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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 353. Origo und domicilium. II. Domicilium.
erforderlich, für sich allein aber dazu auch nicht hinrei-
chend (l).

Die Begründung des Wohnsitzes mit seinen rechtli-
chen Wirkungen geschieht durch den freien Willen und die
mit demselben übereinstimmende That, also nicht durch bloße
Willenserklärung ohne That (m). -- Der Wille aber wird
dabei so sehr als frei gedacht, daß diese Freiheit nicht ein-
mal soll beschränkt werden dürfen durch privatrechtliche
Bestimmungen, z. B. durch die einem Legat hinzugefügte
Bedingung eines bestimmten Aufenthalts, welche Bedingung
in der Regel als nicht geschrieben anzusehen ist (n). --
Dagegen kann durch das öffentliche Recht diese Freiheit
auf mancherlei Weise beschränkt werden. So hat jeder
Staatsdiener, z. B. jeder Soldat, einen nothwendigen
Wohnsitz am Orte des Dienstes (o); der Verbannte am
Orte der Verbannung (p). Umgekehrt kann durch Strafe
ein bestimmter Aufenthalt untersagt werden (q).


(l) L. 17 § 13. L. 22 § 7
ad mun. (50. 1), L. 4 C. de
incolis
(10. 39). -- Manche Städte
hatten das Privilegium, daß der
bloße Grundbesitz, ohne Wohnsitz, zur
Uebernahme persönlicher munera
verpflichten sollte. L. 17 § 5 ad
mun.
(50. 1).
(m) L. 20 ad mun. (50. 1)
"Domicilium re et facto trans
fertur, non nuda contestatione;
sicut in his exigitur, qui negant
se posse ad munera, ut incolas,
vocari".
(n) L. 31 ad mun. (50. 1),
L. 71 § 2 de cond.
(35. 1). S.
o. B. 3 S. 184.
(o) L. 23 § 1 ad mun. (50. 1).
(p) L. 22 § 3 ad mun. (50. 1).
(q) L. 31 ad mun. (50. 1),
L. 7 § 10 de interd. et releg.

(48. 22). -- Wenn in L. 27 § 3
ad mun.
(50. 1) gesagt wird, daß
der Relegirte seinen vorigen Wohn-
sitz behalte, so hat das wohl den
Sinn, daß er durch die Strafe
nicht frei werden soll von der Theil-
nahme an den bisherigen Lasten.

§. 353. Origo und domicilium. II. Domicilium.
erforderlich, für ſich allein aber dazu auch nicht hinrei-
chend (l).

Die Begründung des Wohnſitzes mit ſeinen rechtli-
chen Wirkungen geſchieht durch den freien Willen und die
mit demſelben übereinſtimmende That, alſo nicht durch bloße
Willenserklärung ohne That (m). — Der Wille aber wird
dabei ſo ſehr als frei gedacht, daß dieſe Freiheit nicht ein-
mal ſoll beſchränkt werden dürfen durch privatrechtliche
Beſtimmungen, z. B. durch die einem Legat hinzugefügte
Bedingung eines beſtimmten Aufenthalts, welche Bedingung
in der Regel als nicht geſchrieben anzuſehen iſt (n). —
Dagegen kann durch das öffentliche Recht dieſe Freiheit
auf mancherlei Weiſe beſchränkt werden. So hat jeder
Staatsdiener, z. B. jeder Soldat, einen nothwendigen
Wohnſitz am Orte des Dienſtes (o); der Verbannte am
Orte der Verbannung (p). Umgekehrt kann durch Strafe
ein beſtimmter Aufenthalt unterſagt werden (q).


(l) L. 17 § 13. L. 22 § 7
ad mun. (50. 1), L. 4 C. de
incolis
(10. 39). — Manche Städte
hatten das Privilegium, daß der
bloße Grundbeſitz, ohne Wohnſitz, zur
Uebernahme perſönlicher munera
verpflichten ſollte. L. 17 § 5 ad
mun.
(50. 1).
(m) L. 20 ad mun. (50. 1)
„Domicilium re et facto trans
fertur, non nuda contestatione;
sicut in his exigitur, qui negant
se posse ad munera, ut incolas,
vocari“.
(n) L. 31 ad mun. (50. 1),
L. 71 § 2 de cond.
(35. 1). S.
o. B. 3 S. 184.
(o) L. 23 § 1 ad mun. (50. 1).
(p) L. 22 § 3 ad mun. (50. 1).
(q) L. 31 ad mun. (50. 1),
L. 7 § 10 de interd. et releg.

(48. 22). — Wenn in L. 27 § 3
ad mun.
(50. 1) geſagt wird, daß
der Relegirte ſeinen vorigen Wohn-
ſitz behalte, ſo hat das wohl den
Sinn, daß er durch die Strafe
nicht frei werden ſoll von der Theil-
nahme an den bisherigen Laſten.
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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/83>, abgerufen am 24.11.2024.