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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 400. B. Daseyn der Rechte. -- Rechtmäßigkeit.
ruf erfüllt. Dieses ist nicht schwer in den zahlreichen Fällen
der Reallasten aller Art, bei welchen in der Regel nur
zwei Personen einander gegenüber stehen. Jeder wahre
politische oder volkswirthschaftliche Zweck wird durch die
Ablösung mit Entschädigung vollständig erreicht, ohne Be-
reicherung des einen Theils auf Kosten des anderen, die
durch die Natur solcher Gesetze auf keine Weise zu recht-
fertigen ist.

Ein großartiges Beispiel solcher Entschädigung ist in
neuerer Zeit durch die Englische Sklavenemancipation gege-
ben worden, indem der Staat die Eigenthümer der Sklaven
aus seinem Vermögen für den verlornen Werth entschädigte.

Sehr schwierig ist die Lösung dieser Aufgabe bei der
Aufhebung von Lehen und Fideicommissen, indem hier die
Ansprüche und Erwartungen der zur Nachfolge berechtigten
einzelnen Personen in hohem Grade ungewiß sind. Eine
Verminderung des Nachtheils kann darin gesucht werden,
daß die Ausführung etwas verschoben wird (§ 399. o).

In manchen Fällen ist gar keine Entschädigung nöthig,
sondern nur die Vermittlung eines Uebergangs, welche zur
Abwendung jedes möglichen Nachtheils hinreichend seyn
kann. So ist es geschehen in den zahlreichen Fällen, in
welchen die Preußische Hypothekenordnung an die Stelle
des bisher geltenden gemeinrechtlichen Pfandrechts gesetzt
wurde. Es kam dabei nur darauf an, den bisherigen
Pfandgläubigern ihr Recht und ihre Priorität zu erhalten.
Dieses geschah, indem sie öffentlich aufgefordert wurden'

§. 400. B. Daſeyn der Rechte. — Rechtmäßigkeit.
ruf erfüllt. Dieſes iſt nicht ſchwer in den zahlreichen Fällen
der Reallaſten aller Art, bei welchen in der Regel nur
zwei Perſonen einander gegenüber ſtehen. Jeder wahre
politiſche oder volkswirthſchaftliche Zweck wird durch die
Ablöſung mit Entſchädigung vollſtändig erreicht, ohne Be-
reicherung des einen Theils auf Koſten des anderen, die
durch die Natur ſolcher Geſetze auf keine Weiſe zu recht-
fertigen iſt.

Ein großartiges Beiſpiel ſolcher Entſchädigung iſt in
neuerer Zeit durch die Engliſche Sklavenemancipation gege-
ben worden, indem der Staat die Eigenthümer der Sklaven
aus ſeinem Vermögen für den verlornen Werth entſchädigte.

Sehr ſchwierig iſt die Löſung dieſer Aufgabe bei der
Aufhebung von Lehen und Fideicommiſſen, indem hier die
Anſprüche und Erwartungen der zur Nachfolge berechtigten
einzelnen Perſonen in hohem Grade ungewiß ſind. Eine
Verminderung des Nachtheils kann darin geſucht werden,
daß die Ausführung etwas verſchoben wird (§ 399. o).

In manchen Fällen iſt gar keine Entſchädigung nöthig,
ſondern nur die Vermittlung eines Uebergangs, welche zur
Abwendung jedes möglichen Nachtheils hinreichend ſeyn
kann. So iſt es geſchehen in den zahlreichen Fällen, in
welchen die Preußiſche Hypothekenordnung an die Stelle
des bisher geltenden gemeinrechtlichen Pfandrechts geſetzt
wurde. Es kam dabei nur darauf an, den bisherigen
Pfandgläubigern ihr Recht und ihre Priorität zu erhalten.
Dieſes geſchah, indem ſie öffentlich aufgefordert wurden’

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[539/0561] §. 400. B. Daſeyn der Rechte. — Rechtmäßigkeit. ruf erfüllt. Dieſes iſt nicht ſchwer in den zahlreichen Fällen der Reallaſten aller Art, bei welchen in der Regel nur zwei Perſonen einander gegenüber ſtehen. Jeder wahre politiſche oder volkswirthſchaftliche Zweck wird durch die Ablöſung mit Entſchädigung vollſtändig erreicht, ohne Be- reicherung des einen Theils auf Koſten des anderen, die durch die Natur ſolcher Geſetze auf keine Weiſe zu recht- fertigen iſt. Ein großartiges Beiſpiel ſolcher Entſchädigung iſt in neuerer Zeit durch die Engliſche Sklavenemancipation gege- ben worden, indem der Staat die Eigenthümer der Sklaven aus ſeinem Vermögen für den verlornen Werth entſchädigte. Sehr ſchwierig iſt die Löſung dieſer Aufgabe bei der Aufhebung von Lehen und Fideicommiſſen, indem hier die Anſprüche und Erwartungen der zur Nachfolge berechtigten einzelnen Perſonen in hohem Grade ungewiß ſind. Eine Verminderung des Nachtheils kann darin geſucht werden, daß die Ausführung etwas verſchoben wird (§ 399. o). In manchen Fällen iſt gar keine Entſchädigung nöthig, ſondern nur die Vermittlung eines Uebergangs, welche zur Abwendung jedes möglichen Nachtheils hinreichend ſeyn kann. So iſt es geſchehen in den zahlreichen Fällen, in welchen die Preußiſche Hypothekenordnung an die Stelle des bisher geltenden gemeinrechtlichen Pfandrechts geſetzt wurde. Es kam dabei nur darauf an, den bisherigen Pfandgläubigern ihr Recht und ihre Priorität zu erhalten. Dieſes geſchah, indem ſie öffentlich aufgefordert wurden’

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/561>, abgerufen am 24.11.2024.