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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
scheidung unsrer Collisionsfrage, als auf eine vereinzelte
Folge, eingeschränkt werden darf, sondern daß vielmehr
diese Entscheidung selbst nur als einzelnes Stück eines
größeren Zusammenhanges aufgefaßt werden darf.

Jeder Einzelne nämlich ist in den Verhältnissen des
öffentlichen Rechts in einer zweifachen Abhängigkeit oder
Verpflichtung zu denken. Erstlich zu dem Staate im
Ganzen, dem er als Bürger und Unterthan angehört.
Zweitens zu irgend einem engeren, örtlichen Kreise (nach
Römischer Verfassung einer Stadtgemeinde), der ein orga-
nisches Glied jenes größeren Ganzen bildet. Die Abhängig-
keit von diesem engeren Kreise, der Zusammenhang mit
demselben, erscheint in mannichfaltigen wichtigen Folgen;
nach Römischem Recht bald in der Verpflichtung zu städti-
schen Lasten (munera); bald in dem Gehorsam gegen städ-
tische Obrigkeiten; bald in dem städtischen positiven Recht,
welches als das persönliche Recht dieses Einzelnen anzu-
sehen ist.

Der Gehorsam gegen die örtlichen Obrigkeiten zeigt sich
in dem Gerichtsstand, dem jeder Einzelne regelmäßig unter-
worfen ist, dem forum originis und forum domicilii.

Das örtliche positive Recht endlich, als das persönliche
Recht jedes Einzelnen, war die Veranlassung, diesen Ge-
genstand schon an dieser Stelle vorläufig zur Sprache zu
bringen; es sollte namentlich schon im Eingang auf den
Zusammenhang zwischen dem Gerichtsstand und dem per-

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
ſcheidung unſrer Colliſionsfrage, als auf eine vereinzelte
Folge, eingeſchränkt werden darf, ſondern daß vielmehr
dieſe Entſcheidung ſelbſt nur als einzelnes Stück eines
größeren Zuſammenhanges aufgefaßt werden darf.

Jeder Einzelne nämlich iſt in den Verhältniſſen des
öffentlichen Rechts in einer zweifachen Abhängigkeit oder
Verpflichtung zu denken. Erſtlich zu dem Staate im
Ganzen, dem er als Bürger und Unterthan angehört.
Zweitens zu irgend einem engeren, örtlichen Kreiſe (nach
Römiſcher Verfaſſung einer Stadtgemeinde), der ein orga-
niſches Glied jenes größeren Ganzen bildet. Die Abhängig-
keit von dieſem engeren Kreiſe, der Zuſammenhang mit
demſelben, erſcheint in mannichfaltigen wichtigen Folgen;
nach Römiſchem Recht bald in der Verpflichtung zu ſtädti-
ſchen Laſten (munera); bald in dem Gehorſam gegen ſtäd-
tiſche Obrigkeiten; bald in dem ſtädtiſchen poſitiven Recht,
welches als das perſönliche Recht dieſes Einzelnen anzu-
ſehen iſt.

Der Gehorſam gegen die örtlichen Obrigkeiten zeigt ſich
in dem Gerichtsſtand, dem jeder Einzelne regelmäßig unter-
worfen iſt, dem forum originis und forum domicilii.

Das örtliche poſitive Recht endlich, als das perſönliche
Recht jedes Einzelnen, war die Veranlaſſung, dieſen Ge-
genſtand ſchon an dieſer Stelle vorläufig zur Sprache zu
bringen; es ſollte namentlich ſchon im Eingang auf den
Zuſammenhang zwiſchen dem Gerichtsſtand und dem per-

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[42/0064] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. ſcheidung unſrer Colliſionsfrage, als auf eine vereinzelte Folge, eingeſchränkt werden darf, ſondern daß vielmehr dieſe Entſcheidung ſelbſt nur als einzelnes Stück eines größeren Zuſammenhanges aufgefaßt werden darf. Jeder Einzelne nämlich iſt in den Verhältniſſen des öffentlichen Rechts in einer zweifachen Abhängigkeit oder Verpflichtung zu denken. Erſtlich zu dem Staate im Ganzen, dem er als Bürger und Unterthan angehört. Zweitens zu irgend einem engeren, örtlichen Kreiſe (nach Römiſcher Verfaſſung einer Stadtgemeinde), der ein orga- niſches Glied jenes größeren Ganzen bildet. Die Abhängig- keit von dieſem engeren Kreiſe, der Zuſammenhang mit demſelben, erſcheint in mannichfaltigen wichtigen Folgen; nach Römiſchem Recht bald in der Verpflichtung zu ſtädti- ſchen Laſten (munera); bald in dem Gehorſam gegen ſtäd- tiſche Obrigkeiten; bald in dem ſtädtiſchen poſitiven Recht, welches als das perſönliche Recht dieſes Einzelnen anzu- ſehen iſt. Der Gehorſam gegen die örtlichen Obrigkeiten zeigt ſich in dem Gerichtsſtand, dem jeder Einzelne regelmäßig unter- worfen iſt, dem forum originis und forum domicilii. Das örtliche poſitive Recht endlich, als das perſönliche Recht jedes Einzelnen, war die Veranlaſſung, dieſen Ge- genſtand ſchon an dieſer Stelle vorläufig zur Sprache zu bringen; es ſollte namentlich ſchon im Eingang auf den Zuſammenhang zwiſchen dem Gerichtsſtand und dem per-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/64>, abgerufen am 26.11.2024.