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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.

Hierin liegt der wahre Grund der auffallenden Regel
über die tria tempora; nicht, wie Viele glauben, in der
regula Catoniana (p). Die Unrichtigkeit dieser Ableitung
ergiebt sich aus folgenden Betrachtungen. Die tria tempora
werden nirgend auf diese ganz einzeln stehende, einer schon
etwas neueren Zeit angehörende, Regel zurückgeführt,
müssen also wohl einen allgemeineren und älteren Grund
gehabt haben. Ferner geht die Regel des Cato nur auf
Legate (Note p), und namentlich nicht auf Erbschaften (q).
Sie betrifft also überhaupt nicht die persönliche Fähigkeit
des Honorirten, wovon allein hier die Rede ist, sondern
andere Bedingungen eines ungültigen Legats; insbesondere
wohl den Fall, wenn der Testator eine Sache per vindi-
cationem
legirt, ohne daran zur Zeit des Testaments das
Römische Eigenthum zu haben. Dieses Legat ist ungültig,
auch wenn er späterhin das Römische Eigenthum der Sache
erwirbt (r).

Fassen wir dieses Alles in Einen Gedanken zusammen,
so müssen wir sagen, die ganze Lehre der tria tempora
gründete sich gar nicht auf die Natur der Sache, auf das

(p) L. 1 pr. de reg. Cat.
(34. 7) "Quod, si testamenti
facti tempore decessit testator,
inutile foret: id legatum,
quandocunque decesserit, non
valere."
(q) L. 3 eod. "Catoniana
regula non pertinet ad here-
ditates."
Zwar will Cujacius
obs. IV.
4 emendiren: liberta-
tes,
aber diese Emendation ist
völlig willkürlich und weder durch
Handschriften, noch durch inneres
Bedürfniß unterstützt. Vergl.
Voorda Interpret. II. 22.
(r) Ulpian. XXIV. § 7.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.

Hierin liegt der wahre Grund der auffallenden Regel
über die tria tempora; nicht, wie Viele glauben, in der
regula Catoniana (p). Die Unrichtigkeit dieſer Ableitung
ergiebt ſich aus folgenden Betrachtungen. Die tria tempora
werden nirgend auf dieſe ganz einzeln ſtehende, einer ſchon
etwas neueren Zeit angehörende, Regel zurückgeführt,
müſſen alſo wohl einen allgemeineren und älteren Grund
gehabt haben. Ferner geht die Regel des Cato nur auf
Legate (Note p), und namentlich nicht auf Erbſchaften (q).
Sie betrifft alſo überhaupt nicht die perſönliche Fähigkeit
des Honorirten, wovon allein hier die Rede iſt, ſondern
andere Bedingungen eines ungültigen Legats; insbeſondere
wohl den Fall, wenn der Teſtator eine Sache per vindi-
cationem
legirt, ohne daran zur Zeit des Teſtaments das
Römiſche Eigenthum zu haben. Dieſes Legat iſt ungültig,
auch wenn er ſpäterhin das Römiſche Eigenthum der Sache
erwirbt (r).

Faſſen wir dieſes Alles in Einen Gedanken zuſammen,
ſo müſſen wir ſagen, die ganze Lehre der tria tempora
gründete ſich gar nicht auf die Natur der Sache, auf das

(p) L. 1 pr. de reg. Cat.
(34. 7) „Quod, si testamenti
facti tempore decessit testator,
inutile foret: id legatum,
quandocunque decesserit, non
valere.“
(q) L. 3 eod. „Catoniana
regula non pertinet ad here-
ditates.“
Zwar will Cujacius
obs. IV.
4 emendiren: liberta-
tes,
aber dieſe Emendation iſt
völlig willkürlich und weder durch
Handſchriften, noch durch inneres
Bedürfniß unterſtützt. Vergl.
Voorda Interpret. II. 22.
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[460/0482] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen. Hierin liegt der wahre Grund der auffallenden Regel über die tria tempora; nicht, wie Viele glauben, in der regula Catoniana (p). Die Unrichtigkeit dieſer Ableitung ergiebt ſich aus folgenden Betrachtungen. Die tria tempora werden nirgend auf dieſe ganz einzeln ſtehende, einer ſchon etwas neueren Zeit angehörende, Regel zurückgeführt, müſſen alſo wohl einen allgemeineren und älteren Grund gehabt haben. Ferner geht die Regel des Cato nur auf Legate (Note p), und namentlich nicht auf Erbſchaften (q). Sie betrifft alſo überhaupt nicht die perſönliche Fähigkeit des Honorirten, wovon allein hier die Rede iſt, ſondern andere Bedingungen eines ungültigen Legats; insbeſondere wohl den Fall, wenn der Teſtator eine Sache per vindi- cationem legirt, ohne daran zur Zeit des Teſtaments das Römiſche Eigenthum zu haben. Dieſes Legat iſt ungültig, auch wenn er ſpäterhin das Römiſche Eigenthum der Sache erwirbt (r). Faſſen wir dieſes Alles in Einen Gedanken zuſammen, ſo müſſen wir ſagen, die ganze Lehre der tria tempora gründete ſich gar nicht auf die Natur der Sache, auf das (p) L. 1 pr. de reg. Cat. (34. 7) „Quod, si testamenti facti tempore decessit testator, inutile foret: id legatum, quandocunque decesserit, non valere.“ (q) L. 3 eod. „Catoniana regula non pertinet ad here- ditates.“ Zwar will Cujacius obs. IV. 4 emendiren: liberta- tes, aber dieſe Emendation iſt völlig willkürlich und weder durch Handſchriften, noch durch inneres Bedürfniß unterſtützt. Vergl. Voorda Interpret. II. 22. (r) Ulpian. XXIV. § 7.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/482>, abgerufen am 22.11.2024.