Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

denen Mithrasdenkmalen erscheinen zwei Genien, der eine mit erhobener, der andere mit gesenkter Fackel, und über der Mithrashöhle, der maurerischen dunkelen Loge, fährt der Sonnengott einerseits mit seinem Gespanne empor, während andererseits die Göttin des Mondes das ihrige hinablenkt.1) Die Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel sind hier ganz gleichbedeutend mit der aufgehenden Sonne und dem untergehenden Monde. Auf einem vor mehreren Jahren in Siebenbürgen aufgefundenen Mithrasdenkmale, wovon Lajard, a. a. O., Taf. XV, eine Abbildung gegeben hat, stehen die beiden Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel vor zwei Cypressen, welche beide Cypressen wieder die Symbole der Sonne und des Mondes sind und wohl aus Syrien stammen. Auch die griechische Kore oder Persephone2) trägt auf Bildwerken solche zwei Fackeln, was auf ihr doppeltes Leben in der Ober- und Unterwelt, auf die zwei Seiten und Theile des Jahres hinweiset. Die Dioskuren, des Lichtgottes Zeus Söhne, bedeuten mit ihren weissen Rossen den ewigen Wechsel und Umschwung zwischen dem Lichte des Tages und der Nacht, den Morgen- und den Abendstern, die Sonne und den Mond, oder auch die auf- und die untergehende Sonne.3) Zuweilen werden den beiden Dioskuren auf Vasengemälden, um die in ihnen ausgedrückte Idee des ewigen Wechsels von Leben und Tod, Aufgang, und Untergang, Licht und Finsterniss noch mehr zu versinnlichen, ein weisses und ein schwarzes Pferd gegeben, wie auch von den vier Pferden des Sonnengottes zwei weiss und zwei schwarz dargestellt werden. Noch schöner aber ist dieses in dem unsterblichen Leben des Polydeukes und dem sterblichen des Castor ausgesprochen; das Irdische muss im Tode zerfallen und vergehen, der göttliche Geist aber,

1) Furtwängler, die ldee desTodes in den Mythen und Kunstdenkmälern der Griechen, Freiburg 1860, S. 17.
2) Ueber die Ableitung dieses Doppelnamens, vergl. Furtwängler, die Idee des Todes, S. 87, Anm. 12; Preller, griech. Mythologie, I. S. 496.
3) Furtwängler, a. a. O., S. 97 ff; Preller, griech. Mythologie, II. S. 66 ff.

denen Mithrasdenkmalen erscheinen zwei Genien, der eine mit erhobener, der andere mit gesenkter Fackel, und über der Mithrashöhle, der maurerischen dunkelen Loge, fährt der Sonnengott einerseits mit seinem Gespanne empor, während andererseits die Göttin des Mondes das ihrige hinablenkt.1) Die Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel sind hier ganz gleichbedeutend mit der aufgehenden Sonne und dem untergehenden Monde. Auf einem vor mehreren Jahren in Siebenbürgen aufgefundenen Mithrasdenkmale, wovon Lajard, a. a. O., Taf. XV, eine Abbildung gegeben hat, stehen die beiden Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel vor zwei Cypressen, welche beide Cypressen wieder die Symbole der Sonne und des Mondes sind und wohl aus Syrien stammen. Auch die griechische Kore oder Persephone2) trägt auf Bildwerken solche zwei Fackeln, was auf ihr doppeltes Leben in der Ober- und Unterwelt, auf die zwei Seiten und Theile des Jahres hinweiset. Die Dioskuren, des Lichtgottes Zeus Söhne, bedeuten mit ihren weissen Rossen den ewigen Wechsel und Umschwung zwischen dem Lichte des Tages und der Nacht, den Morgen- und den Abendstern, die Sonne und den Mond, oder auch die auf- und die untergehende Sonne.3) Zuweilen werden den beiden Dioskuren auf Vasengemälden, um die in ihnen ausgedrückte Idee des ewigen Wechsels von Leben und Tod, Aufgang, und Untergang, Licht und Finsterniss noch mehr zu versinnlichen, ein weisses und ein schwarzes Pferd gegeben, wie auch von den vier Pferden des Sonnengottes zwei weiss und zwei schwarz dargestellt werden. Noch schöner aber ist dieses in dem unsterblichen Leben des Polydeukes und dem sterblichen des Castor ausgesprochen; das Irdische muss im Tode zerfallen und vergehen, der göttliche Geist aber,

1) Furtwängler, die ldee desTodes in den Mythen und Kunstdenkmälern der Griechen, Freiburg 1860, S. 17.
2) Ueber die Ableitung dieses Doppelnamens, vergl. Furtwängler, die Idee des Todes, S. 87, Anm. 12; Preller, griech. Mythologie, I. S. 496.
3) Furtwängler, a. a. O., S. 97 ff; Preller, griech. Mythologie, II. S. 66 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229" n="213"/>
denen
 Mithrasdenkmalen erscheinen zwei Genien, der eine mit erhobener, der andere mit gesenkter Fackel,
 und über der Mithrashöhle, der maurerischen dunkelen Loge, fährt der Sonnengott einerseits mit
 seinem Gespanne empor, während andererseits die Göttin des Mondes das ihrige hinablenkt.<note place="foot" n="1)">Furtwängler, die ldee desTodes in den Mythen und Kunstdenkmälern der Griechen,
 Freiburg 1860, S. 17.</note> Die Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel sind hier ganz
 gleichbedeutend mit der aufgehenden Sonne und dem untergehenden Monde. Auf einem vor mehreren Jahren
 in Siebenbürgen aufgefundenen Mithrasdenkmale, wovon Lajard, a. a. O., Taf. XV, eine Abbildung
 gegeben hat, stehen die beiden Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel vor zwei Cypressen,
 welche beide Cypressen wieder die Symbole der Sonne und des Mondes sind und wohl aus Syrien stammen.
 Auch die griechische Kore oder Persephone<note place="foot" n="2)">Ueber die Ableitung dieses
 Doppelnamens, vergl. Furtwängler, die Idee des Todes, S. 87, Anm. 12; Preller, griech. Mythologie,
 I. S. 496.</note> trägt auf Bildwerken solche zwei Fackeln, was auf ihr doppeltes Leben in der Ober-
 und Unterwelt, auf die zwei Seiten und Theile des Jahres hinweiset. Die Dioskuren, des Lichtgottes
 Zeus Söhne, bedeuten mit ihren weissen Rossen den ewigen Wechsel und Umschwung zwischen dem Lichte
 des Tages und der Nacht, den Morgen- und den Abendstern, die Sonne und den Mond, oder auch die auf-
 und die untergehende Sonne.<note place="foot" n="3)">Furtwängler, a. a. O., S. 97 ff; Preller,
 griech. Mythologie, II. S. 66 ff. </note> Zuweilen werden den beiden Dioskuren auf Vasengemälden, um
 die in ihnen ausgedrückte Idee des ewigen Wechsels von Leben und Tod, Aufgang, und Untergang, Licht
 und Finsterniss noch mehr zu versinnlichen, ein weisses und ein schwarzes Pferd gegeben, wie auch
 von den vier Pferden des Sonnengottes zwei weiss und zwei schwarz dargestellt werden. Noch schöner
 aber ist dieses in dem unsterblichen Leben des Polydeukes und dem sterblichen des Castor
 ausgesprochen; das Irdische muss im Tode zerfallen und vergehen, der göttliche Geist aber,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0229] denen Mithrasdenkmalen erscheinen zwei Genien, der eine mit erhobener, der andere mit gesenkter Fackel, und über der Mithrashöhle, der maurerischen dunkelen Loge, fährt der Sonnengott einerseits mit seinem Gespanne empor, während andererseits die Göttin des Mondes das ihrige hinablenkt. 1) Die Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel sind hier ganz gleichbedeutend mit der aufgehenden Sonne und dem untergehenden Monde. Auf einem vor mehreren Jahren in Siebenbürgen aufgefundenen Mithrasdenkmale, wovon Lajard, a. a. O., Taf. XV, eine Abbildung gegeben hat, stehen die beiden Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel vor zwei Cypressen, welche beide Cypressen wieder die Symbole der Sonne und des Mondes sind und wohl aus Syrien stammen. Auch die griechische Kore oder Persephone 2) trägt auf Bildwerken solche zwei Fackeln, was auf ihr doppeltes Leben in der Ober- und Unterwelt, auf die zwei Seiten und Theile des Jahres hinweiset. Die Dioskuren, des Lichtgottes Zeus Söhne, bedeuten mit ihren weissen Rossen den ewigen Wechsel und Umschwung zwischen dem Lichte des Tages und der Nacht, den Morgen- und den Abendstern, die Sonne und den Mond, oder auch die auf- und die untergehende Sonne. 3) Zuweilen werden den beiden Dioskuren auf Vasengemälden, um die in ihnen ausgedrückte Idee des ewigen Wechsels von Leben und Tod, Aufgang, und Untergang, Licht und Finsterniss noch mehr zu versinnlichen, ein weisses und ein schwarzes Pferd gegeben, wie auch von den vier Pferden des Sonnengottes zwei weiss und zwei schwarz dargestellt werden. Noch schöner aber ist dieses in dem unsterblichen Leben des Polydeukes und dem sterblichen des Castor ausgesprochen; das Irdische muss im Tode zerfallen und vergehen, der göttliche Geist aber, 1) Furtwängler, die ldee desTodes in den Mythen und Kunstdenkmälern der Griechen, Freiburg 1860, S. 17. 2) Ueber die Ableitung dieses Doppelnamens, vergl. Furtwängler, die Idee des Todes, S. 87, Anm. 12; Preller, griech. Mythologie, I. S. 496. 3) Furtwängler, a. a. O., S. 97 ff; Preller, griech. Mythologie, II. S. 66 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/229
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/229>, abgerufen am 24.11.2024.