Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 352. Origo und domicilium. I. Origo. (Forts.)
Zeiten bestritten und zweifelhaft, sie war es auch schon bei
den Römern selbst. Die Zweifel sind dabei theils sprach-
licher, theils sachlicher, also geschichtlicher Art (f). Wir
können aber für unsern Zweck diese schwierige Untersuchung
auf sich beruhen lassen, da sich späterhin der Sprachgebrauch
in folgender Weise unzweifelhaft festgestellt hat. -- Seit
der Lex Julia über das allgemeine Bürgerrecht von Italien
war municipium die regelmäßige Bezeichnung der Einen
Hauptklasse Italischer Städte, der Städte nämlich, die nicht
von Rom aus als Gemeinden zuerst begründet worden
waren, im Gegensatz der anderen Hauptklasse, der colo-
niae
(g). Der Name municipium, der allerdings auch in
den Provinzen nicht selten ist, wurde aber auf die Pro-
vinzen keinesweges allgemein übertragen, zu der Zeit, als
die Civität dem ganzen Reiche, also allen Städten, mitge-
theilt wurde. Sollte nun eine Stadtgemeinde überhaupt
bezeichnet werden, ohne Unterschied zwischen Municipien
und Colonieen, zwischen Italien und den Provinzen, so
wurden dafür regelmäßig die Ausdrücke respublica und
civitas gebraucht. -- Municeps aber erscheint bei den alten

(f) Vgl. besonders Niebuhr
Römische Geschichte B. 2 S. 56--
88. der dritten Ausgabe. Außer-
dem ist zu benutzen ein Programm
von Rudorff, welches als Vor-
rede zum lateinischen Lections-
Katalog der Berliner Universität,
Wintersemester 1848, abgedruckt ist.
(g) In der Lex Julia munici-
palis (tabula Heracleensis) ist
die regelmäßige, stets wiederkehrende,
Aufzählung der Stadtgemeinden
in Italien folgende: municipium,
colonia, praefectura, forum,
conciliabulum (Haubold mo-
numenta legalia N. XVI);
fast
eben so in der Lex Rubria (ibid.
N. XXI
).

§. 352. Origo und domicilium. I. Origo. (Fortſ.)
Zeiten beſtritten und zweifelhaft, ſie war es auch ſchon bei
den Römern ſelbſt. Die Zweifel ſind dabei theils ſprach-
licher, theils ſachlicher, alſo geſchichtlicher Art (f). Wir
können aber für unſern Zweck dieſe ſchwierige Unterſuchung
auf ſich beruhen laſſen, da ſich ſpäterhin der Sprachgebrauch
in folgender Weiſe unzweifelhaft feſtgeſtellt hat. — Seit
der Lex Julia über das allgemeine Bürgerrecht von Italien
war municipium die regelmäßige Bezeichnung der Einen
Hauptklaſſe Italiſcher Städte, der Städte nämlich, die nicht
von Rom aus als Gemeinden zuerſt begründet worden
waren, im Gegenſatz der anderen Hauptklaſſe, der colo-
niae
(g). Der Name municipium, der allerdings auch in
den Provinzen nicht ſelten iſt, wurde aber auf die Pro-
vinzen keinesweges allgemein übertragen, zu der Zeit, als
die Civität dem ganzen Reiche, alſo allen Städten, mitge-
theilt wurde. Sollte nun eine Stadtgemeinde überhaupt
bezeichnet werden, ohne Unterſchied zwiſchen Municipien
und Colonieen, zwiſchen Italien und den Provinzen, ſo
wurden dafür regelmäßig die Ausdrücke respublica und
civitas gebraucht. — Municeps aber erſcheint bei den alten

(f) Vgl. beſonders Niebuhr
Römiſche Geſchichte B. 2 S. 56—
88. der dritten Ausgabe. Außer-
dem iſt zu benutzen ein Programm
von Rudorff, welches als Vor-
rede zum lateiniſchen Lections-
Katalog der Berliner Univerſität,
Winterſemeſter 1848, abgedruckt iſt.
(g) In der Lex Julia munici-
palis (tabula Heracleensis) iſt
die regelmäßige, ſtets wiederkehrende,
Aufzählung der Stadtgemeinden
in Italien folgende: municipium,
colonia, praefectura, forum,
conciliabulum (Haubold mo-
numenta legalia N. XVI);
faſt
eben ſo in der Lex Rubria (ibid.
N. XXI
).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0075" n="53"/><fw place="top" type="header">§. 352. <hi rendition="#aq">Origo</hi> und <hi rendition="#aq">domicilium. I. Origo.</hi> (Fort&#x017F;.)</fw><lb/>
Zeiten be&#x017F;tritten und zweifelhaft, &#x017F;ie war es auch &#x017F;chon bei<lb/>
den Römern &#x017F;elb&#x017F;t. Die Zweifel &#x017F;ind dabei theils &#x017F;prach-<lb/>
licher, theils &#x017F;achlicher, al&#x017F;o ge&#x017F;chichtlicher Art <note place="foot" n="(f)">Vgl. be&#x017F;onders <hi rendition="#g">Niebuhr</hi><lb/>
Römi&#x017F;che Ge&#x017F;chichte B. 2 S. 56&#x2014;<lb/>
88. der dritten Ausgabe. Außer-<lb/>
dem i&#x017F;t zu benutzen ein Programm<lb/>
von <hi rendition="#g">Rudorff</hi>, welches als Vor-<lb/>
rede zum lateini&#x017F;chen Lections-<lb/>
Katalog der Berliner Univer&#x017F;ität,<lb/>
Winter&#x017F;eme&#x017F;ter 1848, abgedruckt i&#x017F;t.</note>. Wir<lb/>
können aber für un&#x017F;ern Zweck die&#x017F;e &#x017F;chwierige Unter&#x017F;uchung<lb/>
auf &#x017F;ich beruhen la&#x017F;&#x017F;en, da &#x017F;ich &#x017F;päterhin der Sprachgebrauch<lb/>
in folgender Wei&#x017F;e unzweifelhaft fe&#x017F;tge&#x017F;tellt hat. &#x2014; Seit<lb/>
der <hi rendition="#aq">Lex Julia</hi> über das allgemeine Bürgerrecht von Italien<lb/>
war <hi rendition="#aq">municipium</hi> die regelmäßige Bezeichnung der Einen<lb/>
Hauptkla&#x017F;&#x017F;e Itali&#x017F;cher Städte, der Städte nämlich, die nicht<lb/>
von Rom aus als Gemeinden zuer&#x017F;t begründet worden<lb/>
waren, im Gegen&#x017F;atz der anderen Hauptkla&#x017F;&#x017F;e, der <hi rendition="#aq">colo-<lb/>
niae</hi> <note place="foot" n="(g)">In der Lex Julia munici-<lb/>
palis (<hi rendition="#aq">tabula Heracleensis</hi>) i&#x017F;t<lb/>
die regelmäßige, &#x017F;tets wiederkehrende,<lb/>
Aufzählung der Stadtgemeinden<lb/>
in Italien folgende: <hi rendition="#aq">municipium,<lb/>
colonia, praefectura, forum,<lb/>
conciliabulum (<hi rendition="#k">Haubold</hi> mo-<lb/>
numenta legalia N. XVI);</hi> fa&#x017F;t<lb/>
eben &#x017F;o in der Lex Rubria (<hi rendition="#aq">ibid.<lb/>
N. XXI</hi>).</note>. Der Name <hi rendition="#aq">municipium,</hi> der allerdings auch in<lb/>
den Provinzen nicht &#x017F;elten i&#x017F;t, wurde aber auf die Pro-<lb/>
vinzen keinesweges allgemein übertragen, zu der Zeit, als<lb/>
die Civität dem ganzen Reiche, al&#x017F;o allen Städten, mitge-<lb/>
theilt wurde. Sollte nun eine Stadtgemeinde überhaupt<lb/>
bezeichnet werden, ohne Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen Municipien<lb/>
und Colonieen, zwi&#x017F;chen Italien und den Provinzen, &#x017F;o<lb/>
wurden dafür regelmäßig die Ausdrücke <hi rendition="#aq">respublica</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">civitas</hi> gebraucht. &#x2014; <hi rendition="#aq">Municeps</hi> aber er&#x017F;cheint bei den alten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0075] §. 352. Origo und domicilium. I. Origo. (Fortſ.) Zeiten beſtritten und zweifelhaft, ſie war es auch ſchon bei den Römern ſelbſt. Die Zweifel ſind dabei theils ſprach- licher, theils ſachlicher, alſo geſchichtlicher Art (f). Wir können aber für unſern Zweck dieſe ſchwierige Unterſuchung auf ſich beruhen laſſen, da ſich ſpäterhin der Sprachgebrauch in folgender Weiſe unzweifelhaft feſtgeſtellt hat. — Seit der Lex Julia über das allgemeine Bürgerrecht von Italien war municipium die regelmäßige Bezeichnung der Einen Hauptklaſſe Italiſcher Städte, der Städte nämlich, die nicht von Rom aus als Gemeinden zuerſt begründet worden waren, im Gegenſatz der anderen Hauptklaſſe, der colo- niae (g). Der Name municipium, der allerdings auch in den Provinzen nicht ſelten iſt, wurde aber auf die Pro- vinzen keinesweges allgemein übertragen, zu der Zeit, als die Civität dem ganzen Reiche, alſo allen Städten, mitge- theilt wurde. Sollte nun eine Stadtgemeinde überhaupt bezeichnet werden, ohne Unterſchied zwiſchen Municipien und Colonieen, zwiſchen Italien und den Provinzen, ſo wurden dafür regelmäßig die Ausdrücke respublica und civitas gebraucht. — Municeps aber erſcheint bei den alten (f) Vgl. beſonders Niebuhr Römiſche Geſchichte B. 2 S. 56— 88. der dritten Ausgabe. Außer- dem iſt zu benutzen ein Programm von Rudorff, welches als Vor- rede zum lateiniſchen Lections- Katalog der Berliner Univerſität, Winterſemeſter 1848, abgedruckt iſt. (g) In der Lex Julia munici- palis (tabula Heracleensis) iſt die regelmäßige, ſtets wiederkehrende, Aufzählung der Stadtgemeinden in Italien folgende: municipium, colonia, praefectura, forum, conciliabulum (Haubold mo- numenta legalia N. XVI); faſt eben ſo in der Lex Rubria (ibid. N. XXI).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/75
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/75>, abgerufen am 25.11.2024.