Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
dung seines Grundsatzes unvermerkt genöthigt wird, um der völligen Unausführbarkeit zu entgehen, ist schon oben bemerkt worden (g).
Bergmann legt eine allgemeinere Unterscheidung zum Grunde (h). Ein Anderes soll gelten nach der Natur der Sache, ein Anderes nach den ganz positiven Vorschriften des Römischen Rechts. -- Nach der Natur der Sache soll Das wahr seyn, welches Weber für den Inhalt des Rö- mischen Rechts ausgiebt. Das neue Gesetz soll nur nicht retrodatirt, das heißt, auf die in die Vergangenheit fallen- den Wirkungen bezogen werden; die Beziehung auf die künftigen Wirkungen älterer Rechtsgeschäfte soll gültig seyn. -- Die positive Vorschrift des Römischen Rechts soll da- von auf zweierlei Weise abweichen. Erstlich, indem es auch die künftigen Wirkungen älterer Rechtsgeschäfte in Schutz nehme; zweitens, indem es nicht blos die rechtlichen Wir- kungen (erworbene Rechte) schütze, sondern auch bloße Er- wartungen.
Bei diesem letzten Schriftsteller ist besonders zu tadeln, daß er den Inhalt des Römischen Rechts in einen grund- sätzlichen Gegensatz bringt mit dem aus der Natur der Sache hervorgehenden Recht, welches der Absicht der von Theodosius II. herrührenden, und von Justinian in seine Gesetzsammlung aufgenommenen Hauptstelle geradezu wider- spricht (§ 386. a), also nur vertheidigt werden kann durch
(g) S. o. § 385. k.
(h)Bergmann § 4 § 22 § 30.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
dung ſeines Grundſatzes unvermerkt genöthigt wird, um der völligen Unausführbarkeit zu entgehen, iſt ſchon oben bemerkt worden (g).
Bergmann legt eine allgemeinere Unterſcheidung zum Grunde (h). Ein Anderes ſoll gelten nach der Natur der Sache, ein Anderes nach den ganz poſitiven Vorſchriften des Römiſchen Rechts. — Nach der Natur der Sache ſoll Das wahr ſeyn, welches Weber für den Inhalt des Rö- miſchen Rechts ausgiebt. Das neue Geſetz ſoll nur nicht retrodatirt, das heißt, auf die in die Vergangenheit fallen- den Wirkungen bezogen werden; die Beziehung auf die künftigen Wirkungen älterer Rechtsgeſchäfte ſoll gültig ſeyn. — Die poſitive Vorſchrift des Römiſchen Rechts ſoll da- von auf zweierlei Weiſe abweichen. Erſtlich, indem es auch die künftigen Wirkungen älterer Rechtsgeſchäfte in Schutz nehme; zweitens, indem es nicht blos die rechtlichen Wir- kungen (erworbene Rechte) ſchütze, ſondern auch bloße Er- wartungen.
Bei dieſem letzten Schriftſteller iſt beſonders zu tadeln, daß er den Inhalt des Römiſchen Rechts in einen grund- ſätzlichen Gegenſatz bringt mit dem aus der Natur der Sache hervorgehenden Recht, welches der Abſicht der von Theodoſius II. herrührenden, und von Juſtinian in ſeine Geſetzſammlung aufgenommenen Hauptſtelle geradezu wider- ſpricht (§ 386. a), alſo nur vertheidigt werden kann durch
(g) S. o. § 385. k.
(h)Bergmann § 4 § 22 § 30.
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
dung ſeines Grundſatzes unvermerkt genöthigt wird, um
der völligen Unausführbarkeit zu entgehen, iſt ſchon oben
bemerkt worden (g).
Bergmann legt eine allgemeinere Unterſcheidung zum
Grunde (h). Ein Anderes ſoll gelten nach der Natur der
Sache, ein Anderes nach den ganz poſitiven Vorſchriften
des Römiſchen Rechts. — Nach der Natur der Sache ſoll
Das wahr ſeyn, welches Weber für den Inhalt des Rö-
miſchen Rechts ausgiebt. Das neue Geſetz ſoll nur nicht
retrodatirt, das heißt, auf die in die Vergangenheit fallen-
den Wirkungen bezogen werden; die Beziehung auf die
künftigen Wirkungen älterer Rechtsgeſchäfte ſoll gültig ſeyn.
— Die poſitive Vorſchrift des Römiſchen Rechts ſoll da-
von auf zweierlei Weiſe abweichen. Erſtlich, indem es auch
die künftigen Wirkungen älterer Rechtsgeſchäfte in Schutz
nehme; zweitens, indem es nicht blos die rechtlichen Wir-
kungen (erworbene Rechte) ſchütze, ſondern auch bloße Er-
wartungen.
Bei dieſem letzten Schriftſteller iſt beſonders zu tadeln,
daß er den Inhalt des Römiſchen Rechts in einen grund-
ſätzlichen Gegenſatz bringt mit dem aus der Natur der
Sache hervorgehenden Recht, welches der Abſicht der von
Theodoſius II. herrührenden, und von Juſtinian in ſeine
Geſetzſammlung aufgenommenen Hauptſtelle geradezu wider-
ſpricht (§ 386. a), alſo nur vertheidigt werden kann durch
(g) S. o. § 385. k.
(h) Bergmann § 4 § 22 § 30.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/426>, abgerufen am 22.11.2024.
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