzlich abgekauft werden kann. Die Druidenpriesterinnen übten gewiss die Hebammen- und die Arzneikunst, und aus welchem haltbaren Grunde können sie nicht die spätern Drüden sein? Quitzmann, S. 219, hält doch z. B. für möglich, dass die Baiwaren frühere römisch-keltische Cultorte in christliche umgewandelt haben, und ebenso behauptet er S. 222, unter Berufung auf Grimm, dass unter den Einwirkungen der Römer und Kelten der Bilderdienst zwischen dem vierten und siebenten Jahrhundert bei allen germanischen Völkern, namentlich bei den Gothen, Franken, Alemanen und Sachsen eine weite Verbreitung erreicht hatte, sowie auch Ueberreste von Cultorten und Götterbildern der Römer und Kelten vorhanden gewesen. Ebenso erkennt S. 206 Quitzmann um das Portal der Kapelle auf Schloss Tirol ein Mithrasbild, einen Kentauer und zwei Drachenbilder, die entschieden heidnischen, wahrscheinlich vorgermanischen Ursprungs sind und unzweifelhaft aus den Ruinen einer ältern Bauperiode hierher gebracht worden sind: aber die Jungfrauen mit den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0435" n="419"/> daraus folgt gewiss nicht, dass die Drudenfüsse Jungfrauenfässe und diese wieder Gänsefüsse seien. Ueberhaupt kann in mythologischen Dingen nicht die Etymologie allein entscheiden, sondern es muss doch auch noch einiges Gewicht auf den Inhalt, auf die Sache selbst gelegt und daher eine etymologische Ableitung verworfen werden, wenn dieselbe zum Inhalte und zur Sache und zugleich zur Geschichte nicht passt. Ebenso ist es nicht erklärlich, wie die Schwanjungfrauen, die Walküren haben zu Priesterinnen werden können, obwohl die alten keltischen Priesterinnen eben so leicht zu Hexen werden konnten, wie die Kelten- und Römerbauten und Mauern zu Teufelsbauten und Teufelsmauern in der christlichen Zeit geworden sind, ja die alten germanischen Götter selbst sich von den christlichen Priestern mussten verteufeln lassen. Quitzmann erscheint die Drud als ein wider ihren Willen dem Heidenthume verfallenes Weib, welches vielleicht früher in priesterlicher Funktion der Wöchnerin beistand und zu ihrer Reinigung ein Opfer brachte, wovon jetzt nur mehr die symbolische Handlung des Drückens übrig geblieben ist, für die durch das Opfer eines Thieres gänzlich abgekauft werden kann. Die Druidenpriesterinnen übten gewiss die Hebammen- und die Arzneikunst, und aus welchem haltbaren Grunde können sie nicht die spätern Drüden sein? Quitzmann, S. 219, hält doch z. B. für möglich, dass die Baiwaren frühere römisch-keltische Cultorte in christliche umgewandelt haben, und ebenso behauptet er S. 222, unter Berufung auf Grimm, dass unter den Einwirkungen der Römer und Kelten der Bilderdienst zwischen dem vierten und siebenten Jahrhundert bei allen germanischen Völkern, namentlich bei den Gothen, Franken, Alemanen und Sachsen eine weite Verbreitung erreicht hatte, sowie auch Ueberreste von Cultorten und Götterbildern der Römer und Kelten vorhanden gewesen. Ebenso erkennt S. 206 Quitzmann um das Portal der Kapelle auf Schloss Tirol ein Mithrasbild, einen Kentauer und zwei Drachenbilder, die entschieden heidnischen, wahrscheinlich vorgermanischen Ursprungs sind und unzweifelhaft aus den Ruinen einer ältern Bauperiode hierher gebracht worden sind: aber die Jungfrauen mit den </p> </div> </body> </text> </TEI> [419/0435]
daraus folgt gewiss nicht, dass die Drudenfüsse Jungfrauenfässe und diese wieder Gänsefüsse seien. Ueberhaupt kann in mythologischen Dingen nicht die Etymologie allein entscheiden, sondern es muss doch auch noch einiges Gewicht auf den Inhalt, auf die Sache selbst gelegt und daher eine etymologische Ableitung verworfen werden, wenn dieselbe zum Inhalte und zur Sache und zugleich zur Geschichte nicht passt. Ebenso ist es nicht erklärlich, wie die Schwanjungfrauen, die Walküren haben zu Priesterinnen werden können, obwohl die alten keltischen Priesterinnen eben so leicht zu Hexen werden konnten, wie die Kelten- und Römerbauten und Mauern zu Teufelsbauten und Teufelsmauern in der christlichen Zeit geworden sind, ja die alten germanischen Götter selbst sich von den christlichen Priestern mussten verteufeln lassen. Quitzmann erscheint die Drud als ein wider ihren Willen dem Heidenthume verfallenes Weib, welches vielleicht früher in priesterlicher Funktion der Wöchnerin beistand und zu ihrer Reinigung ein Opfer brachte, wovon jetzt nur mehr die symbolische Handlung des Drückens übrig geblieben ist, für die durch das Opfer eines Thieres gänzlich abgekauft werden kann. Die Druidenpriesterinnen übten gewiss die Hebammen- und die Arzneikunst, und aus welchem haltbaren Grunde können sie nicht die spätern Drüden sein? Quitzmann, S. 219, hält doch z. B. für möglich, dass die Baiwaren frühere römisch-keltische Cultorte in christliche umgewandelt haben, und ebenso behauptet er S. 222, unter Berufung auf Grimm, dass unter den Einwirkungen der Römer und Kelten der Bilderdienst zwischen dem vierten und siebenten Jahrhundert bei allen germanischen Völkern, namentlich bei den Gothen, Franken, Alemanen und Sachsen eine weite Verbreitung erreicht hatte, sowie auch Ueberreste von Cultorten und Götterbildern der Römer und Kelten vorhanden gewesen. Ebenso erkennt S. 206 Quitzmann um das Portal der Kapelle auf Schloss Tirol ein Mithrasbild, einen Kentauer und zwei Drachenbilder, die entschieden heidnischen, wahrscheinlich vorgermanischen Ursprungs sind und unzweifelhaft aus den Ruinen einer ältern Bauperiode hierher gebracht worden sind: aber die Jungfrauen mit den
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/435>, abgerufen am 16.02.2025. |