Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Es ist schon oben bemerkt worden, daß dasselbe Römi- sche Kaisergesetz, welches die rückwirkende Kraft der Ge- setze im Allgemeinen verneint, den Vorbehalt einzelner Aus- nahmen ausdrücklich hinzufügt (§ 386. a), dessen es je- doch nicht einmal bedurfte, da er sich ohnehin von selbst verstand. Im Laufe unserer Untersuchung sind nun viele Fälle solcher einzelnen Ausnahmen angegeben worden, theils aus dem Römischen Recht, theils aus neueren Gesetzgebun- gen. Es waren dieses Fälle beider Arten von Ausnahmen, sowohl erweiternde (b), als einschränkende (c), und es ver- dient bemerkt zu werden, daß die Fälle der zweiten Art häufiger sind, als die der ersten. -- Ferner ist bereits be- merkt worden, daß die im Römischen Recht enthaltenen ein- zelnen Ausnahmen für uns keine praktische Bedeutung haben, selbst da, wo etwa das Römische Recht für irgend ein Land neue Geltung als gemeines Recht erlangen möchte (§ 386).
Solche Ausnahmen nun werden wir bei künftigen neuen Gesetzen nur da anzuerkennen haben, wo sie recht bestimmt vorgeschrieben sind, da der Gesetzgeber, wenn er sich zu einer Ausnahme entschließt, also des Gegensatzes zwischen Regel und Ausnahme sich deutlich bewußt wird, gewiß Veranlassung hat, darüber eine ausdrückliche, unzweideutige Erklärung auszusprechen. Auch ist es als merkwürdig her-
(b) Solche Fälle kommen vor in den §§ 386. 388. 390. 391. 394.
(c) So in den §§ 391 und 394.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Es iſt ſchon oben bemerkt worden, daß daſſelbe Römi- ſche Kaiſergeſetz, welches die rückwirkende Kraft der Ge- ſetze im Allgemeinen verneint, den Vorbehalt einzelner Aus- nahmen ausdrücklich hinzufügt (§ 386. a), deſſen es je- doch nicht einmal bedurfte, da er ſich ohnehin von ſelbſt verſtand. Im Laufe unſerer Unterſuchung ſind nun viele Fälle ſolcher einzelnen Ausnahmen angegeben worden, theils aus dem Römiſchen Recht, theils aus neueren Geſetzgebun- gen. Es waren dieſes Fälle beider Arten von Ausnahmen, ſowohl erweiternde (b), als einſchränkende (c), und es ver- dient bemerkt zu werden, daß die Fälle der zweiten Art häufiger ſind, als die der erſten. — Ferner iſt bereits be- merkt worden, daß die im Römiſchen Recht enthaltenen ein- zelnen Ausnahmen für uns keine praktiſche Bedeutung haben, ſelbſt da, wo etwa das Römiſche Recht für irgend ein Land neue Geltung als gemeines Recht erlangen möchte (§ 386).
Solche Ausnahmen nun werden wir bei künftigen neuen Geſetzen nur da anzuerkennen haben, wo ſie recht beſtimmt vorgeſchrieben ſind, da der Geſetzgeber, wenn er ſich zu einer Ausnahme entſchließt, alſo des Gegenſatzes zwiſchen Regel und Ausnahme ſich deutlich bewußt wird, gewiß Veranlaſſung hat, darüber eine ausdrückliche, unzweideutige Erklärung auszuſprechen. Auch iſt es als merkwürdig her-
(b) Solche Fälle kommen vor in den §§ 386. 388. 390. 391. 394.
(c) So in den §§ 391 und 394.
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
Es iſt ſchon oben bemerkt worden, daß daſſelbe Römi-
ſche Kaiſergeſetz, welches die rückwirkende Kraft der Ge-
ſetze im Allgemeinen verneint, den Vorbehalt einzelner Aus-
nahmen ausdrücklich hinzufügt (§ 386. a), deſſen es je-
doch nicht einmal bedurfte, da er ſich ohnehin von ſelbſt
verſtand. Im Laufe unſerer Unterſuchung ſind nun viele
Fälle ſolcher einzelnen Ausnahmen angegeben worden, theils
aus dem Römiſchen Recht, theils aus neueren Geſetzgebun-
gen. Es waren dieſes Fälle beider Arten von Ausnahmen,
ſowohl erweiternde (b), als einſchränkende (c), und es ver-
dient bemerkt zu werden, daß die Fälle der zweiten Art
häufiger ſind, als die der erſten. — Ferner iſt bereits be-
merkt worden, daß die im Römiſchen Recht enthaltenen ein-
zelnen Ausnahmen für uns keine praktiſche Bedeutung
haben, ſelbſt da, wo etwa das Römiſche Recht für irgend
ein Land neue Geltung als gemeines Recht erlangen
möchte (§ 386).
Solche Ausnahmen nun werden wir bei künftigen neuen
Geſetzen nur da anzuerkennen haben, wo ſie recht beſtimmt
vorgeſchrieben ſind, da der Geſetzgeber, wenn er ſich zu
einer Ausnahme entſchließt, alſo des Gegenſatzes zwiſchen
Regel und Ausnahme ſich deutlich bewußt wird, gewiß
Veranlaſſung hat, darüber eine ausdrückliche, unzweideutige
Erklärung auszuſprechen. Auch iſt es als merkwürdig her-
(b) Solche Fälle kommen vor in den §§ 386. 388. 390. 391. 394.
(c) So in den §§ 391 und 394.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/530>, abgerufen am 25.11.2024.
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