Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
merken, daß sie dadurch dem nahe dabei stehenden Grund-
satz, welcher die Folgen der Verträge dem zur Zeit des
Abschlusses geltenden Gesetze unterwirft (Note c), geradezu
widersprechen. Zu einer solchen Abweichung von dem rich-
tigen, in den erwähnten Gesetzen selbst ausdrücklich aner-
kannten, Grundsatz war aber bei dem Zinsvertrag am we-
nigsten Bedürfniß vorhanden, da gerade hier die An-
wendung auf die vergangenen Verträge meist ganz uner-
heblich ist (§ 385. a).

Viel wichtiger aber und sehr weit greifend ist der Wi-
derspruch gegen die Allgemeinheit der hier aufgestellten
Regel, der von zwei neueren Schriftstellern erhoben worden
ist. Er betrifft nicht die Regel an sich, sondern nur die
Anwendung derselben auf die Anfechtung der Verträge,
insofern diese nicht auf die Umstände bei dem Abschluß des
Vertrags selbst, sondern auf spätere Thatsachen, z. B. auf
den künftigen Entschluß einer Partei zur Anfechtungsklage,
gegründet werden soll (h). Weber hat diese Behauptung
nicht als allgemeinen Grundsatz aufgestellt, wohl aber in
einer Reihe einzelner wichtiger Fälle geltend gemacht (i).
Bald nach ihm aber hat Meyer dieselbe auf einen abstrac-

(h) Gerade für solche Fälle
haben die Preußischen Gesetze die
Anwendbarkeit unserer Regel aus-
drücklich anerkannt (Note c).
(i) Diese Fälle werden unten
bei den einzelnen Anwendungen
erwähnt werden.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
merken, daß ſie dadurch dem nahe dabei ſtehenden Grund-
ſatz, welcher die Folgen der Verträge dem zur Zeit des
Abſchluſſes geltenden Geſetze unterwirft (Note c), geradezu
widerſprechen. Zu einer ſolchen Abweichung von dem rich-
tigen, in den erwähnten Geſetzen ſelbſt ausdrücklich aner-
kannten, Grundſatz war aber bei dem Zinsvertrag am we-
nigſten Bedürfniß vorhanden, da gerade hier die An-
wendung auf die vergangenen Verträge meiſt ganz uner-
heblich iſt (§ 385. a).

Viel wichtiger aber und ſehr weit greifend iſt der Wi-
derſpruch gegen die Allgemeinheit der hier aufgeſtellten
Regel, der von zwei neueren Schriftſtellern erhoben worden
iſt. Er betrifft nicht die Regel an ſich, ſondern nur die
Anwendung derſelben auf die Anfechtung der Verträge,
inſofern dieſe nicht auf die Umſtände bei dem Abſchluß des
Vertrags ſelbſt, ſondern auf ſpätere Thatſachen, z. B. auf
den künftigen Entſchluß einer Partei zur Anfechtungsklage,
gegründet werden ſoll (h). Weber hat dieſe Behauptung
nicht als allgemeinen Grundſatz aufgeſtellt, wohl aber in
einer Reihe einzelner wichtiger Fälle geltend gemacht (i).
Bald nach ihm aber hat Meyer dieſelbe auf einen abſtrac-

(h) Gerade für ſolche Fälle
haben die Preußiſchen Geſetze die
Anwendbarkeit unſerer Regel aus-
drücklich anerkannt (Note c).
(i) Dieſe Fälle werden unten
bei den einzelnen Anwendungen
erwähnt werden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0460" n="438"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herr&#x017F;chaft der Rechtsregeln. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Zeitliche Gränzen.</fw><lb/>
merken, daß &#x017F;ie dadurch dem nahe dabei &#x017F;tehenden Grund-<lb/>
&#x017F;atz, welcher die Folgen der Verträge dem zur Zeit des<lb/>
Ab&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;es geltenden Ge&#x017F;etze unterwirft (Note <hi rendition="#aq">c</hi>), geradezu<lb/>
wider&#x017F;prechen. Zu einer &#x017F;olchen Abweichung von dem rich-<lb/>
tigen, in den erwähnten Ge&#x017F;etzen &#x017F;elb&#x017F;t ausdrücklich aner-<lb/>
kannten, Grund&#x017F;atz war aber bei dem Zinsvertrag am we-<lb/>
nig&#x017F;ten Bedürfniß vorhanden, da gerade hier die An-<lb/>
wendung auf die vergangenen Verträge mei&#x017F;t ganz uner-<lb/>
heblich i&#x017F;t (§ 385. <hi rendition="#aq">a</hi>).</p><lb/>
            <p>Viel wichtiger aber und &#x017F;ehr weit greifend i&#x017F;t der Wi-<lb/>
der&#x017F;pruch gegen die Allgemeinheit der hier aufge&#x017F;tellten<lb/>
Regel, der von zwei neueren Schrift&#x017F;tellern erhoben worden<lb/>
i&#x017F;t. Er betrifft nicht die Regel an &#x017F;ich, &#x017F;ondern nur die<lb/>
Anwendung der&#x017F;elben auf die Anfechtung der Verträge,<lb/>
in&#x017F;ofern die&#x017F;e nicht auf die Um&#x017F;tände bei dem Ab&#x017F;chluß des<lb/>
Vertrags &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern auf &#x017F;pätere That&#x017F;achen, z. B. auf<lb/>
den künftigen Ent&#x017F;chluß einer Partei zur Anfechtungsklage,<lb/>
gegründet werden &#x017F;oll <note place="foot" n="(h)">Gerade für &#x017F;olche Fälle<lb/>
haben die Preußi&#x017F;chen Ge&#x017F;etze die<lb/>
Anwendbarkeit un&#x017F;erer Regel aus-<lb/>
drücklich anerkannt (Note <hi rendition="#aq">c</hi>).</note>. <hi rendition="#g">Weber</hi> hat die&#x017F;e Behauptung<lb/>
nicht als allgemeinen Grund&#x017F;atz aufge&#x017F;tellt, wohl aber in<lb/>
einer Reihe einzelner wichtiger Fälle geltend gemacht <note place="foot" n="(i)">Die&#x017F;e Fälle werden unten<lb/>
bei den einzelnen Anwendungen<lb/>
erwähnt werden.</note>.<lb/>
Bald nach ihm aber hat <hi rendition="#g">Meyer</hi> die&#x017F;elbe auf einen ab&#x017F;trac-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0460] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen. merken, daß ſie dadurch dem nahe dabei ſtehenden Grund- ſatz, welcher die Folgen der Verträge dem zur Zeit des Abſchluſſes geltenden Geſetze unterwirft (Note c), geradezu widerſprechen. Zu einer ſolchen Abweichung von dem rich- tigen, in den erwähnten Geſetzen ſelbſt ausdrücklich aner- kannten, Grundſatz war aber bei dem Zinsvertrag am we- nigſten Bedürfniß vorhanden, da gerade hier die An- wendung auf die vergangenen Verträge meiſt ganz uner- heblich iſt (§ 385. a). Viel wichtiger aber und ſehr weit greifend iſt der Wi- derſpruch gegen die Allgemeinheit der hier aufgeſtellten Regel, der von zwei neueren Schriftſtellern erhoben worden iſt. Er betrifft nicht die Regel an ſich, ſondern nur die Anwendung derſelben auf die Anfechtung der Verträge, inſofern dieſe nicht auf die Umſtände bei dem Abſchluß des Vertrags ſelbſt, ſondern auf ſpätere Thatſachen, z. B. auf den künftigen Entſchluß einer Partei zur Anfechtungsklage, gegründet werden ſoll (h). Weber hat dieſe Behauptung nicht als allgemeinen Grundſatz aufgeſtellt, wohl aber in einer Reihe einzelner wichtiger Fälle geltend gemacht (i). Bald nach ihm aber hat Meyer dieſelbe auf einen abſtrac- (h) Gerade für ſolche Fälle haben die Preußiſchen Geſetze die Anwendbarkeit unſerer Regel aus- drücklich anerkannt (Note c). (i) Dieſe Fälle werden unten bei den einzelnen Anwendungen erwähnt werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/460
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/460>, abgerufen am 22.11.2024.