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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 349. Widerstreit. Territorialrechte in verschied. Staaten. (Forts.)
hörenden Juden zum Grundbesitz zulassen, ohne Rücksicht
auf das beschränkende Gesetz ihres persönlichen Wohnsitzes.

B. Rechtsinstitute eines fremden Staates, deren Dasein
in dem unsrigen überhaupt nicht anerkannt ist.

Der Richter eines Staates, dem der bürgerliche Tod
der Französischen oder Russischen Gesetzgebung unbekannt
ist, wird auf Personen, die in diesen Ländern dem bürger-
lichen Tode unterworfen worden sind, die damit verbundene
Rechtsunfähigkeit nicht anzuwenden haben, wenngleich, nach
allgemeinen Regeln über die Collision, der persönliche Zu-
stand beurtheilt werden müßte nach dem am Wohnsitz gel-
tenden Recht (d). -- Eben so wird in einem Staate, der
die Sklaverei nicht kennt, ein Negersklave, der sich daselbst
aufhält, nicht als Eigenthum seines Herrn, und nicht als
rechtsunfähig, behandelt werden können (e). In diesem
letzten Fall werden sogar beide hier aufgestellte Gesichts-
punkte zusammen treffen, und zu einem und demselben Ziele
führen. Die Sklaverei ist als Rechtsinstitut unserm Staate
fremd, in ihm nicht anerkannt; und zugleich ist es von
unserm Standpunkte aus etwas durchaus Unsittliches, einen
Menschen als Sache zu behandeln. Bei dem vorher ange-
führten Fall des bürgerlichen Todes würde nur der erste
Grund geltend gemacht werden können, nicht der zweite, da

(d) Vgl. oben B. 2 § 75. --
Anderer Meinung ist in diesem
Punkte Schäffner § 35, außer
wenn man etwa die auswärtige
Wirksamkeit des Straferkennt-
nisses
verneinen möchte.
(e) Wächter II. S. 172.
Schäffner § 34.

§. 349. Widerſtreit. Territorialrechte in verſchied. Staaten. (Fortſ.)
hörenden Juden zum Grundbeſitz zulaſſen, ohne Rückſicht
auf das beſchränkende Geſetz ihres perſönlichen Wohnſitzes.

B. Rechtsinſtitute eines fremden Staates, deren Daſein
in dem unſrigen überhaupt nicht anerkannt iſt.

Der Richter eines Staates, dem der bürgerliche Tod
der Franzöſiſchen oder Ruſſiſchen Geſetzgebung unbekannt
iſt, wird auf Perſonen, die in dieſen Ländern dem bürger-
lichen Tode unterworfen worden ſind, die damit verbundene
Rechtsunfähigkeit nicht anzuwenden haben, wenngleich, nach
allgemeinen Regeln über die Colliſion, der perſönliche Zu-
ſtand beurtheilt werden müßte nach dem am Wohnſitz gel-
tenden Recht (d). — Eben ſo wird in einem Staate, der
die Sklaverei nicht kennt, ein Negerſklave, der ſich daſelbſt
aufhält, nicht als Eigenthum ſeines Herrn, und nicht als
rechtsunfähig, behandelt werden können (e). In dieſem
letzten Fall werden ſogar beide hier aufgeſtellte Geſichts-
punkte zuſammen treffen, und zu einem und demſelben Ziele
führen. Die Sklaverei iſt als Rechtsinſtitut unſerm Staate
fremd, in ihm nicht anerkannt; und zugleich iſt es von
unſerm Standpunkte aus etwas durchaus Unſittliches, einen
Menſchen als Sache zu behandeln. Bei dem vorher ange-
führten Fall des bürgerlichen Todes würde nur der erſte
Grund geltend gemacht werden können, nicht der zweite, da

(d) Vgl. oben B. 2 § 75. —
Anderer Meinung iſt in dieſem
Punkte Schäffner § 35, außer
wenn man etwa die auswärtige
Wirkſamkeit des Straferkennt-
niſſes
verneinen möchte.
(e) Wächter II. S. 172.
Schäffner § 34.
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[37/0059] §. 349. Widerſtreit. Territorialrechte in verſchied. Staaten. (Fortſ.) hörenden Juden zum Grundbeſitz zulaſſen, ohne Rückſicht auf das beſchränkende Geſetz ihres perſönlichen Wohnſitzes. B. Rechtsinſtitute eines fremden Staates, deren Daſein in dem unſrigen überhaupt nicht anerkannt iſt. Der Richter eines Staates, dem der bürgerliche Tod der Franzöſiſchen oder Ruſſiſchen Geſetzgebung unbekannt iſt, wird auf Perſonen, die in dieſen Ländern dem bürger- lichen Tode unterworfen worden ſind, die damit verbundene Rechtsunfähigkeit nicht anzuwenden haben, wenngleich, nach allgemeinen Regeln über die Colliſion, der perſönliche Zu- ſtand beurtheilt werden müßte nach dem am Wohnſitz gel- tenden Recht (d). — Eben ſo wird in einem Staate, der die Sklaverei nicht kennt, ein Negerſklave, der ſich daſelbſt aufhält, nicht als Eigenthum ſeines Herrn, und nicht als rechtsunfähig, behandelt werden können (e). In dieſem letzten Fall werden ſogar beide hier aufgeſtellte Geſichts- punkte zuſammen treffen, und zu einem und demſelben Ziele führen. Die Sklaverei iſt als Rechtsinſtitut unſerm Staate fremd, in ihm nicht anerkannt; und zugleich iſt es von unſerm Standpunkte aus etwas durchaus Unſittliches, einen Menſchen als Sache zu behandeln. Bei dem vorher ange- führten Fall des bürgerlichen Todes würde nur der erſte Grund geltend gemacht werden können, nicht der zweite, da (d) Vgl. oben B. 2 § 75. — Anderer Meinung iſt in dieſem Punkte Schäffner § 35, außer wenn man etwa die auswärtige Wirkſamkeit des Straferkennt- niſſes verneinen möchte. (e) Wächter II. S. 172. Schäffner § 34.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/59>, abgerufen am 27.11.2024.