Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.blühet das Menschenthum auf. Das wahre Gottesbewusstsein, die wirkliche Erkenntniss Gottes, das Dasein einer höhern Menschheit hebt in Christus mit dem erhabenen Gedanken an, dass es nur Einen Gott gebe und er die ganze Menschheit geschaffen habe und regiere, gleich wie er Himmel und Erde, das Weltall geschaffen hat und regiert. In der Natur- und Geisteswelt herrscht das gleiche ewige Gesetz, die Gottheit; die Natur und die Geisteswelt sind die Schöpfungen des einen grossen Gottes, seine Thaten, die Verherrlichungen und Dichtungen seiner selbst, ein ihn preisender Lobgesang. Die Natur und die Geisteswelt sind das endliche Sein Gottes, das Dasein Gottes in dem Raume und in der Zeit, in Natur und Geschichte; Gott ist das Sein, wie Jehovah wörtlich ausdrückt. Nach der biblischen Lehre ist auch nur Eine Menschheit, alle Menschen sind Kinder des einen Gottes; die Menschheit ist Eine, denn Gott ist Einer. Diesen Glaubenssatz hatten die Juden gleichfalls nur in dem engen Kreise ihrer Nation gelehrt und angewandt, bis ihn Christus auf alle Völker, auf die Menschheit ausdehnte. Mit Christus beginnt daher auch erst ein gemeinsames Völkerleben, das Menschheitsleben, die christliche Menschheit, welche alle Menschen als Söhne eines Vaters, als Brüder, als gleich und frei anerkennt. Die vorchristliche Zeit unterscheidet sich darin hauptsächlich von der nachchristlichen, dass in jener die einzelnen Völker sich feindlich abstossen und absondern und alle Geschichte nur die Geschichte der einzelnen Völker und Staaten, der Chinesen, der Perser, der Inder, der Aegypter, der Griechen, Römer u. s. w. ist; seit Christus bilden aber alle an ihn glaubenden Völker ein vernünftiges und sittliches Ganzes, eine engverbundene Gesammtheit, die Christenheit, die freie und gebildete Menschheit, - seit drei Jahrhunderten das europäische Staatensystem mit einem eigenen Völker - und Weltrechte. Das Christenthum, weil die Religion der allgemeinen menschlichen Liebe, ist auch die Religion der allgemeinen staatlichen und bürgerlichen Freiheit, der alle Staaten und alle Menschen gleichmässig umschliessenden Menschheit. Die christlichen Staaten allein sind wahrhaft menschliche Staaten, wollen die göttliche Idee der Frei- blühet das Menschenthum auf. Das wahre Gottesbewusstsein, die wirkliche Erkenntniss Gottes, das Dasein einer höhern Menschheit hebt in Christus mit dem erhabenen Gedanken an, dass es nur Einen Gott gebe und er die ganze Menschheit geschaffen habe und regiere, gleich wie er Himmel und Erde, das Weltall geschaffen hat und regiert. In der Natur- und Geisteswelt herrscht das gleiche ewige Gesetz, die Gottheit; die Natur und die Geisteswelt sind die Schöpfungen des einen grossen Gottes, seine Thaten, die Verherrlichungen und Dichtungen seiner selbst, ein ihn preisender Lobgesang. Die Natur und die Geisteswelt sind das endliche Sein Gottes, das Dasein Gottes in dem Raume und in der Zeit, in Natur und Geschichte; Gott ist das Sein, wie Jehovah wörtlich ausdrückt. Nach der biblischen Lehre ist auch nur Eine Menschheit, alle Menschen sind Kinder des einen Gottes; die Menschheit ist Eine, denn Gott ist Einer. Diesen Glaubenssatz hatten die Juden gleichfalls nur in dem engen Kreise ihrer Nation gelehrt und angewandt, bis ihn Christus auf alle Völker, auf die Menschheit ausdehnte. Mit Christus beginnt daher auch erst ein gemeinsames Völkerleben, das Menschheitsleben, die christliche Menschheit, welche alle Menschen als Söhne eines Vaters, als Brüder, als gleich und frei anerkennt. Die vorchristliche Zeit unterscheidet sich darin hauptsächlich von der nachchristlichen, dass in jener die einzelnen Völker sich feindlich abstossen und absondern und alle Geschichte nur die Geschichte der einzelnen Völker und Staaten, der Chinesen, der Perser, der Inder, der Aegypter, der Griechen, Römer u. s. w. ist; seit Christus bilden aber alle an ihn glaubenden Völker ein vernünftiges und sittliches Ganzes, eine engverbundene Gesammtheit, die Christenheit, die freie und gebildete Menschheit, – seit drei Jahrhunderten das europäische Staatensystem mit einem eigenen Völker - und Weltrechte. Das Christenthum, weil die Religion der allgemeinen menschlichen Liebe, ist auch die Religion der allgemeinen staatlichen und bürgerlichen Freiheit, der alle Staaten und alle Menschen gleichmässig umschliessenden Menschheit. Die christlichen Staaten allein sind wahrhaft menschliche Staaten, wollen die göttliche Idee der Frei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0301" n="285"/> blühet das Menschenthum auf. Das wahre Gottesbewusstsein, die wirkliche Erkenntniss Gottes, das Dasein einer höhern Menschheit hebt in Christus mit dem erhabenen Gedanken an, dass es nur Einen Gott gebe und er die ganze Menschheit geschaffen habe und regiere, gleich wie er Himmel und Erde, das Weltall geschaffen hat und regiert. In der Natur- und Geisteswelt herrscht das gleiche ewige Gesetz, die Gottheit; die Natur und die Geisteswelt sind die Schöpfungen des einen grossen Gottes, seine Thaten, die Verherrlichungen und Dichtungen seiner selbst, ein ihn preisender Lobgesang. Die Natur und die Geisteswelt sind das endliche Sein Gottes, das Dasein Gottes in dem Raume und in der Zeit, in Natur und Geschichte; Gott ist das Sein, wie Jehovah wörtlich ausdrückt.</p> <p> Nach der biblischen Lehre ist auch nur Eine Menschheit, alle Menschen sind Kinder des einen Gottes; die Menschheit ist Eine, denn Gott ist Einer. Diesen Glaubenssatz hatten die Juden gleichfalls nur in dem engen Kreise ihrer Nation gelehrt und angewandt, bis ihn Christus auf alle Völker, auf die Menschheit ausdehnte. Mit Christus beginnt daher auch erst ein gemeinsames Völkerleben, das Menschheitsleben, die christliche Menschheit, welche alle Menschen als Söhne eines Vaters, als Brüder, als gleich und frei anerkennt. Die vorchristliche Zeit unterscheidet sich darin hauptsächlich von der nachchristlichen, dass in jener die einzelnen Völker sich feindlich abstossen und absondern und alle Geschichte nur die Geschichte der einzelnen Völker und Staaten, der Chinesen, der Perser, der Inder, der Aegypter, der Griechen, Römer u. s. w. ist; seit Christus bilden aber alle an ihn glaubenden Völker ein vernünftiges und sittliches Ganzes, eine engverbundene Gesammtheit, die Christenheit, die freie und gebildete Menschheit, – seit drei Jahrhunderten das europäische Staatensystem mit einem eigenen Völker - und Weltrechte. Das Christenthum, weil die Religion der allgemeinen menschlichen Liebe, ist auch die Religion der allgemeinen staatlichen und bürgerlichen Freiheit, der alle Staaten und alle Menschen gleichmässig umschliessenden Menschheit. Die christlichen Staaten allein sind wahrhaft menschliche Staaten, wollen die göttliche Idee der Frei- </p> </div> </body> </text> </TEI> [285/0301]
blühet das Menschenthum auf. Das wahre Gottesbewusstsein, die wirkliche Erkenntniss Gottes, das Dasein einer höhern Menschheit hebt in Christus mit dem erhabenen Gedanken an, dass es nur Einen Gott gebe und er die ganze Menschheit geschaffen habe und regiere, gleich wie er Himmel und Erde, das Weltall geschaffen hat und regiert. In der Natur- und Geisteswelt herrscht das gleiche ewige Gesetz, die Gottheit; die Natur und die Geisteswelt sind die Schöpfungen des einen grossen Gottes, seine Thaten, die Verherrlichungen und Dichtungen seiner selbst, ein ihn preisender Lobgesang. Die Natur und die Geisteswelt sind das endliche Sein Gottes, das Dasein Gottes in dem Raume und in der Zeit, in Natur und Geschichte; Gott ist das Sein, wie Jehovah wörtlich ausdrückt.
Nach der biblischen Lehre ist auch nur Eine Menschheit, alle Menschen sind Kinder des einen Gottes; die Menschheit ist Eine, denn Gott ist Einer. Diesen Glaubenssatz hatten die Juden gleichfalls nur in dem engen Kreise ihrer Nation gelehrt und angewandt, bis ihn Christus auf alle Völker, auf die Menschheit ausdehnte. Mit Christus beginnt daher auch erst ein gemeinsames Völkerleben, das Menschheitsleben, die christliche Menschheit, welche alle Menschen als Söhne eines Vaters, als Brüder, als gleich und frei anerkennt. Die vorchristliche Zeit unterscheidet sich darin hauptsächlich von der nachchristlichen, dass in jener die einzelnen Völker sich feindlich abstossen und absondern und alle Geschichte nur die Geschichte der einzelnen Völker und Staaten, der Chinesen, der Perser, der Inder, der Aegypter, der Griechen, Römer u. s. w. ist; seit Christus bilden aber alle an ihn glaubenden Völker ein vernünftiges und sittliches Ganzes, eine engverbundene Gesammtheit, die Christenheit, die freie und gebildete Menschheit, – seit drei Jahrhunderten das europäische Staatensystem mit einem eigenen Völker - und Weltrechte. Das Christenthum, weil die Religion der allgemeinen menschlichen Liebe, ist auch die Religion der allgemeinen staatlichen und bürgerlichen Freiheit, der alle Staaten und alle Menschen gleichmässig umschliessenden Menschheit. Die christlichen Staaten allein sind wahrhaft menschliche Staaten, wollen die göttliche Idee der Frei-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/301 |
Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/301>, abgerufen am 16.07.2024. |